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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp
Autoren: Martin Wehrle
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lautstark gegen Überforderung wehren.
    Wer seine Stimme für die Überforderten nicht erhebt, weil er die Überforderung noch aushält, wird niemanden finden, der nach seinem Zusammenbruch für ihn spricht. Aber wer sich stark für andere macht, solange er kann, wird von diesen gestärkt werden, sobald er nicht mehr kann.
    Ich möchte Sie anregen, mit Ihren Kollegen zu sprechen, wie sich Ihre Firma vom Hamsterrad zum menschenfreundlichen Unternehmen entwickeln kann. Ich möchte Sie anregen, Betriebsräte zu gründen, wo es noch keine gibt (in jedem Betrieb ab fünf wahlberechtigten Mitarbeitern haben Sie ein Recht darauf!).
    Machen Sie Vorschläge, entwickeln Sie Ideen! Rufen Sie Versammlungen ein, schreiben Sie Petitionen, protestieren Sie, demonstrieren Sie, suchen Sie das Gespräch mit gehobenen Vorgesetzten. Nur wenn Sie und Ihre Kollegen sagen, was anders laufen muss, kann die Überforderung ein Ende haben.
    Einzelne Mitarbeiter sind für eine Firma verzichtbar. Doch die Belegschaft insgesamt macht die Firma aus; ohne sie gäbe es kein Geschäft, keinen Gewinn, keine Unternehmen. Wenn Mitarbeiter es schaffen, mit einer Stimme zu sprechen, werden die Firmen auf diese Stimme hören, auch im eigenen Interesse. Motivation hängt davon ab, wie viel Respekt und Würde Mitarbeiter entgegengebracht bekommen.
    Wunderbar bringt das Stephen R. Covey in seinem Klassiker »Die 7 Wege zur Effektivität« auf den Punkt: [147] »Man kann die Hand eines Menschen kaufen, aber nicht sein Herz. In seinem Herzen aber sitzen sein Enthusiasmus und seine Loyalität. Man kann seinen Rücken kaufen, aber nicht sein Gehirn. Dort sitzen seine Kreativität, sein Einfallsreichtum und seine geistige Beweglichkeit.«
    Es gibt viele Wege, die Begeisterung und Kreativität der Mitarbeiter zu gewinnen. Und es gibt einen Weg, beides zu vernichten: zu hohen Arbeitsdruck. Sorgen Sie dafür, dass dieser Druck auf ein vernünftiges Maß reduziert wird. Damit tun Sie nicht nur sich einen Gefallen – sondern auch Ihrer Firma!
    Sechs Richtige – was können Gesellschaft, Politik und Firmen tun?
    Wenn die Überforderung kein individuelles Problem ist, dann muss die Lösung auch aus mehreren Richtungen kommen, nicht nur von den Mitarbeitern. Was können Gesellschaft, Politik und Firmen tun? Sechs Vorschläge zum Abschluss dieses Buches:
    1. Kritische Gesellschaft: Boykott als Waffe
    Noch ist Unmenschlichkeit ein Wettbewerbsvorteil. Die Börse belohnt Massenentlassungen durch Kurssprünge. Die Politik liest die Qualität der heimischen Wirtschaft am Bruttosozialprodukt ab. Und der Endverbraucher kauft Billigprodukte, ohne nach den Arbeitsumständen zu fragen, die diesen Preis ermöglichen.
    Die »unsichtbare Hand des Marktes«, die angeblich alles ordnet, jene Legende des nationalökonomischen Urvaters Adam Smith [148] , wird immer brutaler: Sie ohrfeigt Mitarbeiter! Wir müssen diese Hand zügeln. Und wir können es. Eine Firma ohne Kunden ist nichts. Wir sind die Kunden! Eine Aktiengesellschaft ohne Aktionäre ist nichts. Wir sind die Aktionäre! Ein Unternehmen ohne gesellschaftliches Ansehen geht unter. Wir sind die Gesellschaft!
    Wenn Millionen Menschen einen Konzern boykottieren, weil er seine Mitarbeiter ausbeutet, dann behandelt der Konzern seine Mitarbeiter sofort besser. Wenn Tausende von Aktionären ihre Anteile an einer Firma verkaufen, sobald sie Massenentlassungen für mehr Profit ankündigt, dann fallen die Entlassungen flach. Wenn Millionen von Wählern ihre Abgeordneten auffordern, für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten, dann werden die Politiker sich erinnern, dass sie nicht Fankurve der Wirtschaft, sondern bezahlte Volksvertreter sind.
    Als Gesellschaft müssen wir den Firmen zeigen, dass die Rendite kein Trumpf mehr ist, der alle Fragen nach Moral und Menschlichkeit aussticht. Firmen ohne Moral müssen zu Firmen ohne Kunden und ohne Mitarbeiter werden!
    2. Leben im ersten Gang: Mach mal langsam!
    Unsere Gesellschaft huldigt der Hochgeschwindigkeit. Den Abiturienten streichen wir ein Schuljahr, als bestünde Reife nur aus einem Abschlusszeugnis. Die Studenten scheuchen wir durch regulierte Studiengänge, als wäre Leben abseits der Hörsäle verschwendet. Und so mancher private Terminkalender gleicht einem Kanonenrohr, das uns von einer Verabredung zur nächsten schießt.
    Ich wünsche mir eine Kultur der Langsamkeit. Wenn ich einen Freund per Mail um Rat bitte, erwarte ich keine Antwort nach zwei Minuten, sondern sehe es als
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