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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben
Autoren: Julius Rodenberg
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Freimaurern französischer Abkunft und genannt im Jahre 1764 nach dem in ihr aufgenommenen Herzoge von York, Bruder König Georgs III. von England, ist die Loge Royal York de l'amitié, neben der großen Landesloge zu den drei Weltkugeln vom Jahre 1740, jetzt in Neu-Kölln auf dem ehemals Splittgerberschen Grundstück, die zweite dem Alter nach in Berlin und seit dem Jahre 1779 im Besitze dieses Hauses, dessen Räume fortan nur noch Arbeit im Dienst einer erleuchteten Menschlichkeit und brüderliche Feste gesehen haben.
    Das gesellige Leben des vorigen Jahrhunderts bewegte sich mehr als das unsere in solch geschlossenen Räumen und Kreisen, und die beliebteste Form dafür scheint, von den Logen abgesehen, die der »Ressource« gewesen zu sein. Es muß deren eine Menge gegeben haben. Der »Schattenriß von Berlin« (r/88) erläutert die Ressourcen als »eine andere Art von Tabagien, wo aber nur einer gewissen Anzahl von Honoratioren, die eine geschlossene Gesellschaft ausmachen, der Zutritt verstattet wird; auchwird daselbst besserer Tobak geraucht, und der Ton der Unterhaltung zeigt, daß die Mitglieder sich mehr fühlen als diejenigen, die in den kleineren Tabagien keinen so guten Tobak rauchen«. Ein späterer Reisender, 1798, merkt an, daß ein Fremder, wenn er einmal eingeführt worden, immer freien Zutritt habe. Von diesen Ressourcen haben sich meines Wissens zwei nur noch erhalten: die »Zur Unterhaltung« in der Oranienburger Straße, die sogenannte Therbusch'sche, und die in unserer Gegend, die sogenannte »Ressource von 1794« in der Schadowstraße, der Loge Royal York in der Dorotheenstraße quer gegenüber. Auf dem alten Platze steht jetzt ein neuer palastartiger Renaissancebau, der an der Giebelfront in Gold die Zahlen »1794-1873« trägt und in welchem, wie ich annehmen darf, nicht nur »besserer Tobak« geraucht, sondern auch in jedem Betracht eine solide Geselligkeit gepflegt wird.
    Gänzlich verschwunden dagegen ist ein anderes altes Haus, das in derselben Dorotheenstraße, dicht neben der Loge Royal York, an der Ecke der Neustädtischen Kirchstraße lang in Ehren gestanden, eine milde Stiftung fremdländischen Ursprungs, die Maison d'Orange. Der französischen Kolonie zugewiesen und gleich dieser innig verwachsen mit dem Berliner Leben, das aus der Mischung so verschiedener Elemente seinen Charakter und die gesteigerte Kraft seines Wachstums empfing, erinnerte dieses Haus durch seinen Namen an den Oranier, König Wilhelm III. von England, der es im Anfang des vorigen Jahrhunderts erwarb und seinen aus der Orange vertriebenen protestantischen Untertanen als ihr erstes Eigentum in der fremden Stadt übergab. Hier fanden ihre Kranken Aufnahme, hier ward an ihre Armen Brot verteilt. Opfer seiner Politik, welche der drohenden Weltherrschaft Ludwigs XIV. den tödlichen Stoß beibrachte, hat Wilhelm III. dieses Häufleins nicht vergessen,als es dort eine Zuflucht suchte, wo schon so vielen, von Frankreichs Unduldsamkeit Verfolgten Aufnahme gewährt worden war. Er hat nicht aufgehört, sich als »ihr rechtmäßiger Oberherr« zu betrachten, der auch in den Brandenburgischen Staaten für sie sorgte; und immer seitdem, als die fleißigen Gärtnerfamilien der Orange sich längst unter uns eingebürgert, der Oranienstraße ihren Namen gegeben und den Boden ihrer neuen Heimat mit den schönsten Blumen geschmückt hatten, ist die Oberaufsicht über die Maison d'Orange von dem jeweiligen großbritannischen Gesandten in Berlin geübt worden. So hat es, uns allen wohlbekannt, fast einhundertundachtzig Jahre lang den alten Platz behauptet, bis es eines Tages, vor kurzer Zeit, nicht mehr war. Wer es heute wiedersehen will, der muß eine weite Wanderung machen, in den äußersten Westen unserer Stadt. Dort, der Weichbildgrenze nicht mehr fern, ist eine kleine Straße, die Ulmenstraße genannt. Dunkle Bäume beschatten sie, stille, vornehme Häuser, mit Bildwerken geschmückt, liegen in den Gärten. Hierher dringt der Lärm der Weltstadt nicht; selten begegnet man einem Menschen, seltener einem Wagen. Es ist so stille hier, daß man kein Geräusch vernimmt außer zuweilen dem des Windes im Laub oder dem einer ordnenden Hand zwischen den Blumen. Und hier, am Ende dieses Idylls von einer Straße, steht ein gelber Backsteinbau, ganz im zierlichen Villenstil, einstöckig, ruhig und abgeschlossen wie die anderen, und an der Front in Goldbuchstaben: »Maison d'Orange«. Hier wird sie sobald nichts mehr vertreiben, die zu
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