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Besser so als anders

Besser so als anders

Titel: Besser so als anders
Autoren: M Goldstein
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ausstieß, zuckte Hannah zurück.
    Hannah war es nicht gewohnt, dass man in ihrer Gegenwart rauchte. Die meisten ihrer Freunde hatten schon vor Jahren damit aufgehört, nachdem in New York das Rauchverbot eingeführt worden war. In ihrem Bekanntenkreis gab es noch ein paar Gelegenheitsraucher, die sich ab und zu auf Hausdächern oder Terrassen in Brooklyn eine Zigarette anzündeten. Ab November war es einfach zu ungemütlich, draußen zu rauchen.
    Die Gesellschaft der vielen Südstaatler, die zu Bees Hochzeit angereist waren, erinnerte Hannah wieder einmal daran, dass sie das Glück hatte, in einer Stadt zu leben, in der Raucher praktisch überall ausgegrenzt wurden. Matts Familienmitglieder aus Raleigh und Durham waren allesamt schamlose Kettenraucher. Einige von ihnen arbeiteten sogar bei Philip Morris. Es überraschte Hannah ein wenig, dass eine Perfektionistin wie Dawn sich keine Gedanken darüber machte, dass ihr Kleid und ihr Haar nach Rauch stinken könnten. Aber vermutlich spielte das keine Rolle, wenn sowieso alles nach Rauch stank. Überall hing der Geruch nach Zigaretten in der Luft, und nur Hannah schien sich daran zu stören.
    Dawn zog ein letztes Mal an ihrem Stummel, und Hannah trat in Erwartung der Rauchwolke sogleich einen Schritt zurück. Selbst in diesem weitläufigen Turm mit den hohen Räumen schien Dawns Rauch allgegenwärtig zu sein und in verräterischen kleinen Wölkchen unter der Deckenbeleuchtung zu schweben.
    Im obersten Stockwerk des Country-Club-Turms gab es zwei aneinandergrenzende Räume, in denen Hannah, Dawn und die anderen Brautjungfern sich auf die Zeremonie vorbereiteten. Die Feierlichkeiten waren draußen im Garten geplant und sollten vor einem weißen Zelt stattfinden, das für den Empfang aufgestellt worden war. Es gab auch einen Plan B, für den Fall, dass es regnete – dann würde die Zeremonie kürzer gestaltet und im Speisesaal des Clubs abgehalten werden – , doch der würde vermutlich nicht zum Einsatz kommen. Es war ein herrlicher Septembertag und noch so warm, dass man keine Jacke brauchte.
    Das historische Schloss aus Klinkermauern, in dem sich nun die engsten Freunde und Angehörigen der Braut verschönerten, gehörte zum alten Teil des Country Clubs, der an der Chesapeake Bay lag und als eine Institution in Annapolis galt. Er stand nur Mitgliedern offen und bot auf mehr als hundert Morgen Land Möglichkeiten zum Golfen, zum Tontaubenschießen und für andere Vergnügungen, denen die Wohlhabenden sich am Wochenende gern hingaben. Für Hannah wirkte der neugotische Turm, von dem der Tower Gardens Country Club seinen Namen hatte, als habe man ihn geradewegs aus einem Märchen herbeigezaubert. Seine hohe, zylindrische Form, die geweißte Fassade mit den bunten Glasfenstern, durch die man auf die gepflegten Grünanlagen blickte, auf denen sich schon bald die Gäste tummeln würden – all dies trug dazu bei, dass sich Hannah wie Rapunzel vorkam. Zumindest fühlte sie sich genauso eingeschlossen. Wäre das ein Film, dachte sie, denn ihren Beruf als Casting-Chefin vergaß sie auch in ihrer Freizeit nie, würde ihre Rolle der gefangen gehaltenen Brautjungfer von einer nicht zu perfekten und dennoch liebenswerten Newcomerin gespielt werden. Oder noch besser von einer echten Hollywood-Größe, die für ihren finsteren Blick berühmt war. »Kristen Stewart zum Beispiel«, flüsterte Hannah sich selbst zu, während sie aus ihrem Turmverlies spähte. Doch letztendlich entschied sie sich für Emily Blunt, weil sie fand, dass sie mit ihren neunundzwanzig Jahren vermutlich zu alt war, um von irgendeinem Twilight-Star verkörpert zu werden.
    Trauzeugin Dawn würde von Reese Witherspoon gespielt, da musste sie gar nicht lange überlegen. Dawn hatte ein engelsgleiches Gesicht, das von einem blonden Bob umrahmt wurde. Sie sprach mit einem Südstaatenakzent, der besonders schrill klang, wenn sie Befehle erteilte. Hannah fragte sich einen Augenblick, ob Reese Witherspoon sich wohl dazu überreden ließe, in einem Film zu rauchen.
    Eine von Hannahs Lieblingsbeschäftigungen war das imaginäre Casting von Schauspielern ohne Rücksicht auf das Budget. Im wirklichen Leben hatte sie bisher nur Erfahrungen mit Independent-Filmen gesammelt, in denen die Hauptdarsteller weniger als zweihunderttausend Dollar verdienten. Bei einem derart begrenzten Budget musste Hannah kreativ sein und ständig nach jungen Talenten Ausschau halten. Deshalb sehnte sie sich nach einer Gelegenheit, einmal einen Film
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