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Bestimmt fuer dich

Bestimmt fuer dich

Titel: Bestimmt fuer dich
Autoren: Stefan Rognall
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umschloss sie sanft mit seinen Händen.
    »Entschuldigung?«
    Ein Mann, den Lukas auf Anfang sechzig schätzte, obwohl er in Wahrheit längst auf die siebzig zuging, stapfte durch den Sand auf sie zu. Wie Fritz besaß auch er noch recht volles weißes Haar, hatte es al lerdings militärisch kurz geschnitten. Seine Haut war braun gebrannt, und sein durchtrainierter schlanker Körper steckte in einem Polohemd und Bermudashorts. Über einem seiner kräftigen Arme trug er jene Kleidungsstücke, die Fritz bei seinem Gang zum Meer ausgezogen und achtlos hinter sich fallen gelassen hatte.
    »Ich kümmere mich schon darum«, sagte der Mann und trat auf Fritz zu.
    »Nicht nötig«, sagte Lukas und stand auf. »Ich bin ein alter Bekannter und extra hergekommen, um –«
    »Um was?« Der Mann taxierte ihn misstrauisch.
    Lukas lachte verlegen. »Ist sehr nett von Ihnen, alles eingesammelt zu haben.« Er streckte die Hand aus, um dem Mann Fritz’ Kleidung abzunehmen. »Aber Sie können jetzt wirklich –«
    »Herbert?« Fritz sah den Mann an und deutete auf Lukas. »Kennst du diesen jungen Herrn?«
    »Herbert?« Lukas schüttelte verwirrt den Kopf. Selbst wenn Fritz’ Bruder noch lebte, konnte er unmöglich so viel jünger sein.
    »Einen Moment«, sagte der Mann zu Fritz, und bedeutete Lukas mit einem Kopfnicken, mit ihm ein paar Meter zur Seite zu gehen.
    »Hören Sie«, erklärte Lukas. »Dieser Mann hat sich heute Morgen aus seinem Pflegeheim davongestohlen. Ich kenne ihn seit ein paar Monaten und weiß, dass Herbert, sein Bruder, bereits vor Jahren verstorben ist. Außerdem –«
    »Ich weiß schon«, unterbrach ihn der Mann ungeduldig. »Ich stand in regelmäßigem Kontakt zu meinem Onkel. Er hat mir öfter Fotos geschickt.« Er deutete auf Fritz. »In den letzten Jahren hat sich mein Vater natürlich verändert. Aber in seiner Brieftasche habe ich eben seinen Ausweis entdeckt.«
    »Sie sind …«
    »Carl. Sein jüngster Sohn. Sind Sie dieser Journalist, der vor ein paar Monaten versucht hat, mich ausfindig zu machen?«
    Lukas nickte langsam. »Aber man sagte mir, Sie seien ausgewandert und hätten jeglichen Kontakt zu Ihrer Familie abgebrochen.«
    Carl zuckte mit den Achseln. »Nicht jeglichen Kontakt. Nur den, den ich nicht mehr wollte.«
    Lukas verstand immer noch nicht alles. »Und Sie sind hier, weil …«
    »Ich lebe hier.« Er deutete zum Haus hinüber. »Onkel Herbert hat es mir kurz vor seinem Tod überschrieben. Zu der Zeit lebte ich noch in Maine, aber …« Er seufzte und reckte trotzig das Kinn. »Als ich zurückkam, brauchte ich eine Bleibe – und da ich das Küstenleben liebe …«
    »Mir ist kalt!«, rief Fritz zu ihnen hinüber. Carl ging zu seinem Vater zurück und half ihm beim Anziehen.

    Kurze Zeit später führten Carl, Lukas und Dominik den fast hundert Jahre alten Mann langsam über den Strand zur Straße zurück. Carl hatte dort auch den Rollstuhl gefunden. Behutsam setzten sie Fritz hinein, und Lukas bat Dominik, ihn zum Haus zu fahren, während er und Carl ihnen mit ein paar Metern Abstand folgten, um etwas zu besprechen.
    »Ich weiß«, begann Lukas, »dass Ihr Vater nicht hierbleiben kann. Aber –«
    »Wieso kann er das nicht?«
    Lukas sah Carl erstaunt an. »Sie haben nicht gerade die innigste Beziehung.«
    »Haben Sie die?«
    »Nein, aber – Ihnen ist doch klar, dass Fritz Sie nicht einmal mehr erkennt. Sein Zustand hat offensichtlich ein Stadium erreicht, in dem er intensivere Hilfe benötigt als je zuvor.«
    »Als Nächstes wollen Sie bestimmt sagen, ich wäre auch nicht mehr der Jüngste«, erwiderte Carl mit einer unverhohlenen Schärfe, die Lukas von Fritz nur allzu gut kannte.
    »Alles, was ich sagen will –«
    »Was ich bereits gesagt habe«, unterbrach ihn Carl, »ist: Ich kümmere mich schon darum.« Und sein Blick ließ keinen Zweifel daran, dass er weitere Widerworte nicht dulden würde.
    Sie erreichten den Garten mit dem Ahornbaum. Carl nickte zur Tür hinüber. »Kommen Sie noch mit rein?«
    Lukas zögerte. »War Fritz allein, als Sie ihn gefunden haben? Meines Wissens hätte eine Frau bei ihm sein sollen …«
    Carl schüttelte den Kopf. »Habe niemanden gesehen.«
    Lukas trat auf Fritz zu und ging vor ihm auf die Knie, um auf Augenhöhe zu sein. »Wo ist Rosanna?«, fragte er angespannt. »Die Frau, die dich hergebracht hat? Sie ist mit dir aus dem Zug gestiegen, erinnerst du dich? Die Polizei hat euch gefragt, wohin ihr wollt.«
    Fritz lächelte ihn an, als hielte er Lukas
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