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Bestialisch

Titel: Bestialisch
Autoren: J.A. Kerley
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schwieg. »Woher wissen Sie das?«
    Ich erklärte es ihm in aller Kürze.
    »Ich schicke Ihnen einen Wagen«, meinte er.
    »Ahm, Shelly? Jeremy ist hier. Er wird mich begleiten. Es geht nicht anders.«
    »Was?«
    »Shelly, Sie müssen mir vertrauen.«
    »Verdammt noch mal, wo steckt Folger?«
    »Jeremy hat mir sein Wort gegeben. Sie wird heute im Laufe des Tages wieder aus der Versenkung auftauchen.«
    »Er darf nicht hierherkommen. Sie können nicht von mir erwarten, dass ich …«
    »Doch, genau das erwarte ich aber«, sagte ich. »Wir stehen kurz vor dem Ziel, Shelly. Wenn wir es jetzt vermasseln, dann gnade uns Gott.«
    »Ich kann nicht zulassen, dass ein Serienmörder das gleiche Hotel betritt, in dem sich die Frau aufhält, die vermutlich unsere nächste Präsidentin wird. Das ist vollkommen ausgeschlossen.«
    »Pelham steckt in ernster Gefahr. Nur Jeremy kann uns helfen, diese Gefahr zu bannen. Dafür hat Vangie mit ihrem Leben bezahlt, Shelly. Sie dürfen nicht zulassen, dass ihr Tod umsonst war.«
    Das war eine faustdicke Lüge und gleichzeitig ein Hieb unter die Gürtellinie, doch mir blieb keine andere Wahl. Fünf Minuten später kam ein laut hupender Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht und dröhnender Sirene in einem Affenzahn die Straße hinuntergerauscht. Der Wagen hielt neben dem Bordstein. Koslowski saß hinter dem Steuer. Ich drängte Jeremy, hinten einzusteigen, und setzte mich neben den Polizisten, der einen Blick in den Rückspiegel warf und meinen Bruder erkannte.
    »Gütiger Gott«, flüsterte er.
    »Hat Shelly Ihnen gesagt, dass wir …«
    Koslowski wandte sich von dem Spiegel ab, legte den Gang ein und brauste davon. Mit stur nach vorn gerichtetem Blick murmelte er: »Ich sehe ihn nicht. Ich sehe überhaupt nichts.«
    Ich neigte den Kopf und konzentrierte mich auf das Handydisplay. Zweimal hatte das Telefon geläutet und ein kurzes Video gesendet. Unser Widersacher hielt Daddy über den Fortgang seiner Mission auf dem Laufenden. Die kurzen Filmchen von der Menge und dem Hotel dauerten nur fünf bis zehn Sekunden.
    Koslowski fuhr im schlingernden Zickzackkurs zum Lieferanteneingang des Hotels und warf einen letzten Blick auf Jeremy. Mein Bruder streckte die Hand nach vorn, schnippte eine Goldmünze auf das Armaturenbrett und sagte mit distinguiertem englischem Akzent: »Temperamentvoller Fahrstil, Fahrer. Behalten Sie den Rest.«
    Ich zog ihn am Kragen aus dem Fahrzeug. In dem Moment ging die Tür des Lieferanteneingangs auf und Shelly erschien auf der Bildfläche. Er musterte meinen Bruder skeptisch.
    Als Days Handy zirpte, beugten sich Waltz und Jeremy über das Telefon. Die grobkörnigen Bilder zeigten, wie eine Limousine neben einem Bordstein anhielt und die Tür aufging. Pelham stieg aus und winkte der Menschenmenge zu.
    »Er ist vor dem Hotel«, schlussfolgerte ich.
    Wir zwängten uns durch die überfüllte Lobby. Waltz und Jeremy hatten mich in ihre Mitte genommen.
    »Heute Morgen ist in Pelhams Wahlkampfzentrale wieder eine Puppe eingetroffen«, berichtete Waltz. »Das war die letzte. Sie ist innen nicht hohl.«
    »Und der Mund war wieder übermalt, oder?«
    »Sehen Sie selbst.«
    Nachdem wir einer Schar von Journalisten ausgewichen waren, holte Waltz eine durchsichtige Plastiktüte mit dem Püppchen aus der Tasche. Ein Blick genügte, dass mein Magen rebellierte. Diesmal war der ganze Kopf übermalt worden.
    Auf der anderen Seite des Raumes hatte Bullard neben dem vorderen Fenster Stellung bezogen und ließ die näher kommende Pelham keine Sekunde aus den Augen. In der Hand hielt er ein schwarz funkelndes Handy oder ein Walkie-Talkie mit silberner Antenne. Vermutlich informierte er die Kommandozentrale im Hotel darüber, wie Pelham vorankam. Ich warf Jeremy einen Blick zu. Irgendwie war es ihm gelungen, sich auf der kurzen Strecke vom Lieferanteneingang bis hierher eine Baseballkappe und eine Brille zu angeln und sich damit notdürftig zu verkleiden.
    In der Hotellobby, in der es vor laut schreienden Menschen nur so wimmelte, herrschte Chaos. Die geladenen, gründlich überprüften Gäste, an die Pelham ihre Rede richten wollte, warteten in der ersten Etage auf das Eintreffen der Kandidatin und speisten derweil. Pelham war immer noch draußen und kam kaum voran. Wir drei hielten Ausschau nach Handys und entdeckten mehr, als uns lieb war. Fast jeder Zweite hielt sein Telefon hoch und zeichnete Cynthia Pelhams Auftritt auf. Plötzlich erstarrte Jeremy und wich nicht mehr von der
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