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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02
Autoren: Karl Bleibtreu
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diesem jetzigen Morast für mich herausfische, ist bloß Tantalus- und Danaidenarbeit. Napoleon wird schon ungehalten. Der allerchristlichste König nannte den Cromwell Herr Bruder, denn kein Nichtdeutscher ist blöd genug, einem Doktrinenpopanz die Realität zu opfern. Unsere läppischen Konservativen möchten sich so zeitlebens vor Rußland auf die Knie werfen, und wird das nicht anders, so wird in ferner Zukunft noch schweres Unheil entstehen, daß man auf allgemeine dynastische Tendenzen der Zaren baut und nicht glaubt, sie trieben geradeso Nationalpolitik wie alle andern. Wer bürgt denn dafür, daß nicht einst in Rußland geradeso ein Deutschenhaß erwacht, wie bei uns in Preußen der Franzosenhaß in der älteren Generation wurzelt? Wird ein Zar sich dann besinnen, uns auf den Leib zu rücken, und müßte er dabei einen französischen Republikpräsidenten, wenn's so etwas mal wieder gibt, Herr Vetter nennen? Bah, diese kleinbürgerlichen Krähwinkler! Sie weigern dem Gefährlichsten den Schein der Höflichkeit und setzen einen Cäsar auf die Proskriptionsliste, obschon gerade er die Demagogie los sein will, aber England darf ungerügt sein Gewerbe treiben, überall Unfrieden mit Friedens- und Freiheitsphrasen zu stiften. Wer sagt denn, ob nicht England unser natürlicher Feind ist wie Österreich? Es ist jetzt schon neidisch auf unser bißchen Industrie und verpönt jede Möglichkeit unseres maritimen Aufschwungs, wenn wir ihn je bekommen. Wie diese »Bundesgenossen« auf dem Wiener Kongreß und beim zweiten Pariser Frieden uns übers Ohr hieben, schlimmer könnten es Frankreich und Rußland auch nicht treiben. Mit denen uns gut halten, ist unsere einzige Rückversicherung gegen Übervorteilung, läßt uns offene Türen. Österreich wird uns nie ein Äquivalent bieten, Frankreich wohl.«
    »Aber wird nicht Mißtrauen beim Deutschen Bund erregt?«
    »Der – Gott verzeih mir, ich wollte schon sagen: der Rheinbund – der mißtraut uns ohnehin, und ob unsere Vertrauensseligkeit alle Töpfe überfließen macht. Unsere bloße Existenz ist ihr Fluch. Sie müssen uns fürchten, das allein ist die richtige Bundesakte, die sie im Zaum hält. Der unglückliche Gerlach hält den Baseler Frieden mit der französischen Revolution für den Urgrund der Jenakatastrophe, weil wir Abfall von Gott und Pakt mit der Hölle trieben. Als ob die Kleinstaaten, die noch ganz anders baselten, nicht nachher ihr Schiffchen ins Trockene gebracht hätten, bloß weil sie bei den Großmächten lieb Kind waren gegen das gehaßte Preußen! Wahrhaftig, es muß in dieser instinktiven Furcht vor uns doch irgendwas Reales stecken, eine Ahnung, denn so wie wir jetzt sind, hat uns doch niemand zu fürchten.«
    Unsere Armee!« warf der junge Offizier halblaut hin.
    »Noch nicht.« Otto schüttelte langsam den Kopf. »Auf den Lorbeeren der Befreiungskriege sind wir nicht eingeschlafen, wie einst auf denen Friedrichs des Großen. Aber wir müssen noch mehr Frühaufstehen lernen, den anderen um einen ganzen Sprung und Arbeitstag vorankommen, unsere Überlegenheit heimlich noch fester schmieden. Die andern sind viel zu faul und oberflächlich dazu, ihnen werden die Augen für moderne Reformen in Heeressachen erst aufgehen, wenn's zu spät ist. Die allgemeine Wehrpflicht muß strenger konsolidiert werden, das soll das Werk des Prinzen von Preußen sein, so Gott will. Ja, dann –!« Sein Auge glänzte. Dann erlosch der Glanz, und er gähnte, die Zigarre hinlegend: »Ich muß Ihnen eine Depesche an den Augustenburger diktieren.«
    In Dänemark hatte eine stürmische Demokratie das Ruder an sich gerissen und betrieb mit dem ganzen Feuereifer politischer Unwissenheit eine nationale Danebrogpolitik, die zur Losreißung Schleswig-Holsteins vom Deutschen Bund drängte. Das paßte natürlich auch Österreich nicht, Graf Rechberg erhob gewichtigen Einspruch. Otto zitterte davor, daß diese Schwergeburt, wo wahrscheinlich ein Kaiserschnitt später nötig wurde, eine Frühgeburt werden könne. Er versicherte daher Napoleon bei damaligem Gespräch über die Frage: »Dänemarks Integrität ist vielleicht in Frankreichs Interesse, doch nicht mit dortigem Demokratenregime. Das ist unvereinbar mit Beibehaltung des heutigen wünschenswerten Zustands.«
    »Sie denken, das würde zur Auflösung des dänischen Staates führen? Mag sein. Von mir aus hat man keinen Einspruch zu befürchten, wenn man deutscherseits dort Ordnung schafft.«
    Tatsächlich hatte der Deutsche Bund
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