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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht
Autoren: Karl Heinz Brisch
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in SAFE ® -Gruppen so weit zu stabilisieren und ihnen durch zusätzliche ambulante Therapien Hilfen zu geben, dass sie mit ihren eigenen Babys eine sichere Bindung entwickeln konnten. Wir haben jetzt eine SAFE ® -Spezialgruppe für drogenabhängige, substituierte junge Schwangere und ihre Partner gegründet. Eine entsprechende Pilotstudie zu einem Projekt »SAFE ® -Spezial ›Sucht‹« für diese besondere Risikogruppe wurde von uns in München begonnen.
    Bereits jetzt zeigt es sich, dass die beteiligten von Suchtmitteln abhängigen Eltern große Angst haben, sich in einer Gruppe zu treffen, weil dies bereits so viel Stress auslöst, dass sie höchste Mühe haben, ihre Gefühle und Affekte zu steuern. Dagegen ist der Einzelkontakt viel stabiler und die Schwangeren und ihre Partner können sich gegenüber den SAFE ® -Mentorinnen und -Mentoren,die das Projekt leiten, besser öffnen. Wenn es gelingt, mit den süchtigen Müttern und ihren Partnern eine bindungstherapeutische Erfahrung in einem intensiven Einzelkontakt aufzubauen, können sie sich anschließend auch eher mit ihren jeweiligen SAFE ® -Mentorinnen und -Mentoren in einer Gruppensituation mit anderen abhängigen substituierten Müttern und Väter treffen. An diese Besonderheiten im Kontakt mit Suchtkranken angepasst, ist eine modifizierte Form des SAFE ® -Kurses auf den Weg gekommen.
    Wir erhoffen uns von diesem Präventionskurs für drogenabhängige substituierte junge Schwangere und ihre Partner, dass die Eltern auf lange Sicht lernen, feinfühliger mit ihren Babys und Kleinkindern umzugehen, und hierdurch auch eine Intensität und Stabilität entsteht, die es ermöglicht, sich mit der eigenen Suchtgeschichte erfolgreicher auseinanderzusetzen und auch eine eigene Psychotherapie ernsthaft in Erwägung zu ziehen. So könnten sie auf lange Sicht, jetzt »clean«, neue elterliche Fähigkeiten entwickeln und dem eigenen Kind gegenüber mehr Präsenz und emotionale Verfügbarkeit zeigen, als sie selbst bei ihren eigenen leiblichen Eltern erlebt haben. Denn oft sind die Biografien dieser Eltern von Gewalt und anderen traumatischen Erfahrungen geprägt, und viele von ihnen wurden als Kleinkinder in Bereitschaftspflege gegeben bzw. sind im Kinderheim aufgewachsen; entsprechend stehen sie vor der großen Herausforderung, ihren eigenen Kindern etwas zukommen zu lassen, was sie so selbst nie erfahren haben.
    Das SAFE ® -Programm ist ein erster Ansatz, um dieser Hochrisiko- und schwer zu erreichenden Gruppe eine emotionale Lebenserfahrung zu vermitteln, mit der sie bessere, vor allem »sicherere« Eltern werden können, als ihre Eltern das für sie waren (Brisch 2011b; vgl. auch www.safe-programm.de ).
Anmerkung
    1  Alle Namen sind frei erfunden, die folgenden Fallschilderungen geben das in Therapien Erfahrene nicht eins zu eins wieder, sondern fassen klinischen Erfahrungen aus Behandlungen jeweils in einer Geschichte zusammen und geben so die Problematik paradigmatisch wieder.
Literatur
    Besser, L. L. (2006): Psychotraumata, Gehirn und Suchtentwicklung. In: C. Möller (Hrsg.), Drogenmissbrauch im Jugendalter. Ursachen und Auswirkungen. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht), S. 122 – 165.
    Bowlby, J. (2008): Bindung als sichere Basis: Grundlagen und Anwendungen der Bindungstheorie. München u. a. (Reinhardt).
    Brisch, K. K. (2011 a): Bindungsstörungen. Von der Bindungstheorie zur Therapie. 11. Aufl. Stuttgart (Klett-Cotta).
    Brisch, K. K. (2011b): SAFE – Sichere Ausbildung für Eltern . 3. Aufl. Stuttgart (Klett-Cotta).
    Ensink, K. & Mayes, L. L. (2010): The development of mentalisation in children from a theory of mind perspective. Psychoanalytic Inquiry , 30, S. 301 – 337.
    Grossmann, K. & Grossmann, K. K. (2012): Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit. 5. Aufl. Stuttgart (Klett-Cotta).
    Junker, S. (2007): Trauma und Sucht . Saarbrücken (VDM Verlag Dr. Müller).
    Kunzke, D. (2008): Sucht und Trauma: Grundlagen und Ansätze einer psychodynamisch-integrativen Behandlung . Gießen (Psychosozial-Verlag).
    Lüdecke, C., Sachsse, U. & Faure, H. (2010): Sucht - Bindung – Trauma. Psychotherapie von Sucht und Traumafolgen im neurobiologischen Kontext. Stuttgart (Schattauer).
    Meins, E., Fernyhough, C., Wainwright, R., Das Gupta, M., Fradley, E. & Tuckey, M. (2002): Maternal mind-mindedness and attachment security as predictors of theory of mind understanding. Child Development , 73 (6), S. 1715 – 1726.

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