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Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843

Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843

Titel: Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
Autoren: Alexander Merow
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diese unnatürliche Helligkeit den verbarrikadierten Kopf beharrlich wie eine Armee. Franks Kopfschmerzen waren unerträglich. Er übergab sich auf seine Pritsche und kroch in eine Ecke.
    „Patient 111-F-47! Hören Sie? Sie sind in einer Holozelle! Haben Sie das verstanden? Wenn ja, dann heben Sie die Hand!“ forderte der Lautsprecher energisch.
    Der kranke Mensch signalisierte, dass er verstanden hatte und kauerte sich weiter in seine Ecke. In der Zelle waren keine Gegenstände, lediglich die Pritsche und eine Toilette an der gegenüberliegenden Wand. Ansonsten war hier nur das beißende Licht.
    „Sie werden zweimal am Tag eine Stunde Umerziehung bekommen!“ erklärte die unnatürliche Stimme aus der oberen Ecke des Raumes. „Die erste Umerziehungsstunde beginnt in 30 Minuten, Patient 111-F-47! Machen Sie sich bereit!“
    Frank war mit der Situation vollkommen überfordert und vergrub sein Gesicht, nach wie vor in der Ecke zusammengesunken, hinter seinen Knien. Er versuchte an nichts zu denken und hätte alles dafür getan, dieses verfluchte Licht abzuschalten. Doch das stand nicht in seiner Macht. So wie nichts in „Big Eye“ in seiner Macht stand. Er war hier nur die weiße Maus, die kleine Laborratte im Käfig, die alles erdulden musste, was sich die kranken Erfinder dieser sogenannten „Heilanstalt“ ausgedacht hatten. Dann begann die Umerziehungsstunde, wobei der Lautsprecher 111-F-47 noch einmal intensiv die Gründe seiner „Therapie“ erläuterte. Er sagte, dass man hier einen „guten Menschen“ aus Frank machen wolle. „Einen Menschen, der menschlich ist, indem er seine Menschlichkeit überwindet“.
    So ging es eine ganze Stunde lang und das Licht brannte und schmerzte immer schlimmer. Zeitweise verlor der Gefangene die Orientierung, da ihm der grelle Schein oft wie ein weißer Nebelschwaden vorkam. Sein Kopf dröhnte. Und dann noch dieses metallisch klingende Gerede, diese stählerne Computerfrau, die ihn quälte.
    „Ich halte diesen Wahnsinn keine zwei Wochen aus!“ sagte Frank zu sich selbst und rollte sich in der Ecke immer kleiner zusammen. „Ich will, dass es aufhört.. .Bitte Gott.“ jammerte er.
    Doch Gott hörte ihn nicht. Zu perfekt war die Schallisolierung der Holozelle im Gefängniskomplex „Big Eye“.
    Wenn Frank hier einen Gott hatte, dann war es er oder sie oder es, das Wesen hinter dem Lautsprecher.
    Nachts um 22.00 Uhr wurde das grelle Licht abgeschaltet. Der Raum wurde dann schlagartig stockfinster. So finster, dass nicht die kleinste Lichtquelle übrig blieb. Frank sah die Hand vor Augen nicht mehr und in seinem Kopf hüpften noch die Nachwirkungen des gleißenden Lichtscheins als bunte Farben umher.
    Es gab hier nur extrem hell oder extrem dunkel. Wer auch immer das Konzept der Holozelle entwickelt hatte, wusste genau, dass diese grausame Form der Konditionierung selbst den widerspenstigsten Mann innerhalb von nur kurzer Zeit in einen willigen Sklaven verwandelte. Und so vergingen die ersten Tage in „Big Eye“ langsam und hinterließen viele tiefe Narben im Verstand des noch jungen Menschen. Doch es gab kein Entkommen. Keine Möglichkeit zu fliehen, keine Rettung durch Gott. Nur der Teufel schien sich für „Big Eye“ zu interessieren — vermutlich hatte er diese Hölle auf Erden sogar konstruiert.
    „Stehen Sie gerade, Patient 111-F-47!“ Hier in „Big Eye“ gibt es keine Gewalt unter Patienten, keine Aufstände und keinen Ärger — denn jeder bleibt die gesamte Haftzeit für sich allein. Sie, 111-F-47, sind einer der ersten heilungsbedürftigen Menschen, der das Glück hat, in einer Holozelle seine Therapie zu erhalten. Wir freuen uns für Sie, dass das computergestützte Auswahlverfahren Sie für diesen Raum vorgesehen hat.
    Verhalten Sie sich willig, seien Sie anpassungsfähig und lernen Sie die Regeln des Systems zu respektieren. Nicht jeder Patient hier hat das Glück, in eine Holozelle zu kommen. Sie sind einer der Prototypen. Strengen Sie sich an und unterstützen Sie die Entwickler der Holozellen, indem Sie dieser Therapie zum Erfolg verhelfen!“ tönte es eines morgens durch den Raum.
    An anderen Tagen wurde Patient 111-F-47 erklärt, wie wichtig es ist, alles zu glauben, was die Medien sagen. Wie nötig es ist, den Menschen von seinen Instinkten zu befreien, seinen noch zu sehr an die Natur gebundenen Verstand neu zu formatieren und psychisch richtig zu programmieren. Wie unausweichlich die Sedierung des Menschen ist, damit er glücklich werden
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