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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp
Autoren: Martin Wehrle
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Arbeitsmengen hat er zuletzt bewältigt? Konnte er seine Pausen und seinen Urlaub nehmen? War sein Privatleben frei von der Arbeit? Und wie verantwortlich hat sein direkter Vorgesetzter gehandelt?
    Auch verdächtige Selbstmorde, die bislang als »Privatsache« gelten, müssen offiziell erfasst und akribisch aufgeklärt werden: Hat der Suizid mit der Arbeit zu tun? Geht er zurück auf ein Mobbing, eine Überforderung oder einen durch die Arbeit verursachten Burn-out? Wer trägt dafür die Verantwortung?
    Wenn die Ergebnisse solcher Untersuchungen veröffentlicht, die Firmen diskreditiert und mit empfindlichen Geldstrafen belegt werden, schiebt das Veränderungen an. Keine Firma möchte öffentlich als Krankmacher oder Selbstmord-Beschleuniger gelten!
    5. Führerschein für Führungskräfte
    Wie menschlich oder unmenschlich, wie zweckmäßig oder zwanghaft es in einer Firma zugeht, hängt von den Führungskräften ab – ob die Beschäftigten mit ihnen arbeiten oder nur »unter ihnen«. Gute Führung setzt gute Ausbildung voraus. Doch die einzige Qualifikation, die ein Vorgesetzter in Deutschland braucht, ist seine Beförderung.
    Das muss sich ändern! Wer ein Auto führen will, braucht eine fundierte Qualifikation in Theorie und Praxis. Wer Menschen führen will, erst recht! Es darf nicht sein, dass unqualifizierte Vorgesetzte die Gesundheit ihrer Mitarbeiter an die Wand fahren. Ich fordere einen Führerschein für Führungskräfte.
    Führung ist eine Humanwissenschaft. Ein kompetenter Chef unterstützt Mitarbeiter dabei, ihre Möglichkeiten zu entfalten, ihre Ziele zu erreichen und ebenso, die Grenzen ihrer Kraft zu erkennen. Wir müssen eine Führungskultur entwickeln, die nicht manipuliert und ausquetscht, sondern das Fordern mit der Fürsorge verbindet.
    Ein Vorgesetzter muss lernen, wie Stress bei Mitarbeitern entsteht und wie er ihn vermeidet, etwa durch sein gutes Vorbild, durch machbare Terminvorgaben und durch klare Regelungen, wann Mails abgerufen werden (am besten nur ein- oder zweimal am Tag), wann der Dienst endet und zu welchen Zeiten ein Mitarbeiter nicht erreichbar sein darf.
    Er muss lernen, wie der menschliche Biorhythmus funktioniert, und dass Erholungsphasen die Voraussetzung sind für Höchstleistungen (weil der Akku dazu voll sein muss und sich nur durch Entspannung lädt) und für kreativ-ganzheitliches Denken (weil es dem Gehirn vor allem im entspannten Alphazustand gelingt). [149] Menschen sind keine Maschinen, die bei doppelter Arbeitszeit doppelte Leistung bringen. Überstunden beschwören Fehler herauf und mindern die Qualität der Arbeit. Wer nach acht Stunden geht, statt der Firma in der zehnten Stunde einen schweren Fehler einzubrocken, hat mehr geleistet!
    Ein kompetenter Vorgesetzter muss wissen, welches die frühsten Symptome einer Überforderung sind – oft übermäßiger Einsatz! – und was in diesem Fall zu tun ist; ein Praktikum in einer Burn-out-Klinik sollte zur Führungskräfte-Ausbildung gehören. Chefs müssen lernen, die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter nicht nur zu nutzen oder gar auszunutzen, sondern sie zu erhalten und zu fördern.
    Der Führerschein beinhaltet eine Kontrollinstanz: ein Flensburg für Führungskräfte, wo Vorgesetzte angezählt werden, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, Burn-outs verursachen, Mobbings dulden und Menschen ruinieren.
    Wer beim Führen über rote Ampeln fährt, muss seinen Führerschein verlieren – zum Schutz der Allgemeinheit!
    6. Kopernikanische Wende: Ressource ist Rendite
    Jede Maschine wird in Deutschland besser gepflegt als die Mitarbeiter. Die Firmen brauchen eine neue Abteilung: das Gesundheits-Management. Diese Einheit hätte das ganze Unternehmen im Blick, wäre Anlaufstelle für anonyme Beschwerden und könnte schnell erkennen, in welchen Abteilungen hoher Druck und inkompetente Chefs herrschen. Die richtige Stelle, um den Hebel anzusetzen, sind die Vorgesetzten. Sie müssen in emotionaler Intelligenz geschult werden, sich von Fach- zu Führungsexperten, von Rastlosen zu Ruhepolen entwickeln (darum der Führerschein für Führungskräfte).
    Der Schnelligkeitswahn macht Mitarbeiter krank und Firmen arm: Verfehlte Termine beschwören Regressforderungen herauf. Schlampige Planung verursacht Produktionsausfälle. Und überstürzte Entscheidungen ziehen teure Stürze nach sich, so durch misslungene Produktentwicklungen oder gescheiterte Fusionen.
    Wenn die Firmen ihr Tempo drosseln und ihre Arbeit an den Menschen
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