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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht
Autoren: Karl Heinz Brisch
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bereits im Bereich der Mentalisierungsbasierten Therapie (MBT; Allen & Fonagy 2009; Allen, Fonagy & Bateman 2011), der derzeit bekanntesten bindungsbasierten Form der Psychotherapie. Auch dieser Ansatz wird im Suchtbereich meines Wissens nach noch gar nicht genutzt. Ich halte ihn aber gerade hier für sehr vielversprechend. Substanzmissbrauch lässt sich plausibel als »Mentalisierungsbremse« beschreiben. Er dient nicht nur zur Vermeidung unangenehmer Affekte, sondern auch zur Abwehr negativer Kognitionen und Gedächtnisinhalte, z. B. traumatischer Art. Diese fluten bei Erreichen von Abstinenz wieder an, ohne dass Bewältigungsmöglichkeiten dafür zur Verfügung stünden. Die Fähigkeit zur Mentalisierung setzt dabei nicht nur Abstinenz voraus, sondern auch subjektive Sicherheit. MBT im Suchtbereich würde sich also immer entlang der Frage bewegen, wie sich genügend Sicherheit herstellen lässt, um abgewehrte Gedächtnisinhalte wieder wahrnehmbar, mentalisierbar und bewältigungsfähig werden zu lassen. Es ist eine vielversprechende Zukunftsaufgabe, diese therapeutischen Ansätze für den Suchtbereich auszuformulieren und nutzbar zu machen.
Fazit
    Ich möchte nun zu der Frage zurückkommen, ob sich Sucht als Bindungsstörung verstehen lässt. Diese lässt sich mit »Ja« beantworten: Substanzmissbrauch kann (auch) ein Bewältigungsversuch von Bindungsunsicherheit sein. Nach bisherigem, lückenhaftem Wissensstand ist die bindungstheoretische Perspektive vor allem bei Opiatabhängigen und bei Adoleszenten von besonderer Bedeutung.
    Auch die Frage, ob Bindung eine Suchtstörung ist, muss für eine Vielzahl von Spezies mit »Ja« beantwortet werden. Bindung scheint eine Sucht zu sein, von der nur Suppenschildkröten frei sind. Bei allen anderen kann das Bindungsbedürfnis von Suchtmitteln in Geiselhaft genommen werden.
Literatur
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