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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman
Autoren: Kelley Armstrong
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konnte.
    Also ging ich an der Dachkante in die Hocke, überprüfte die Flugbahn und sprang vorsichtig hinunter. Ich landete auf den Füßen und machte mich an die Verfolgung. Ich hatte das tiefergelegene Dach kaum erreicht, als er bereits wieder von ihm herunter war. Dieses Mal waren es drei Stockwerke, und das war ein bisschen viel – selbst für einen zwanzigjährigen Werwolf. Das dumpfe Geräusch eines harten Aufpralls und ein schmerzliches Keuchen bestätigten es mir.
    Ich wurde schneller, in der Hoffnung, ihn unten am Boden kauern zu sehen, verletzt und außerstande, weiterzurennen. Doch der Gehweg war leer, ebenso wie der Parkplatz auf der anderen Seite. Ich fing eine kurze Bewegung in einer Türnische auf, wo er im Schatten versteckt kauerte und wohl darauf wartete, sich auf mich zu stürzen. Nur gut, dass ich nicht wirklich à la Clay vom Dach gesegelt und hinter ihm hergestürmt war.
    Ich eilte zur Dachkante an einer Seite des Gebäudes hinüber, ließ mich über den Rand gleiten und dann fallen. Der Aufprall auf dem Asphalt war schmerzhaft. Morgen früh würde ich für das Manöver bezahlen, aber bis auf weiteres konnte ich mir den Schmerz aus den Beinen reiben; dann schlich ich vor bis zur Gebäudeecke.
    Der Wind sprang um, und ich fing Reeses Witterung auf; der Geruch war geschwängert von Furcht. Ich war nicht diejenige, vor der er sich hätte fürchten sollen – es waren seine ehemaligen Reisekumpane.
    Liam und Ramon hatten in South Carolina drei Menschen umgebracht, und Reese war derjenige, auf den sie den Verdacht gelenkt hatten. Jetzt hofften sie, ihn zu finden und umzubringen, bevor ich seine Seite der Geschichte zu hören bekam.
    Wie ich mir all dessen so sicher sein konnte?
    Weil sie es nicht zum ersten Mal taten. Vor fünf Jahren hatten sie sich mit einem dreiundzwanzigjährigen, frisch eingewanderten Werwolf namens Yuli Etxeberria angefreundet. Als alle Details im Zusammenhang mit den ermordeten Menschen auf Etxeberria hindeuteten, hatte Clay ihn aufspüren und in Gewahrsam nehmen wollen. Ich hatte ihn zurückgehalten. Ich war misstrauisch gewesen, aber nicht misstrauisch genug. Liam hatte Etxeberria umgebracht und uns per Post seine Hand geschickt, als erwartete er eine Belobigung dafür, dass er sich den »Menschenfresser« vorgenommen hatte.
    Diesmal würde es nicht so weit kommen. Ich ging den Rasenstreifen zwischen dem Gebäude und dem Parkplatz entlang, als nähme ich den Parkplatz in Augenschein, und lieferte Reese damit die perfekte Gelegenheit für einen Satz aus dem Hinterhalt.
    Als ich die Türnische erreicht hatte, warf ich mich auf den Boden. Reeses Schatten glitt über mich hinweg, als er sich auf mich stürzen wollte und ins Leere griff. Ich sprang auf, packte ihn hinten an der Jacke und schleuderte ihn ins Gras.
    Er kam mit einem dumpfen Geräusch auf. Er versuchte, sich abzurollen und mit schlagbereiten Fäusten wieder hochzukommen, aber ein Zwanzigjähriger mit der Körperkraft und Gewandtheit eines Werwolfs ist wie ein Zwanzigjähriger hinter dem Lenkrad eines Lamborghini – die Kraft ist da, aber nicht die Erfahrung, die man braucht, um sie richtig einzusetzen –, und der Sprung auf die Füße misslang.
    Ich schleuderte ihn ein zweites Mal mit dem Gesicht voran ins Gras. Dieses Mal blieb er da liegen, wo er gelandet war.
    »Wo waren wir?«, fragte ich. »Ja, stimmt. Liam und Ramon und ihr Vorhaben, deine Existenz zu beenden.«
    »Mich umzubringen?« Er stand langsam auf. »Warum sollten sie …«
    Er stürzte vor in der Hoffnung, mich unvorbereitet zu erwischen. Ich trat einen Schritt zur Seite, und er rannte gegen die Mauer, fuhr herum und ging wieder auf mich los. Ich ging ihm auch diesmal aus dem Weg, aber zugleich packte ich ihn und schleuderte ihn von mir.
    Er stieß einen Schwall von Flüchen aus, als er wieder auf dem Boden landete.
    Ich schüttelte den Kopf. »Wenn ich dich verletzen wollte, würde ich dich schließlich nicht ins Gras schmeißen, oder?«
    »Klar, du bist hier, um mir zu helfen, nachdem dir irgendwer gesteckt hat, dass ich ein Menschenfresser bin. Erwartest du im Ernst, dass ich …«
    Er versuchte es wieder mit dem Mitten-im-Satz-Losstürm-Trick, diesmal in die Richtung des Durchgangs zwischen den Gebäuden. Ich stürzte hinterher. Als ich ihn am Rückenteil seiner Jacke packte, fuhr er herum und erwischte mich mit einem Haken, der mich von den Beinen riss.
    Ich ließ seine Jacke nicht los, und folglich stürzten wir beide. Ich versuchte,
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