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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen
Autoren: Brown Sandra
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starrte in die Luft und meinte leise: »Ich hoffe darauf, mit Hilfe einer namenlosen Person ein neues Individuum zu erschaffen. Ein Baby. Einen Charakter. Eine Seele. Das ist starker Tobak. Natürlich grüble ich über den Spender nach, wer er ist und wie er aussieht.«
    Â»Wieso auch nicht? Natürlich beschäftigt dich das. Hast du denn wirklich keine Ahnung?«
    Â»Nein. Wahrscheinlich ist es ein Medizinstudent, der ein bisschen Taschengeld brauchte.«

    Â»Und der sich gerne einen runterholt. Aber das tun sie doch alle, nicht wahr?« Melina zwinkerte dem Mann am Nachbartisch zu. Er lächelte zurück, ihr Flirten schmeichelte ihm.
    Als Gillian den Blickwechsel bemerkte, wies sie Melina leise flüsternd zurecht. »Benimm dich.«
    Â»Er hat doch keine Ahnung, was ich gesagt habe.«
    Auch darin waren sie sich unähnlich. Während Melina dazu neigte, aus ihrem Herzen keine Mördergrube zu machen, verhielt sich Gillian wesentlich diskreter. Melina sagte und tat Dinge, an die Gillian zwar dachte, die sie wegen ihrer Hemmungen jedoch nicht äußerte. Ihre impulsiven Reaktionen waren gleich, aber nur Melina setzte sie auch um. Sie sprang im Hechtsprung vom höchsten Sprungbrett, während Gillian oben verharrte und sich mit den Zehen an der Kante festkrallte, ehe sie doch noch den Mut zum Sprung fand. Melina bewunderte die Umsicht ihrer Zwillingsschwester. Gillian behauptete, sie sei auf Melinas Mut neidisch.
    Melina überließ den Herrn am Nebentisch seinen Träumereien und wollte von Gillian wissen, wie lange es dauern würde, bis der Erfolg der künstlichen Befruchtung feststünde.
    Â»In einer Woche gehe ich wieder zu einem Bluttest hin.«
    Â»Eine ganze Woche! Musst du dich irgendwie einschränken?«
    Â»Nein, ich kann leben wie immer.«
    Â»Arbeit?«
    Â»Ich habe noch heute Nachmittag einen Termin.«
    Â»Sex?«
    Â»Nein, ohne jede Einschränkung. Der Arzt hat sogar gesagt, falls ich einen Partner hätte, der das Kind mit mir gemeinsam aufziehen möchte, würde er uns raten, sobald wie möglich miteinander zu schlafen. Das sei in psychologischer Hinsicht gut für unfruchtbare Paare, die als letzte Möglichkeit auf Spendersamen zurückgegriffen haben. Sollten sie am Tage der IUI miteinander schlafen, bestünde immer eine geringe Chance, dass –«
    Â»Das Sperma des Partners das Ei befruchtet hat.«

    Â»Genau.«
    Melina presste ihre Zeigefinger gegen die Schläfen. »Himmel, das geht aber –«
    Â»Weit. Ich weiß. Dieses Thema hat unendlich viele Facetten. Endlose Faktoren zu bedenken, ethische und religiöse Fragen müssen gestellt und hoffentlich geklärt werden. Und trotzdem bedaure ich nicht, dass ich’s getan habe. Genauso wenig werde ich jetzt anfangen, nachdem ich gehandelt habe, die Entscheidung erneut zu hinterfragen. Eines steht fest: Sollte ich diesmal nicht schwanger werden, werde ich es definitiv wieder versuchen. Bis vor kurzem hatte ich von Mutterschaft völlig vage Vorstellungen. Das spielte sich alles in einer weit entfernten Zukunft ab. Inzwischen habe ich den nötigen Schritt für eine Schwangerschaft getan, und nun nehmen auch diese Fantasien konkrete Formen an. Melina, ich will ein Baby, mit dreckigen Windeln und allem anderen. Ich wünsche es mir so sehr. Einen Sohn oder eine Tochter, für die ich sorgen kann. Jemanden, der meine Liebe braucht. Jemanden, der mich seinerseits liebt.«
    Melina schluckte heftig. »Willst du mich unbedingt zum Heulen bringen?«
    Gillian unterdrückte ihre eigenen Tränen und streichelte sachte ihren Bauch. Dann sagte sie: »Die Woche wird lang werden.«
    Melina schniefte. Ihr eigenes sentimentales Verhalten machte sie ungeduldig. »Was du brauchst, ist Ablenkung«, konstatierte sie. »Etwas, das dich auf andere Gedanken bringt. Damit die Zeit schneller vergeht.«
    Â»Und das wäre?«
    Â»Bin schon dabei.« Sie tippte sich mit der Fingerspitze an die Lippen. Sekunden später schoss ihr ein brillanter Einfall durch den Kopf, aber schon folgte der Katzenjammer auf dem Fuß. »Verdammt!« rief sie und schlug auf den Tisch. »Ich kann’s nicht fassen, dass ich dir dieses Angebot mache.«
    Â»Was denn?«

    Â»Ach, zum Kuckuck!« sagte sie. Plötzlich war der Entschluss gefallen. Sie beugte sich über den Tisch und sagte aufgeregt: »Geh heute Abend an meiner Stelle
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