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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien
Autoren: AMANDA MCCABE
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ihn doch nicht etwa verdächtigt, der Liliendieb zu sein?“
    Calliope legte sich die Hände auf die glühenden Wangen. „Vielleicht … doch.“
    „Callie!“, seufzte Clio. „Was ist bloß in dich gefahren? Bei Thalia kann ich mir so etwas vorstellen; sie würde sogar den Teufel höchstpersönlich zum Duell herausfordern. Aber du! Hast du Fieber?“
    „Ich wünschte, es wäre so; dann hätte ich wenigstens eine Entschuldigung.“
    Clio schüttelte den Kopf. „Arme Callie. Aber er wird es bestimmt für sich behalten; schließlich waren unsere Väter Freunde.“
    „Nein, er wird keinem davon erzählen. Außer den Irrenärzten im Bedlam Hospital.“
    Clio lachte. „Na also! Wenn du noch Witze machen kannst, ist nicht alles verloren. Vielleicht kannst du ihm bei eurer nächsten Begegnung einfach erklären, dass die Musik dein Blut in Wallung gebracht hat.“
    Calliope ordnete ihr Haar und strich ihr Kleid glatt. „Lieber wäre es mir, wenn wir ihm nie wieder begegnen müssten.“
    „Die Chancen stehen schlecht; unsere Welt ist so klein.“ Clio sah wieder die Amphore an. „Aber wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dass Lord Westwood der Liliendieb sein könnte?“
    Calliope zog die Schultern hoch. „So etwas Hitzköpfiges würde doch zu ihm passen. Er hat seine eigenen Stücke nach Griechenland zurückgeschickt; vielleicht macht er dasselbe jetzt mit denen anderer Leute. Ich weiß nicht, es war nur so ein Gefühl.“
    „Ich glaube, du bist doch krank. Seit wann lässt sich Calliope Chase von Gefühlen leiten?“
    Calliope musste lachen. „Mach dich nur über mich lustig, Clio. Ja, normalerweise analysiere ich die Lage erst, bevor ich mir ein Urteil bilde …“
    „Man kann die Dinge auch zu Tode analysieren“, grummelte Clio.
    Calliope hörte darüber hinweg. „Ich bin mir meiner Sache gern sicher. Aber würden ihm diese Taten nicht ähnlich sehen? Man muss clever sein, um unbemerkt in solche guten Häuser einzudringen. Man muss sich mit Kunst und Altertümern auskennen, denn es verschwinden nur die allerbesten Stücke. Man muss sich seiner Sache sehr sicher sein, genau wie Lord Westwood. Und man muss eine unkonventionelle Moral haben – genau wie er.“
    „Das klingt, als würdest du den Liliendieb bewundern“, meinte Clio leise.
    Calliope dachte darüber nach. Diesen gefährlichen Missetäter bewundern, der nicht einfach Objekte stahl, sondern die Geschichte selbst? Absurd! „Ich bewundere seinen Geschmack, aber gewiss nicht seine Ziele. Mir ist das Verschwinden dieser Kunstwerke ein Gräuel, das weißt du doch.“
    Clio nickte. „Mir ist klar, wie wichtig dir diese Sache ist. Aber lass dich nicht wieder so hinreißen, wenn es um Lord Westwood geht! Wir haben nichts gegen ihn in der Hand.“
    „ Noch nicht.“ Hinter der Salontür verklangen soeben die letzten Akkorde, und Applaus brandete auf. „Es scheint zu Ende zu sein. Sollen wir Thalia suchen und nach Hause gehen? Es ist schon spät.“

4. KAPITEL

    „Guten Morgen, Miss Chase!“ Mary zog die Vorhänge zurück, und das gelbgraue Vormittagslicht flutete das Schlafzimmer.
    Am liebsten hätte Calliope sich die Bettdecke über den Kopf gezogen. Schon aufstehen? Sie war doch gerade erst eingeschlafen! Den größten Teil der Nacht hatte sie sich herumgewälzt und an ihre Szene mit Lord Westwood gedacht.
    Clio hatte bestimmt recht: Sie musste Fieber gehabt haben; sonst hätte sie ihn niemals so unüberlegt mit ihrem Verdacht konfrontiert. Jetzt war er gewarnt, und die Gesellschaft der kunstverständigen Damen würde es schwerer haben, ihn zu überführen.
    „War der Musikabend schön, Miss Chase?“ Mary stellte ein Tablett mit heißer Schokolade und gebutterten Brötchen auf dem Nachttisch ab.
    „Ja, danke, Mary.“ Calliope drückte die Kissen an das hohe Kopfteil des Bettes und richtete sich auf, um dem Tag ins Auge zu sehen. Niemand hatte je eine Schlacht gewonnen, indem er tatenlos den Kopf hängen ließ! „Sind meine Schwestern schon auf?“
    „Miss Thalia ist bereits zum Musikunterricht gegangen“, antwortete Mary, während sie die Garderobe durchsah. „Und Miss Clio frühstückt gerade mit Ihrem Vater und Miss Terpsichore. Sie hat Ihnen ein Briefchen geschrieben, es liegt auf dem Tablett.“
    Während das Mädchen die Kleidung für den Tag bereitlegte, aß Calliope ein Rosinenbrötchen und las Clios Botschaft.
    Callie, stand da in Clios energischer Handschrift, ich glaube, wir brauchen eine Luftveränderung. Sollen wir
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