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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe
Autoren: J Downham
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Teppichboden. Ein Läufer liegt auch auf dem Boden, ein kleiner ovaler mit blauen und grauen Farbtupfern, wie das Meer.
    Ich gehe in die Küche zurück und setze Wasser auf. Auf der Arbeitsplatte liegt ein Zettel, auf den jemand geschrieben hat: Käse, Butter, Bohnen, Brot . Auf einem Hocker am Küchentisch sitzend, ergänze ich die Liste mit Karamellschokolade, Sechserpack Sahnecremeeier. Die gefüllten Schokoeier wünsche ich mir ganz besonders, weil ich die so gern zu Ostern kriege. Bis Ostern sind es noch zweihundertsiebzehn Tage.
    Vielleicht sollte ich ein bisschen realistischer sein. Ich streiche die Cremeeier aus und schreibe: Schokoladenweihnachtsmann in rot-goldener Folie, mit Glöckchen um den Hals . Den könnte ich ja wohl bekommen. Bis Weihnachten sind es hundertdreizehn Tage.
    Ich drehe den Zettel und schreibe Tessa Scott . Ein guter Name mit drei Silben, wie mein Dad immer sagt. Wenn mein Name über fünfzigmal auf dieses Stück Papier passt, wird alles gut. Ich schreibe mit ganz kleinen Buchstaben, so wie vielleicht eine Zahnfee, wenn sie den Brief eines Kindes beantwortet. Mir tut das Handgelenk weh. Der Kessel pfeift. Heißer Dampf füllt die Küche.

FÜNF
    M anchmal fährt Dad mich und Cal sonntags Mum besuchen. Wir nehmen den Aufzug in den achten Stock, und normalerweise macht sie dann die Tür auf, sagt »hallo zusammen!« und schließt uns alle in ihren Blick ein. Dad bleibt meistens eine Weile in der Tür stehen, und sie unterhalten sich.
    Aber als sie heute die Tür aufmacht, hat Dad es so eilig, von mir wegzukommen, dass er schon durch den Hausflur wieder den Lift ansteuert.
    »Pass auf sie auf«, sagt er und zeigt mit dem Finger auf mich. »Auf die ist kein Verlass.«
    Mum lacht.
    »Warum, was hat sie getan?«
    Cal kann vor Aufregung kaum an sich halten. »Dad hat ihr gesagt, sie darf nicht tanzen gehen.«
    »Ah«, macht Mum. »Das sieht deinem Vater ähnlich.«
    »Aber sie ist trotzdem gegangen. Sie ist vorhin erst nach Hause gekommen. Die ganze Nacht war sie weg.«
    Mum schenkt mir ein liebevolles Lächeln. »Hast du einen Jungen kennengelernt?«
    »Nein.«
    »Und ob. Wie heißt er?«
    »Stimmt ja gar nicht!«
    Dad sieht wütend aus. »Typisch«, sagt er. »So verdammt typisch. Ich hätt’s wissen müssen, dass du mir in den Rücken fällst.«

    »Ach, sei doch still«, sagt Mum. »Es hat ihr doch nicht geschadet, oder?«
    »Sieh sie dir an. Sie ist total fertig.«
    Alle drei nehmen sich kurz die Zeit, mich anzusehen. Wie ich das hasse. Mir ist scheußlich und kalt, und mein Bauch tut weh. Er tut weh, seit ich mit Jake geschlafen hab. Niemand hat mich davor gewarnt.
    »Ich bin um vier wieder da«, sagt Dad, während er den Aufzug betritt. »Sie weigert sich seit fast zwei Wochen, ihr Blutbild kontrollieren zu lassen, ruf mich also an bei irgendwelchen Veränderungen. Kriegst du das auf die Reihe?«
    »Ja, ja, keine Sorge.« Sie beugt sich vor und küsst mich auf die Stirn. »Ich pass auf sie auf.«
    Cal und ich sitzen am Küchentisch, und Mum setzt den Kessel auf, fischt drei benutzte Teetassen aus der Spüle und wischt sie unter dem Wasserhahn aus. Sie holt Teebeutel aus einem Hängeschrank, Milch aus dem Kühlschrank und schnüffelt dran, schüttet Kekse auf einen Teller.
    Ich stecke einen ganzen Mini-Doppelkeks auf einmal in den Mund. Es schmeckt köstlich. Billige Schokolade und der Energieschub durch Zucker.
    »Hab ich dir je von meinem ersten Freund erzählt?«, fragt Mum, während sie den Tee auf den Tisch knallt. »Er hieß Kevin und hat bei einem Uhrmacher gearbeitet. Ich stand total drauf, wie konzentriert er mit diesem kleinen festgedrückten Okular vorm Auge gearbeitet hat.«
    Cal nimmt sich noch einen Keks. »Wie viele Freunde hattest du insgesamt, Mum?«
    Lachend schiebt sie ihr langes Haar über eine Schulter zurück. »Gehört sich so eine Frage?«
    »War Dad der beste?«
    »Ah, dein Vater!«, ruft sie und greift sich so theatralisch mit einer Hand ans Herz, dass Cal vor Lachen grölt.

    Ich habe Mum einmal gefragt, was an Dad nicht gepasst hat. Sie hat gesagt: »Er ist der vernünftigste Mann, der mir je begegnet ist.«
    Ich war zwölf, als sie ihn verlassen hat. Eine Zeit lang hat sie Ansichtskarten aus Orten geschickt, von denen ich noch nie gehört hatte – Skegness, Grimsby, Hull. Auf einer war das Foto von einem Hotel vorne drauf. Hier arbeite ich jetzt , hatte sie geschrieben. Ich lerne, wie man Konditormeisterin wird, und werde sehr dick dabei!
    »Gut!«, hatte
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