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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman
Autoren: Kelley Armstrong
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glitzernde blaue Augen, und sein letzter Gedanke war: Das ist keiner von meinen Wölfen.

1 Botschaft
    M an kann jemandem, der sich nicht helfen lassen will, nicht helfen. Und man kann mit Sicherheit niemandem helfen, der wegrennt, sobald man bis auf Rufweite herangekommen ist – ohne Umwege zum nächsten Flugplatz, Zug- oder Busbahnhof, als Ziel jeden beliebigen Ort des Planeten, solange er Hunderte von Meilen von einem selbst entfernt ist.
    Als ich Reese Williams durch die Straßen von Pittsburgh verfolgte – die dritte Stadt innerhalb von zwei Tagen –, musste ich mir selbst eingestehen, dass ich die Zurückweisung allmählich persönlich zu nehmen begann. Solche Probleme habe ich normalerweise nicht mit den Typen. Ja, sicher, mit meinen 1,78 m bin ich etwas größer, als manche von ihnen es mögen. Mein Körperbau ist eine Spur athletischer, als viele von ihnen mögen. Ich gebe mir mit meinem Äußeren nicht immer so viel Mühe, wie ich vermutlich sollte, verzichte weitgehend auf Make-up, halte mein Haar mit einem Gummi zusammen und bevorzuge Jeans und T-Shirt. Trotzdem bin ich eine blauäugige Blondine, und folglich kommen die Männer meist zu dem Schluss, dass sie meine Schwachpunkte übersehen können und nicht schreiend in die entgegengesetzte Richtung zu rennen brauchen.
    Ich gebe zu, wenn sie wüssten, dass ich ein Werwolf bin, könnte ich ein gewisses Maß an Schreien und Wegrennen verstehen. Doch Reese hatte keine derartige Entschuldigung. Er war selbst ein Werwolf, und in Anbetracht der Tatsache, dass ich die einzige bekannte Frau unserer gesamten Spezies bin, sind es bei Begegnungen mit Typen wie ihm meist die Typen, die das Jagen erledigen. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem ihnen aufgeht, dass das keine gute Idee ist … wenn sie ihre Körperteile vollzählig und unversehrt behalten wollen.
    Ich hatte Reese aus den Augen verloren, als er sich durch eine Meute lärmender Penguins-Fans auf dem Weg zu einem Spiel gedrängt hatte. Ich wollte ihm erst durch den betrunkenen Haufen folgen, aber das Rudel missbilligt es, wenn ich Menschen dafür niederschlage, dass sie mir an den Hintern greifen, also hörte ich mir gezwungenermaßen ein paar einfallslose Vorschläge sexueller Natur an, trat dann den Rückzug an und wartete darauf, dass sie weitergingen.
    Danach war Reeses Fährte natürlich überdeckt, verwoben mit zwanzig oder mehr Menschenfährten. Dabei stank die Luft ohnehin schon unerträglich; im Stadtzentrum hatte die Bausaison begonnen, und der Geruch nach Maschinen und Diesel überlagerte sogar den Ohio, der eine halbe Meile entfernt dahinströmte. Es bestand keinerlei Aussicht darauf, dass ich Reeses Spur an dieser Straßenkreuzung wiederfinden würde. Nicht, ohne mich mitten in der Innenstadt von Pittsburgh in einen Wolf zu verwandeln … auch dies eins von den Dingen, die das Rudel missbilligt.
    Als ich ihn zwei Häuserblocks weiter wiedergefunden hatte, strebte Reese gerade auf die Lichtreklame einer Starbucks-Filiale zu; wahrscheinlich hoffte er auf einen Ort, wo er im Schutz einer Menschenmenge ausruhen konnte. Als er feststellte, dass drinnen alle Plätze frei waren, ging er stattdessen über die Straße.
    Reese betrat als Nächstes eine von diesen Büromenschenoasen, die es in allen großen Städten gibt – man räumt ein Grundstück von der Größe eines Ladengeschäfts frei, fügt im Fischgrätmuster verlegte Backsteine, Grünzeug und irgendein Stück Kunst hinzu und hofft, die Angestellten würden kommen und sich entspannen, die Aussicht genießen, der Symphonie der ringsum kreischenden Reifen und Hupen lauschen und eine Dosis Smog zu ihrem Cappuccino nehmen.
    Ein Dutzend lange Schritte, dann hatte Reese den winzigen Park hinter sich und wechselte wieder die Richtung, dieses Mal auf einen Gehweg unmittelbar daneben. Scheinwerfer näherten sich und blendeten mich, bevor sie abtauchten – eine Rampe zu einer Tiefgarage. Reese packte das Geländer, das ihn von der Einfahrt trennte, und flankte darüber. Ich rannte los und sah noch, wie sich unten die automatische Tür hinter einem Lieferwagen zu schließen begann … und Reese, der gebückt unmittelbar hinter dem Auto herlief.
    Ich versuchte es ebenfalls mit einer Flanke, rannte die Rampe hinunter, erreichte das Ende, ließ mich fallen und rollte unter dem sich schließenden Tor hindurch. Ich sprang wieder auf die Füße und schoss durch die trüb beleuchtete Garage, um mich hinter dem nächsten Pfeiler zu verstecken. Dann
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