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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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dieses Snuff?«
    »Das absolute Grauen«, antwortete Kiersten. »Ein Grauen ohne Namen…«
    »Schluss damit! Das ist ja ein Skandal!«, schrie Doug Murphy und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    Julien richtete sich steif auf. Natürlich hatte er damit gerechnet, dass dieses Treffen nicht gerade unterhaltsam sein würde.
    Seit Kiersten die Videokassette hatte anlaufen lassen, beobachtete er verstohlen die Teilnehmer dieser Sitzung. Wie lange würden sie diese Vorführung aushalten? Letzten Monat hatte Lester Clarkson nach siebzehn Minuten aufgegeben – das war der bisherige Re-kord. Was zählte, war das erste Mal. Danach wusste man dann schon, worauf man sich einzustellen hatte. Man konnte mogeln, indem man den Blick stur auf nebensächliche Details im Hintergrund richtete. Als Julien sich das Video von der Herschley-Affäre angeschaut hatte, hatte er hinausgehen müssen, um sich zu übergeben.
    Und er sollte ein abgebrühter, harter Hund sein?
    »Ein Skandal!«, wiederholte Doug Murphy mit belegter Stimme.
    »Müssen wir uns denn so etwas tatsächlich anschauen?«
    Kiersten war stehen geblieben. Sie streckte ihren Arm nach dem Abspielgerät aus, stoppte aber nicht, wie Julien erwartet hatte, den weiteren Bildlauf, sondern schaltete lediglich den Ton aus. Dann nahm sie wieder ihren Platz am Konferenztisch ein, gegenüber von Paul Bourdages, dem persönlichen Referenten des Premierministers, Doug Murphy, dem leitenden Mitarbeiter des Schatzamtes, und 14

    Ada Nalukturuk, der parlamentarischen Staatssekretärin des Justizministers.
    Laut Protokoll sollte die Sitzung von Kommissar Clarkson geleitet werden. Dieser hatte sich jedoch nach einer kurzen Einführung verabschiedet mit der Bemerkung, er kenne das von Inspektor MacMillan vorbereitete Material, das vorgeführt werden solle, zur Ge-nüge. »Und wenn Sie es erst einmal gesehen haben, werden Sie sehr gut verstehen, warum ich mich jetzt zurückziehe«, hatte er mit einem schiefen Grinsen hinzugefügt. »Und Sie dürfen es mir glauben: Es tut mir wirklich Leid, dass ich Ihnen eine solche …« – er hatte nach dem passenden Wort suchen müssen – »entwürdigende Vorführung nicht ersparen kann.«
    Das war ein überraschender Kommentar für den großen Macher der Königlichen Polizei, der ansonsten kaum für besondere Rücksichtnahme bekannt war. Im Übrigen war seine Kenntnis dieses Materials, das ihn ›ankotzte‹, wie er zugab, im Gegensatz zu seiner Behauptung nur oberflächlich. Und ohne die Hartnäckigkeit Kiersten MacMillans hätte er diese Vorführung sicherlich ein weiteres Mal verschoben, wie dies bereits zweimal geschehen war.
    »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte«, zitierte die junge Frau mit fester Stimme. »Als Bezeichnung für solche Videos hat sich inzwischen Snuff eingebürgert – für ›Schnüffel-Video‹. Man könnte auch ›Koks-Video‹ oder ›Drogen-Video‹ sagen, denn das Zeug ist eine Art von Rauschgift. Es fällt schwer, zu glauben, dass es so etwas überhaupt gibt; und Sie haben völlig Recht, es ist wirklich skandalös. Aber wir müssen uns den Tatsachen stellen, und Ihre Mitarbeit ist unerlässlich, damit wir unsere Aufgabe erfüllen können …«
    Kiersten schlug einen dicken Ordner auf, aber Julien wusste schon, dass sie bis zum Ende der Sitzung nicht einen Blick würde hineinwerfen müssen. Sie würde vielmehr sämtliche Fakten, Namen und Zahlen aus dem Kopf zitieren. Und sie würde zwar den Ein-15

    druck erwecken, alles offen zu legen, aber doch nur das mitteilen, was unerlässlich war, um das angestrebte Ziel zu erreichen. »Ob sie ihnen wohl von Senator Murdstone erzählen wird?«, fragte er sich.
    Der lag sozusagen als Reserve in ihrem Geheimfach, das sie erst öffnen würde, wenn diese Sitzung nicht in ihrem Sinne verliefe.
    »Die ersten Snuffs tauchten vor etwa fünfzehn Jahren auf«, fuhr Kiersten fort. »Es waren handwerksmäßige Produktionen, die auf dem Schwarzmarkt für harte Pornografie gehandelt wurden. Man zeigte die üblichen Vergewaltigungen, Perversitäten und Brutalitä-
    ten, nur mit dem Unterschied, dass man nicht Schauspieler filmte, sondern tatsächliche Opfer – gewöhnlich Prostituierte, die man in eine Falle gelockt hatte. Die meisten dieser Videos kamen aus Lateinamerika, einige aus New York oder Hongkong. Die so genannten Handlungen dieser Filme gerieten oft während des Drehens au-
    ßer Kontrolle, und das abrupte Ende bei einigen lässt das Schlimmste befürchten …«
    Doug Murphy, Paul
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