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Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)

Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)

Titel: Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
Autoren: Heidi Hohner
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flachen Hand glatt und nahm Dieter das Telefon aus der Hand.
    Mein Vater übersprang die Begrüßung, sicher weil er sich immer noch keine Flatrate geholt hatte. »Morgen früh geht’s los!«
    »Ihr fliegt jetzt schon nach Indien?«
    »Ja freilich, gestern war ja schon der erste richtig kalte Tag!«
    »Das heißt, ihr vertragt euch wieder?«, frage ich zweifelnd.
    »Natürlich! Die Gretel ist die Liebe meines Lebens!«
    »Auf einmal?«
    »Josepha, ich weiß, wir hatten immer eine sehr lebendige Beziehung, aber das Leben ist nun mal kein ruhiger langer Fluss.«
    Ich verdrängte die Erinnerung an zu Bruch gegangene Klangschalen und die genauso lautstarke Wiedervereinigung, die bei uns zu Hause fast jede Woche auf dem Programm gestanden hatte. »Lebendige Beziehung? Seit ich denken kann, habt ihr euch immer sonntags getrennt und am Freitag wieder versöhnt. Manchmal auch umgekehrt.«
    »An der Liebe muss man eben arbeiten«, verteidigte sich mein Vater. Genau, dachte ich mir, und zwar so viel, dass man zu nichts anderem mehr kommt und arm bleibt wie eine Kirchenmaus. Etwas, was mir auf gar keinen Fall passieren würde.
    »Wann fliegt ihr?«
    »Morgen in aller Herrgottsfrühe!«
    Ich seufzte. »Wollt ihr euch auf Goa nicht doch einmal WLan besorgen? Oder wenigstens ein Telefon?«
    »Das kostet alles Strom«, meckerte mein Ökovater. »Alles, was den Bedarf von unserem Passivbungalow sprengt, das machen wir nicht, wegen der Ökobilanz und wegen der Wiedergutmachung vom CO 2 -Fußabdruck vom Fliegen.«
    So war das. Seit ein paar Jahren verschwanden meine Eltern, die zur Vegetarierin konvertierte Metzgerstochter Gretel aus Rosenheim und Willi, ein im Allgäu aufgewachsener Sannyasin-Sprössling, den kompletten Winter über nach Indien. Ich hingegen hatte noch einen weiten Weg vor mir, bis ich mich auf meinen Lorbeeren ausruhen konnte, und den wollte ich jetzt gerne weitergehen. Oder noch besser in einem möglichst dicken Auto fahren.
    »Und deine Mutter und ich, wir sind ja ganz gern unter uns, du glaubst nicht, wie lang die Meisterstufe im Tantra zum Verinnerlichen braucht. Letzten Winter auf Goa war alles noch ganz easy, aber man muss da wirklich am Ball bleiben, wenn man nicht will, dass das Feuer der Libido …«
    Bäh! Tantra verinnerlichen? Ein Wunder, dass bei diesem Hippiealarm aus mir überhaupt etwas geworden war, und ich wollte nicht im Mindesten wissen, mit welchen Mitteln meine Eltern ihre Libido am Lodern hielten. Ich hatte zu tun.
    »Also, eine gute Zeit! Tschüssi!«
    »Wie bitte?«
    »Tschühüss!«
    »Ha?«
    »Tsch… Ach, was soll’s. Ciao! Servus! Bussi an die Mama!«
    »Na also, geht doch«, grinste mein Vater durchs Telefon, glücklich, auch dieses Gespräch zur tschüssfreien Zone gemacht zu haben.
    »Warte«, rief ich, »mir ist noch etwas eingefallen! Wann habt ihr das letzte Mal von Tante Caro gehört?«
    Mein Vater legte den Hörer zur Seite und schrie etwas.
    »Im Sommer hat sie mit deiner Mutter telefoniert und sich wie immer nach dir erkundigt. Aber was konnten wir ihr schon sagen? Dass wir dich in den Waldkindergarten geschickt haben, damit du diese Spritschleudern unters Volk bringst?«, meldete er sich wieder, und es tat mir sofort leid, dass ich meine Patentante überhaupt erwähnt hatte. »Ich weiß wirklich nicht, was wir falsch gemacht haben!«
    Ich schon: Denn als ich zum achtzehnten Geburtstag von meinen Eltern statt der ersehnten Fahrstunden ein oberpeinliches Liegerad bekommen hatte, hatte ich mir geschworen, einmal viel Geld zu verdienen. Und zwar um mit Autos durch die Gegend zu brettern, für die ich zum Einsteigen entweder eine Trittleiter oder einen Schuhlöffel brauche.
    Meine Mutter rief etwas aus dem Hintergrund.
    »Aber sie hat nichts davon gesagt, dass sie dieses Jahr in den Süden fahren wollte, das hat sie ja früher oft in den Wintermonaten gemacht.«
    »Hm. Die alte Lechnerin sagt, sie war in der Klinik.«
    »Oje!« Mein Vater klang zwar besorgt, aber inzwischen auch ein bisschen gehetzt. »Was machen wir denn jetzt? Sollen wir unseren Flug verschieben und zusammen auf die Fraueninsel fahren?«
    »Bloß nicht, ich meine, das ist nicht nötig!«, erwiderte ich hastig, denn die Vorstellung, hier alles stehen und liegen zu lassen, um erst nach Truchtlaching und dann auf die Fraueninsel zu fahren, fand ich alles andere als verlockend.
    »Ich muss aufhören, ich habe ein Gespräch auf der anderen Leitung«, rief ich zum Abschied und bedauerte sofort, nicht aufs Display
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