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Betoerendes Trugbild

Betoerendes Trugbild

Titel: Betoerendes Trugbild
Autoren: Natalie Rabengut
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schnell aus den Schuhen. Barfuß war sie viel schneller in dem großen Haus unterwegs und vor allem leiser. Sollte jemand sie erwischen, könnte sie behaupten, auf der Suche nach einem Badezimmer mit Hausapotheke zu sein, da sie dringend ein Blasenpflaster benötigte.
    Mit ihrer Suche wollte sie direkt unter dem Dach beginnen. Je höher das Stockwerk, desto seltener verirrten sich in der Regel Besucher dorthin. Das bedeutete für sie die höhere Wahrscheinlichkeit, zu finden, was sie suchte.
    Die Aussicht darauf ließ ihr Herz schneller klopfen.  

    Eine Dreiviertelstunde später war der Geräuschpegel vor dem Haus merklich gestiegen und immer mehr Autos hielten in der weitläufigen Einfahrt. Die Gäste gaben ihre Schlüssel den Männern vom Parkservice und steuerten auf die offene Eingangstür zu.
    Frustriert stand Sam auf einem Balkon im ersten Stock und betrachtete das Treiben unter ihr. Ihre Suche hatte rein gar nichts ergeben. Dabei hatte sie gehofft, gar nicht erst den Weg in Scotts Schlafzimmer einschlagen zu müssen. Bestimmt hing das Gemälde direkt über seinem Bett.  
    Sehr zu ihrem Ärger war das Haus einfach viel zu groß, sie hatte es kaum geschafft, ein komplettes Stockwerk zu durchsuchen: Zu viele Gänge, Zimmer, Nischen und Treppen, die in Zwischenetagen führten. Das Haus war ein verdammtes Labyrinth.  
    Tief atmete sie ein und zwang sich, die geballte Faust zu öffnen. Sie war klug und geschickt, notfalls würde sie Scott so manipulieren, dass er ihr das Bild von sich aus zeigte.
    Schritte ertönten hinter ihr. „Sam, da bist du ja. Scott sucht schon überall nach dir. Die Party ist schon so gut wie in vollem Gange.“
    Mit einem professionellen Lächeln drehte Samantha sich um und strahlte Carrie an. „Entschuldige, ich habe nur schnell mein Make-up aufgefrischt und dann bin ich hier an der Aussicht hängengeblieben.“
    Carrie winkte nur ab. Gemeinsam stiegen sie die Treppe herab. Samantha stieß Carrie mit der Schulter an. „Jetzt sag schon, wie viele Komplimente hast du bis jetzt bekommen?“
    Prompt errötete Carrie wieder. Von der aufgedrehte Person, die Samantha am Vormittag in die Stadt begleitet hatte, war fast nichts mehr übrig. Sie klimperte geradezu scheu mit den Wimpern und wand sich verlegen. „Drei Stück. Das ist so ungewohnt“, nölte sie.
    „Du wirst dich schnell daran gewöhnen, glaub es mir. Irgendwann sehnst du dich nach dem einen, wirklich aufrichtig gemeinten Kompliment.“
    Carrie sah sie aus großen Augen an. „Das klingt aber pessimistisch. Glaubst du etwa nicht an die große Liebe auf den ersten Blick?“
    Samantha presste die Lippen aufeinander und hob skeptisch eine Augenbraue. Erschrocken wich Carrie einen Schritt zur Seite. „Wow, das heißt wohl nein. Dabei hatte ich gedacht, dass die Männer dir reihenweise zu Füßen liegen – so wie Scott.“
    „Das tun sie auch, aber Männer wie Scott sind alle gleich – sie verlieren schnell das Interesse.“ Abrupt blieb sie stehen und sah Carrie an. „Entschuldige, ich weiß auch nicht, wo das gerade hergekommen ist. Ich klinge ja geradezu verbittert. Geh und hab Spaß. Mir geht es gut.“
    Carrie blieb noch einen Moment verwirrt stehen, doch Sam beugte sich zu ihr und raunte leise: „Los, geh und sei so jung wie du bist!“ Dazu zwinkerte sie und Carrie zwinkerte zurück – offenbar gefiel es ihr, ein gemeinsames Geheimnis mit Sam zu haben.
    In der Küche stellte Samantha sich ans Fenster und sammelte ihre Konzentration. Sie rekapitulierte kurz ihren erfundenen Lebenslauf und die wichtigsten Fakten. Solche Partys bestanden meist aus Smalltalk und falschem Lächeln – und Sam wollte nicht auffallen. Es dämmerte bereits, doch die Temperatur lag noch immer knapp unter 30 Grad, der perfekte Sommertag. Ein leichtes Lüftchen wehte, überall steckten Fackeln im Boden, die ein fleißiger Mitarbeiter gerade anzündete.  
    Aus purer Gewohnheit prägte sie sich die Umgebung ein, kalkulierte Fluchtwege und sondierte die allgemeine Lage. Wenn das nach Scott eine Cocktailparty sein sollte, wollte sie nicht dabei sein, wenn er ein rauschendes Fest gab. Auf der Terrasse, dem Rasen und rund um den Pool drängten sich gut und gern schon 150 Gäste und der Strom der Neuankömmlinge schien nicht abreißen zu wollen.
    Links an der Hauswand befanden sich die Bar und das Büffet, Kellner und Kellnerinnen wanderten mit Tabletts zwischen den Gästen her. Links hatte der DJ sein Pult aufgebaut, der Bereich davor sah verdächtig
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