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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe
Autoren: J Downham
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Das ist es. Es passiert tatsächlich. Ich erlebe es jetzt. Sex.
    Als es zu Ende ist, liege ich unter ihm und fühle mich vor allem still und klein. Ein Weilchen bleiben wir so liegen, bis er von mir runterrollt und mich im Dunkeln anstarrt.
    »Was ist los?«, fragt er. »Stimmt was nicht?«
    Weil ich ihn nicht ansehen kann, rücke ich näher an ihn ran, vergrabe mich tiefer, verstecke mich in seinen Armen. Ich weiß, dass ich mich total zum Affen mache. Ich heule ihn voll wie ein Baby, und ich kann nicht aufhören, es ist grässlich. Er fährt mir mit der Hand in Kreisen über den Rücken und flüstert mir »pst« ins Ohr, bis er mich schließlich vorsichtig von sich abhält, um mich ansehen zu können.
    »Was ist? Du willst mir doch jetzt nicht etwa erzählen, du hättest es nicht gewollt, oder?«

    Mit einem Deckenzipfel wische ich mir die Augen. Dann setze ich mich auf; meine Beine baumeln über die Bettkante auf den Teppich. Ich kehre ihm den Rücken zu und blinzle meine Kleider an, fremde Umrisse, die auf dem Boden rumliegen.
    Als ich klein war, hat mein Vater mich huckepack genommen. Ich war so klein, dass er mich mit beiden Händen am Rücken festhalten musste, damit ich nicht umkippte, und trotzdem so groß, dass ich mit beiden Händen durch das Laub an Bäumen fahren konnte. Das könnte ich Jake nie erzählen. Es würde ihm überhaupt nichts bedeuten. Ich glaube nicht, dass Wörter Menschen erreichen. Vielleicht auch sonst nichts.
    Ich krieche in meine Kleider. Das rote Kleid kommt mir kürzer denn je vor; ich ziehe es runter, versuche, meine Knie zu bedecken. Bin ich wirklich in diesem Aufzug in einen Club gegangen?
    Ich schlüpfe in meine Schuhe, sammle den Inhalt von Zoeys Handtasche ein.
    Jake sagt: »Du musst nicht gehen.« Er stützt sich auf einen Ellbogen. Seine Brust sieht bleich aus im flackernden Kerzenschein.
    »Ich will aber.«
    Er lässt sich wieder auf das Kissen fallen. Ein Arm hängt seitlich vom Bett runter; seine Finger sind gekrümmt, wo sie den Boden berühren. Ganz langsam schüttelt er den Kopf.
    Zoey liegt unten auf dem Sofa und schläft. Der Kiffer ebenso. Zusammen liegen sie da, die Arme ineinander verschlungen, die Gesichter dicht nebeneinander. Ich ärgere mich, dass sie so gut damit klarkommt. Sie trägt sogar sein Hemd. Die süßen Knöpfe in kleinen Reihen daran erinnern mich an ein Zuckerhaus aus einem Bilderbuch. Ich knie mich neben sie und streichle ganz leicht über Zoeys Arm, der warm ist. Ich streichle sie, bis sie die Augen aufschlägt. Sie blinzelt mich an. »Hey!«, flüstert sie. »Schon fertig?«

    Ich nicke, kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, was merkwürdig ist. Sie entwindet sich Kiffers Armen, setzt sich auf und sucht mit Blicken den Boden ab.
    »Noch irgendwelcher Stoff da?«
    Ich finde die Dose mit dem Dope und gebe sie ihr, gehe dann in die Küche und hole mir ein Glas Wasser. Ich habe gedacht, sie würde hinterherkommen, aber nein. Wie sollen wir mit dem Kiffer neben uns reden? Ich trinke das Wasser, stelle das Glas auf die Ablage und gehe zurück ins Wohnzimmer, wo ich mich zu Zoeys Füßen auf den Boden setze, während sie ein Zigarettenpapier anleckt und an ein anderes klebt, ein zweites anleckt, auch anfügt und das Überstehende abreißt.
    »Und?«, fragt sie, »wie ist es gelaufen?«
    »Okay.«
    Ein Lichtstoß durch die Vorhänge blendet mich. Ich kann nur das Glänzen ihrer Zähne sehen.
    »Hat er es gebracht?«
    Ich denke an Jake oben, wie seine Hand über den Boden schleift. »Ich weiß nicht.«
    Zoey inhaliert, sieht mich komisch an und atmet aus. »Man muss sich erst dran gewöhnen. Meine Mum hat mal gesagt, Sex wär bloß drei Minuten Lustgewinn. Ich hab mir gedacht, das soll alles sein? Ich will mehr davon haben! Hab ich auch. Wenn man sie in dem Glauben lässt, sie wären die Größten auf dem Gebiet, klappt es irgendwie ganz gut.«
    Ich stehe auf, gehe zu den Vorhängen und ziehe sie weiter auf. Die Straßenlaternen leuchten noch. Es ist noch lange nicht Morgen.
    Zoey fragt: »Hast du ihn da oben allein gelassen?«
    »Sieht so aus.«
    »Das ist nicht besonders nett. Du solltest zurückgehen und noch’ne Nummer schieben.«
    »Ich will nicht.«

    »Also nach Hause können wir noch nicht. Ich bin total zu.«
    Sie drückt den Joint in dem Aschenbecher aus, legt sich wieder zu Scott und schließt die Augen. Ich sehe ihr eine Ewigkeit zu, wie sich ihr Brustkorb beim Atmen hebt und senkt. Eine Lichterkette an der Wand wirft sanftes Licht auf den
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