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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Cliffhanger
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dachte. Obwohl ich
wusste, was ich getan hatte, konnte ich sie das nicht denken lassen.
    »Sag, dass ich mich irre, Al. Nicht Miranda. Nicht deine
eigene Tochter.«
    »Nein, Iss. Ich schwöre es.«
    »Aber sie war hier. Ich hab recht, oder? Oder?«
    »Sie ist öfter hier gewesen, ja.«
    »Öfter!« Sie fing an zu schreien, die Augen quollen ihr
aus dem Kopf, ihr Hals knotig und verdreht wie ein Seil, als würde sie jemand
würgen. Sie schlug nach mir. Ich packte ihre Handgelenke, hielt sie fest.
    »Hör mir zu, Iss. Hör zu.«
    Ich ließ sie los. Sie traf mich mitten ins Gesicht. Fest.
Ich war froh darüber.
    »Hör zu, Iss. Sie ist hierhergekommen, genau wie ich, um
mal weg von allem zu sein. Wir haben uns hier getroffen, um zu quatschen. Sie
war gern mit mir zusammen.«
    »Scheißkerl.« Sie schlug mich erneut.
    »Das ist alles, Iss. Ich schwöre. Wir haben uns getroffen,
um uns kennenzulernen. Das haben wir beide gewollt, beide gebraucht. Wir hatten
einen guten Draht zueinander, Iss. Das weißt du. Schon seit sie ganz klein war.
Ich und das Äffchen. Das hast du immer gewusst.«
    »Warum hast du es mir dann nie erzählt?«
    »Es war was Privates. Wenn ich es dir erzählt hätte, wäre
es so gewesen, als hätte ich dich um Erlaubnis gefragt, Türen zu Zimmern
geöffnet, in die wir nicht gehen wollten.«
    »Wie lange? Wie lange habt ihr euch hier getroffen?«
    »Ein paar Jahre. Sieh mich nicht so an, Iss, es war ja
nicht jede Woche. Ich hab ihr einen Schlüssel gegeben für den Fall, dass sie
früher da war als ich. Sie sollte nicht draußen warten müssen, schon gar nicht,
wenn das Wetter...«
    »Wie am Sonntag.«
    Dazu sagte ich nichts. Das mit Sonntag konnte ich nicht
gestehen. Nicht Iss. Nicht ihrer Mutter. Ich spürte, wie sich eine Art Panzer
um mich schloss. Es war ja keine Absicht gewesen, oder? Ich musste ihr
begreiflich machen, dass ich immer nur Mirandas Wohl im Sinn hatte. Immer. Ich
hatte ihr nie schaden wollen. Niemals.
    »Zwischen uns war was Besonderes, Iss. Sie hat das gefühlt,
genau wie ich. Der einzige Unterschied war, dass sie nicht wusste, warum.«
    »Du hast es ihr nie erzählt...«
    »Natürlich nicht. Nicht mal Andeutungen gemacht. Aber wir
waren uns nahe, das ist unbestreitbar.«
    »Könnte sie letzten Sonntag hier gewesen sein? Hast du das
überprüft?«
    »Natürlich. Es deutete nichts daraufhin.« Ich zögerte. Ich
wagte mich in heikles Fahrwasser. »Ihr Parfüm. Es hing noch in der Luft,
nachdem sie weg war.«
    »Hast du direkt nachgesehen?«
    »Nicht direkt. Ich hab nicht dran gedacht...«
    »Du hast nicht dran gedacht! Sie kommt regelmäßig hierher,
es ist ihr Refugium, und du hast nicht dran gedacht.«
    Was sollte ich sagen? Mir fiel nichts mehr ein.
    »Gott, Al. Ich weiß nicht. Ich finde das alles... Du und
sie, hier ganz allein. Es kommt mir irgendwie nicht richtig vor.«
    Sie riss sich zusammen. »Du musst das der Polizei erzählen.
Dass sie immer herkommt.«
    Wirklich? Der Selbsterhaltungstrieb setzte ein. Schließlich
hatte ich sie nicht töten wollen, oder? Es bestand noch eine Chance, nur eine
Chance, wenn sie den Mund hielt, wenn ich mit dem Witzbold am Telefon fertig wurde...
    »Meinst du wirklich, Iss? Überleg doch mal. Die werden
hier alles auf den Kopf stellen, den Bungalow durchsuchen. Wenn Miranda und ich
enger miteinander in Verbindung gebracht werden, wer weiß, was dann noch alles
rauskommt, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Du meinst Ted?«
    »Er hat das nicht verdient. Iss. Nicht jetzt.«
    Sie starrte nach draußen, rang mit der Vergangenheit und
der Gegenwart.
    »Dafür ist es zu spät, Al. Die Polizei muss es erfahren.
Ich sag es ihnen, wenn du's nicht tust. Erzähl ihnen alles.«
    Ich sah ihr nach, als sie wegfuhr. Mir blieb nicht viel
Zeit.
     
    Audrey war wieder zu Hause, ruhig, als schwebte sie in Öl,
und auch ordentlich gekleidet. Ich kam mir schmutzig vor, fehl am Platz. Die
Küche roch nach Desinfektionsmittel.
    »Alles klar?«, fragte ich. »Du hast im Bindon übernachtet?«
    »Ja. Sie waren sehr verständnisvoll. Du?«
    »Im Wohnwagen.«
    »Hab ich mir schon gedacht. Hat Iris dich gefunden?«
    »Ja. Sag mal, hast du Ian in letzter Zeit gesehen?«
    »Ian? Nein. Warum?«
    »Nur so. Hör mal, ich habe eine Tour, könnte sein, dass
ich eine Weile weg bin.«
    »Was heißt eine Weile?«
    »Bis zum späten Abend. Kurierfahrt für die Army, vielleicht
bis Wiltshire. Du musst meinetwegen nicht aufbleiben.«
    Sehen Sie, es fällt mir leicht, das Lügen.
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