Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Cliffhanger
Vom Netzwerk:
Audrey starrte
mich an.
    »Ist alles in Ordnung, Al?«
    »Nein, eigentlich nicht. Es tut mir leid, Audrey.«
    »Was tut dir leid?«
    »Dass ich bin, wie ich bin.«
    Draußen im Garten machte Alice Blackstock sich an ihrem
kleinen Schrein zu schaffen.
    »Al«, sagte sie und winkte mich herüber. »Sie kommen wie
gerufen.« Sie wartete, bis ich am Zaun war. Sie hatte den Hut mit dem Schleier
auf, den Audrey gekauft hatte.
    »Wir vergessen die Sache von gestern Abend.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen, Mrs Blackstock.«
    »Sehen Sie den? Audrey hat ihn mir geborgt. Ich hab mal
gekuckt, was ich so an Holz dahabe.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Ich hab etwas Sandelholz und etwas süß duftendes
Rosenholz gefunden. Ich dachte, es wäre ganz schön, wenn wir eine kleine
Trauerfeier für Torvill und Dean abhalten. Sie könnten ein paar Worte sagen,
ich könnte was singen. Ich könnte sie sogar hier drauflegen, wenn Sie wollen.«
    »Was, sie verbrennen?«
    »Oder auch nicht. So machen es eben die Asiaten. Ein Gedenkgottesdienst
tut's auch. Wir könnten auch Ravels Bolero spielen,
uns vorstellen, wie sie im Jenseits herumschwimmen.«
    »Gibt's denn im Jenseits Fische, Mrs Blackstock?«
    »Ich glaube, Gutes und Schönes überlebt im Kern überall,
meinen Sie nicht auch, Al? Duncan, Leonard Cohen, Torvill und Dean, sie alle
sind jetzt zusammen, irgendwo, auf der Treppe zum Himmel.«
    »Leonard ist noch nicht tot«, rief ich ihr in Erinnerung.
    »Nein, aber er wird es sein.«
    Ich ließ sie weitermachen, nahm mir zwei Benzinkanister
und das Stemmeisen, das der Major zurückgelassen hatte, und stieg ins Auto.
Sobald ich mir Ian vorgeknöpft hatte, würde ich mich aus dem Staub machen.
Besser, als wieder allen gegenüberzutreten, wenn sie wussten, was ich getan
hatte. Ich hatte jede Menge Möglichkeiten. Nach London, an ein paar Türen
klopfen. Kims Boot ausleihen oder mit einer Fähre über den Ärmelkanal, auf
halber Strecke über Bord gehen, einfach Schluss machen, meine Entscheidung.
Vielleicht würde ich mich auch nach Tanger absetzen, ganz von vorn anfangen,
versuchen, diesmal ein besserer Al zu werden. Aber vorher musste ich Vergeltung
üben, für Torvill, für Dean.
    In der Einfahrt standen keine Autos. Immer unterwegs, der
Preis des Erfolges. Ich trat die Hintertür ein. Ihre neuen Uniformen hingen an
der Rückseite, wie Audrey gesagt hatte. Ich nahm sie und trug sie nach draußen
auf den Rasen hinterm Haus, wo ich sie mit Benzin überschüttete und dann
genüsslich zusah, wie sie in Flammen aufgingen, wie sich die Umrisse ins Gras
einbrannten, als wären sie bereits tot. Es war nicht genug, aber es war ein
Anfang. Ich ging durchs Haus, verteilte das Benzin, auf die Teppiche, das Sofa.
Die Dämpfe brannten mir in den Augen.
    Das Handy klingelte.
    »Guten Tag, Mr Greenwood. Hier ist Ihr freundlicher Erpresser.
Es geht um mein Geld, haben Sie meine Warnung erhalten?«
    Ich hätte fast das Telefon fallen lassen.
    »Bist du das, Ian?«
    »Ian? Sie können mich nennen, wie Sie wollen, Mr Greenwood,
solange Sie das Geld rüberwachsen lassen.« Er hielt inne. »Sie haben doch meine
Warnung bekommen, hoffe ich? Ich meine es ernst, Mr Greenwood. Ich hoffe, das
ist Ihnen jetzt klar.«
    Ich presste mir die Hand auf die Stirn, überlegte, was ich
machen sollte. Es war nicht Ian. Selbst mit verstellter Stimme war das nicht
Ian. Er hatte meine Fische nicht umgebracht. Und ich war drauf und dran, sein
Haus abzufackeln.
    »Ja, ich habe Ihre Warnung erhalten. Sie krankes Schwein.«
    »Die Dinge, die man liebt, Mr Greenwood. Die können einem
Mann richtig an die Nieren gehen. Ich werde den Druck erhöhen, wenn Sie nicht
zahlen.«
    Den Druck erhöhen? Jetzt bedrohte er Audrey.
    »Sie meinen Audrey?«
    »Ihre Frau?« Er klang überrascht. »Ja, keine schlechte
Idee. Ihr Gesicht würde bestimmt nicht sonderlich gut aussehen, nach dem ein
oder anderen Besuch von mir. Sie könnte anfangen, unangenehme Fragen zu
stellen, nach dem Warum und Weshalb. Das will ich gar nicht, Mr Greenwood. Ich
will weder Ihrer Frau was tun noch zur Polizei gehen. Ich will bloß, dass Sie
bezahlen.«
    Ich dachte fieberhaft nach. Nicht ich würde bezahlen,
sondern er, und zwar teuer.
    »Wie viel?«
    »Das klingt doch schon besser. Zehntausend erscheinen mir
angemessen für das, was ich gesehen habe.«
    »Zehntausend! Ich habe keine zehntausend.«
    »Ich bin sicher, wenn Sie in Ruhe nachdenken, fällt Ihnen
eine Lösung ein. Ihr Superschlitten zum Beispiel würde schon einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher