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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte
Autoren: Die Toten Hosen
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produzieren.
    Niemand hatte Probleme damit, bei den sechs Terminen der U2-Tour für eine halbe Stunde etwas Gescheites zu bieten; unser normales Pensum sah zwei Stunden Vollgas vor. Nur die Typen der amerikanischen Produktionsfirma beargwöhnten uns anfänglich. Da war dieser komische Sänger der Deutschen, der trotz aller Verbote den Laufsteg entlang kletterte. Und da war Andi, der gegen die Scheibe im Bühnenaufbau gekotzt hatte, hinter der immer wenigstens drei von ihnen standen, um das Geschehen da vorne im Auge zu behalten. Drei Kontrollgesichter, die sich um dieses kleine Fenster drängten und plötzlich in ein speiendes Gesicht in Großaufnahme glotzten, wie Delphinfans in einem Aqua-drome. Kind of stränge, diese Burschen.
    Später, als sie uns gehört und gesehen hatten, zollten sie uns aber einen gewissen Respekt für unsere Show, fragten nach CDs, T-Shirts und begannen sich zu interessieren. Genauso war es mit U2. Einmal miteinander in Kontakt gekommen bei diesem gemeinsamen Nachtmahl nach der Show in Stuttgart, hockten wir ein wenig zusammen und tauschten uns aus. Bono ließ sich von Campi seine Fragen zur aktuellen deutschen Politik beantworten, soweit das überhaupt noch ging - beide waren ziemlich dicht an dem Abend. Mit den anderen bei U2 konnte man sich sogar über die Platten von Stiff Little Fingers unterhalten. Es war ein angenehmes Miteinander. Die wirklich außergewöhnlichen Erlebnisse aber fanden bei den Konzerten der Größen »S« und »M« statt.
    Die Magical-Mystery-Gigs führten uns in die Borsig Villa in Berlin, dem zukünftigen Sitz des Bundeskanzleramts, in das Wohnzimmer eines Hosen-Fans aus Zürich, das durch das allgemeine Gestampfe etwa zehn Zentimeter tief in den Putz des Stockwerks darunter getrieben wurde, trotz der vorher angebrachten Stützbalken, und sie hätten uns beinahe in den Tresorraum einer Filiale der Sparkasse geführt - hätten sich aufgebrachte Großkunden nicht beim Hosen-begeisterten Filialleiter dagegen verwahrt. Sie führten uns auf die Feier von Manfred »Bühnen-Security« Meyers Motorrad-Club »Black Devils« und in eine spießige Hochzeits-Gesellschaft in Hannover, wo wir das ungeliebte Geschenk eines Fans und geladenen Gasts blieben. Wir schickten einen von uns los, um von einer Telefonzelle aus die Bullen wegen Lärmbelästigung anzurufen, damit wenigstens etwas passiert. Die Sheriffs kamen dann, brachten aber auch keinen Schwung in den Abend. Einen Tag später, bei den Alsterdorfer Anstalten in Hamburg, erwischten wir dagegen wieder einen Treffer.
    Wir hatten eine tolle, mit Selbstironie gespickte Postkarte erhalten, unterzeichnet von »Manie Mike« und »Schizo-Tor-sten«. Es war die Station der Depressiven und Suchtkranken und der verbundenen Handgelenke, aber als wir nach dem Gig noch zusammenhockten, kamen ein paar wirklich gute Gespräche zustande. Eine junge Frau von dieser Station bedankte sich bei uns mit der Bemerkung, unser Auftritt hier sei die erste Sache in ihrem Leben gewesen, die geklappt hätte. Mit Mike und Torsten war sie eine der Initiatoren der Veranstaltung gewesen. Solche Gesichter und ihre Geschichten vergißt du im Leben nicht.
    Es war mitten in dieser Zeit, daß unser neues Album die Charts hochkletterte. Eines Abends waren wir gerade auf einem Mystery-Gig in einer Parterre-Wohnung auf der Ober-bilker Allee, als uns ein Anruf aus dem Büro erreichte. Soeben war dort das Fax von Virgin angekommen mit der Meldung, daß wir zum zweiten Mal in unserer Geschichte die Spitze der LP-Charts genommen hatten. An diesem Abend drehten wir dermaßen auf, daß die Bullen uns zunächst den Strom abklemmten. Aus der Zimmerparty aber war wegen der geöffneten Fenster und der zum Haus strömenden Menschen längst ein kleines Straßenfest geworden. Es war ein wunderschöner, warmer Abend im Mai, alle wollten weitermachen, und am Ende lenkte auch die Polizei ein - sie sperrte die Straße für den Verkehr und gab den Saft für die Party wieder frei.
    Der heißeste Gig wurde für mich aber der Abend, als wir im Kölner »Luxor« einen unserer Club-Gigs spielten. Wie bei all diesen Gigs, waren wir als »Katastrophen-Kommando« angekündigt, aber so ziemlich jeder wußte, daß wir dahinter

    Oberbilker Allee. Parterre: Breiti und Andi (S)
    steckten - »Katastrophen-Kommando« hieß auch der letzte Titel auf der »Kauf mich!«. Ich hatte Muskelkater vom großartigen Mystery-Gig in der Hamburger Markthalle, einen Abend vorher, und knallte mir ein
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