Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Billy Elliot - I will dance

Billy Elliot - I will dance

Titel: Billy Elliot - I will dance
Autoren: Melvin Burgess
Vom Netzwerk:
Was wahrscheinlich ganz gut ist. Es ist für dich schon so lange her. Und ich habe nicht erleben dürfen, wie du erwachsen geworden bist, wie du geweint und gelacht und gebrüllt hast und wie ich dich ausgeschimpft habe. Aber du sollst wissen, dass ich immer bei dir war, bei allem, was du getan hast. Und das werde ich auch immer sein. Und ich bin stolz darauf, dich gekannt zu haben. Und ich bin stolz, dass du mein warst. Sei immer du selbst. Ich liebe dich für immer.«
     
     
    Das ist meine Mam. Für immer, sagt sie. Bloß es gibt gar kein »für immer«, oder? Jedenfalls nicht für sie. Ich sollte den Brief erst lesen, wenn ich achtzehn bin, aber ich habe ihn trotzdem aufgemacht. Ich bewahre ihn in einer Schachtel unter meinem Bett auf, wo ich ihn manchmal rausnehme und lese – nicht allzu oft, denn das Papier wird sich irgendwann mal abgenutzt haben. Das wäre dann so, als wäre Mam selber weg. Ich habe eine Kopie gemacht, damit ich immer genau weiß, was sie geschrieben hat, für den Fall, dass das Papier zerfällt. Ich lese den Brief nur, wenn ich alleine bin. Einmal las ich ihn, als Tony im Zimmer war. Wir schlafen im selben Zimmer. Ich nahm den Brief heraus, während er da war, weil ich wollte, dass er sich mit mir an Mam erinnerte, er und ich zusammen. Aber er wollte nicht.
    »Du hättest den Brief für später aufheben sollen, wie sie es gewollt hat. Außerdem, du weißt ja, was drinsteht, was soll das also?«, fragte er. »Vermisst du sie nicht?«, fragte ich ihn. »Ach, leck mich«, sagte er, drehte sich um und schlief ein.
    Bitte, ich hab’s doch gesagt. Idiot.
    Egal. Jedenfalls klimperte ich die Melodie von »Cosmic Boogie« auf dem Klavier und stellte mir dabei vor, wie Mams Finger über die Tasten fuhren und die Musik herauslockten. Mam hat immer für uns gespielt. Dann ist Nan durchs Zimmer getanzt, als wäre sie eine Ballerina. Ich kann nicht spielen, ich würde gerne Klavierstunden nehmen, aber ich frag gar nicht erst, denn weißt du, was mein Dad sagen würde?
    »Billy, wir können uns nicht mal genug zu essen leisten, und erst recht nicht, dich auf dem Klavier klimpern zu lassen, mein Sohn.«
    So ist mein Dad. Er und Tony, die sind beide gleich. Es geht immer um dasselbe: Man muss sich wehren, man muss was einstecken können und man muss zusammenhalten. Da bleibt keine Zeit, sich an andere zu erinnern, jedenfalls nicht für die beiden. Sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu wehren. Im Kampf als Streikposten, da habe ich sie brüllen hören: »Streikbrecher! Streikbrecher! Streikbrecher!« Im Kampf unten im Schacht. Ich kann mir richtig vorstellen, wie sie da unten im Stollen kämpfen, wie zwei gottverdammte Maschinen, die Kohlebrocken rausbrechen. Und sie kämpfen gegeneinander, und sie kämpfen gegen mich. Ist doch alles dasselbe, oder?
    An dem Morgen stritten sie wieder einmal. »Mach schon, Dad! Wir kommen zu spät! Hör auf mit dem Gefuddel!«
    Tony hatte es eilig, er zog die Stiefel an, klatschte in die Hände. Aber Dad wollte, dass alles hübsch aussah. Er macht sich immer Sorgen, wenn er Nan alleine im Haus lassen muss.
    »Ich werde doch deiner Nan noch das Frühstück machen können, oder?«
    »Scheiß drauf! Das kann Billy machen! Komm jetzt!«
    »Warte.« Dad rannte auf den Hof raus. Tony marschierte in der Küche auf und ab und gackerte vor sich hin. Ich saß bloß da und spielte auf dem Klavier rum. Immer ist das so. Zank und Streit. Was anderes fällt denen nicht ein.
    Dad kam mit dem Kohleeimer zurück. »Wir haben nicht mehr viel Kohle.«
    »Nächsten Monat holen wir wieder welche aus der Erde.«
    Dad klappte der Unterkiefer runter. »Mach dir doch nichts vor«, sagte er.
    Tony guckte Dad an, als wäre der ein Giftpilz oder so was. Man konnte richtig spüren, wie die Luft vereiste. Tony hasst solche Sprüche. »Wenn ich nicht da wäre, würdest du einfach aufgeben und im Bett bleiben, stimmt’s?«
    »Tony«, fing Dad an, aber Tony hatte genug. »Mach doch, was du willst, ich warte nicht!« Er packte einen Arm voll Pappschilder und ging zur Tür. »Tony! Tony, warte!«, schrie Dad. Aber Tony war weg. Dad lief ihm nicht hinterher. Er stand bloß da. Tony meint, Dad bringt’s nicht mehr. Er meint, Dad hat aufgegeben. Weiß nich, vielleicht hat er Recht. Ich spielte weiter.
    »Hör auf damit, Billy, ja?«, brüllte Dad mich plötzlich an.
    Ich scherte mich nicht drum. »Mam hätte mich gelassen«, sagte ich und spielte weiter. Er trat hinter mich und schlug den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher