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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Kunden rief Günther ihm immer wieder Sprüche zu, von denen »Kommst du eigentlich in allen Lebenslagen zu spät?« noch der harmloseste war.
    Erst kurz vor der Mittagspause bot sich Paul die Chance zur Rache. Seine Chefin stand in der Nähe – und er hatte einen Antragsteller vor sich, der mehr nach Ärger roch als Jürgen Drews nach billigem Parfüm.
    »Könntestdu vielleicht mal übernehmen?«, rief er Günther zu. »Hier geht es um ein Leasingfahrzeug. Damit kennst du dich doch sicher aus?«
    Obwohl Günther es hasste, Kunden zu übernehmen, konnte er nun nicht anders. »Leasingfahrzeuge? Selbstverständlich, das mache ich doch gern, Paul. Aber du solltest wirklich mehr Zeit in deine Weiterbildung investieren.« Günther zwinkerte der Chefin zu.
    Paul wusste, dass er nicht lange würde warten müssen.
    Dem Kunden war das hintere Kennzeichen gestohlen worden. Ohne Fahrzeugbrief gab es jedoch kein neues. Dieser lag allerdings beim Leasinggeber. Um das zu wissen, brauchte man keine Weiterbildung.
    Nach sechs Minuten und zwölf Sekunden – Paul hatte die Zeit gestoppt – sprang der Kunde auf, sein Kopf roter als der Hintern eines Mantelpavians.
    »Wo leben wir eigentlich, dass solche Arschlöcher wie Sie von meinen Steuergeldern bezahlt werden? So geht Deutschland endgültig zugrunde!«
    Die Chefin ließ gegenüber Günther ihr berüchtigtes »Tsstsstss« erklingen. Pauls Stimmung war deshalb bedeutend besser, als sie erschien. Und die Sonne aufging. SIE . In Großbuchstaben. Und unterstrichen.
    Zweimal war diese Antragstellerin schon bei ihm gewesen. Sie meldete immer Gebrauchte an, deren Papiere schwer nach Unfallwagen rochen. Doch dabei strahlte sie, als habe sie gerade einen  Porsche 911 im Tausch gegen einen alten Labello bekommen. Eigentlich war sie überhaupt nicht sein Typ – aber komischerweise beschleunigte sich Pauls Puls trotzdem enorm bei ihrem Anblick. Er konnte sich sogar noch an ihren Namen erinnern: Elisabeth Spatzner, genannt Eli.
    »Hallo, Frau Spatzner.« Es fühlte sich völlig falsch an, sie zu siezen,aber so war es Vorschrift. »Setzen Sie sich doch. Ich habe eine freudige Mitteilung für Sie!«
    »Bekomme ich ein Baby?«
    »Nein, Sie bekommen Mengenrabatt!«
    Eli lachte auf.
    »Sind Sie denn schwanger?«, fragte Paul und fixierte ihren Bauch.
    »Sehe ich etwa so dick aus?«
    Fettnäpfchen. Mitten rein. Mit Anlauf. Wann würde er endlich lernen, mit tollen Frauen ganz normal zu reden? Leider blockierte seine Schüchternheit immer die Blutzufuhr zum Hirn – und er hatte mit einem Schlag nur noch den IQ eines Teletubbies.
    »Nein, Sie haben eine ganz, ganz tolle Figur.«
    »Na, da bin ich aber beruhigt!«
    Eli reichte die Fahrzeugpapiere über den Tisch.
    »Und gut in Schuss?«, fragte Paul. Eli sah ihn fragend an. »Ich meine natürlich Ihren Wagen! – War das jetzt schon wieder ein Fettnäpfchen?«
    Sie winkte ab. »Keine Sorge, erst ab dreien müssen Sie mir einen ausgeben! Und was meinen Wagen angeht: Ich hatte schon den ersten Unfall.«
    »Oh, das tut mir aber leid.«
    »Ach was! Nur eine kleine Delle. Das ist ein gutes Omen. Sumpfi hat seinen Unfall jetzt weg – und das war nur ein ganz kleiner. Jetzt kann nichts mehr passieren! So muss man das sehen, oder?«
    »Gesunde Einstellung!« Paul lächelte und Eli lächelte zurück, wobei ein wunderschönes Funkeln in ihren Augen erschien. Die Papiere hätte er gleich fertig, doch er wollte noch länger mit ihr quatschen. Egal, worüber. Welche Themen hatte er für solch einen Fall vorbereitet? Ach ja, angesagte Urlaubsziele!
    »Wollen Sie mit dem neuen Wagen denn gleich in Urlaub fahren?Portugal soll momentan der Hit sein! Surfen und Yoga in Kombination.«
    »Wie? Gleichzeitig?« Sie lachte auf. »Sie sind wirklich der merkwürdigste Beamte, der mir je begegnet ist. Surfen und Yoga – sieht man Ihnen gar nicht an. Sie sehen eigentlich eher nach Völkerball aus.«
    Aua, das tat weh. Auf der Liste der uncoolsten Sportarten rangierte Völkerball ja wohl auf Platz zwei. Nur knapp geschlagen von Ertüchtigung auf der Bundeskegelbahn.
    Eli betrachtete ihn nochmals eingehend. »Oder nach Kegeln!«
    Danke, reicht.
    Neues Thema, neues Glück. Der Drucker spuckte schon die Papiere aus, und die Chefin hatte ihm bereits einen mahnenden Blick zugeworfen. Sie behielt immer im Auge, wie lange man mit der Kundschaft sprach. Und wenn es zu nett wurde, rief sie einen über das Telefon zur Räson.
    Doch Paul hatte noch eine Chance. Die
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