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Big U

Big U

Titel: Big U
Autoren: Neal Stephenson
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stochert, nichts sieht, sich zu Kamera umdreht, Nase zuhält, »Puh!« sagt – »konnten aber nur Insekten finden. Wir sind durch die Flure gezogen« – Journalist allein in langem leeren Flur; Kamera wirbelt herum, schaut in andere Richtung; auch dort nichts; wieder auf Journalist – »aber offenbar waren die Ratten anderswo. Wir haben in den Hörsälen nachgesehen, aber die einzigen Ratten dort waren auf Papier« – Journalist steht in gestohlenem Labormantel neben Diagramm vom Nervensystem einer Ratte – »Aber zu guter Letzt ist es uns gelungen, eine Ratte zu finden. In einem kaum benutzten Labor, Frank, in einem kleinen Käfig, da fan-den wir eine sehr hungrige weiße Ratte« – zurück zum Postraum; Journalist hält Drahtkäfig hoch, in dem furchtsame weiße Ratte sitzt – »aber wir haben sie seither gut gefüttert und glauben nicht, daß sie uns angreifen wird.«
    »Sam, was halten Sie von Sarah Jane Johnsons Ankündigung? Handelt es sich um eine symbolische Feststellung oder ist sie übergeschnappt?«
    »Das kann niemand mit Sicherheit sagen, Frank.« Hinter Journalist fliegt Tür explosionsartig mit Knall und Lichtblitz auf; dahinter ist Stroboskoplicht zu se-hen. Der Journalist fährt fort und widersteht dem Impuls, sich umzudrehen und nachzusehen; aber die Explosion hat den Audiopart der Kamera übertönt. Dutzende Riesenratten stürmen in den Raum.« … aber aus zuverlässigen Quellen verlautet, daß …« Maschinengewehrfeuer übertönt seine Worte. Obwohl es eine beispiellose Verletzung der Medienetikette darstellt, dreht sich der Journalist um, um nachzusehen, und verschwindet unverzüglich aus dem Bild. Plötzlich wirbelt die Decke des Postraums herab und füllt den Bildschirm aus, drei große, pelzige, unscharfe Rattenschnauzen, deren lange Zähne in den Fernsehscheinwerfern glänzen, kommen von den Bildschirmrändern ins Bild; alles wird dunkel. Wir schalten in die Sendezentrale zurück. Der Moderator wirft gerade seinen Kugelschreiber nach jemandem, hält inne und sagt: »Und jetzt das«, und wird von einer Trickfilmhämorrhoide ersetzt.
    Wir wollten nur alle aus dem Plex draußen haben und die Sache beenden. Als Ratten durch das Hauptgebäude streiften, Fledermäuse die Flure bevölkerten und allerorten alles von Rauch, Fliegen und Schmutz erfüllt war, schienen die Leute endlich zum Abzug bereit. Die GASF würde abrücken, wann immer Virgil es ihnen befahl. Die Verwaltung würde die Türme B und C auf unser Wort hin räumen. Die TUGler behaupteten, daß sie ihre drei Türme lediglich hielten, um gegen die Roten zu kämpfen. Später stellten wir – ohne daß es jemanden nennenswert überrascht hätte – fest, daß sie zu dem Zeitpunkt, als Sarah mit ihren Ansagen auf Sendung ging, die halbe Bevölkerung dieser Türme einer Gehirnwäsche unterzogen hatten; wie sollten übertrieben süßes Kool-Aid, Manilow-Songs und Liebesbombardement mit ihrer radikalen Macht und grandiosen Demonstrationen konkurrieren können? Als wir ihnen zwölf Stunden lang Wasser und Strom abgestellt hatten, willigte TUG ein, die Türme auf unseren Befehl hin zu räumen. Die SUB/Terroristen-Achse würde alles tun, damit das Big Wheel anblieb.
    Im Lauf der kommenden Tage stellte das Big Wheel immer größere Forderungen. Jeder sollte das Radio seiner Stereoanlage immer auf 90,3 eingestellt haben. Jeder mußte Fluchtwege aus seinem Turm planen und alle Hindernisse beseitigen, die sich an den Ausgängen befinden mochten. Dex Fresser wurde ganz und gar abhängig von Sarahs Worten; nach einer Woche wußten wir, daß wir die Achse und alle anderen jederzeit evakuieren konnten, wann immer es uns in den Kram paßte.
    In der Zwischenzeit schafften wir die Schienenkanone nach unten.
    Damit die Maschine dem Rückstoß standhalten konnte, mußten wir sie direkt mit dem Beton des Bodens der Kanalisation verschrauben. Für die fünfzehn Meter lange Schienenkanone mußten wir hundertundzwanzig Bolzen exakt in den Beton bohren, eine stumpfsinnige und schmutzige Arbeit, die große Präzision erforderte. Als die Löcher bereit waren, trugen wir die Stützen nach unten. Es war eine schreckliche, endlose Plackerei. Nach einem Tag beschloß ich, daß ich ein Buch schreiben würde – auf diese Weise würde die Schufterei ein faszinierender Beitrag zu meinem künstlerischen Wachstum sein. Kraft gehörte nicht zu den Erfordernissen der Großen Armee von Shekondar dem Furchtbaren, daher mußte ich alle Bolzen persönlich verschrauben. In
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