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Beruf(ung) Trader

Beruf(ung) Trader

Titel: Beruf(ung) Trader
Autoren: Giovanni Cicivelli
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Leeson war Arbitragehändler in Asien und durfte eigentlich nur Kundenaufträge ausführen. Er verkaufte auf eigene Rechnung Put-Optionen und stellte sich damit gegen den Markt, der entgegen seinen Erwartungen immer weiter unter Druck geriet. Die Verluste verschleierte er auf einem Konto (888). Aus einem kleinen Verlust von zunächst einigen Tausend Pfund wurden 1993 zwei Millionen, die ein Jahr später 23 Millionen Pfund ausmachten. 1995 kam es in Japan zu einem Erdbeben und der Verlust summierte sich auf 400 Millionen Pfund. Seine Vorgesetzten begriffen und bemerkten nicht, was Leeson eigentlich anrichtete. Der Gesamtverlust der Bank summierte sich am Ende auf 825 Millionen Pfund. Im Prinzip handelte es sich bei dieser Spekulation um ein Martingale-Spiel. Seit 2005 ist Nick Leeson Manager eines irischen Fußballklubs.
    Long-Term Capital Management (LTCM) war Mitte der 90er-Jahre ein legendärer Hedgefonds. Zu den Direktoren gehörten Myron Samuel Scholes und Robert C. Merton, die im Jahr 1997 gemeinsam mit Fischer Black (1938-1995) für ihr Optionspreismodell den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielten. Obwohl Scholes und Merton begnadete Mathematiker sind, begriffen sie nicht – haben es bis heute wohl nicht begriffen –, dass sie ein einfaches Martingale-Spiel aufbauten. Die getätigten Handelsgeschäfte waren letztlich sämtlich in eine Idee investiert. So wettete LTCM unter anderem auf eine Spread-Reduktion bei russischen Anleihen – eine Fixed-Income-Arbitrage. Das Geschäftsmodell sah ein extremes Hebeln der Positionen vor (bis zu 50). Die Banken drehten dem Fonds im Jahr 1998 den Geldhahn zu. Als der drohende Zusammenbruch des Fonds das weltweite Finanzsystem bedrohte, übernahm ein Bankenkonsortium das Geschäft von LTCM. Der Fonds wurde aufgelöst. Mehrere Partner versuchten sich erneut in der Branche und erlitten in der Finanzkrise 2007-2009 erneut Milliardenverluste. Der neue Fonds des LTCM-Gründers John Meriwether verlor in der Krise 44 Prozent seines Wertes und wurde aufgelöst.
    Jérôme Kerviel verlor im Eigenhandel der französischen Großbank Société Générale fast fünf Milliarden Euro. Kerviel, der einen Master für Finanzmärkte hat, baute Handelspositionen im Umfang von 50 Milliarden Euro auf. Der Franzose hielt vor allem DAX-Future-Kontrakte. Die Positionen verbarg er durch Manipulation der Bücher, so der Vorwurf. Egal, ob Kerviel ein Einzeltäter oder Opfer eines von seinen Vorgesetzten genehmigten Geschäfts war, wie er behauptet: Er hat in eine Richtung (long) getradet und dadurch letztlich das Handelslimit der Bank an den Terminmärkten weit überschritten.
    Die verlorene Martingale-Spiele an den Börsen sind Legion. Immer wieder kommt es zu kleineren Meldungen, wenn Händler einige Hundert Millionen verspielt haben. Die Banken legen Wert auf die Feststellung, es handele sich um Taten von Einzeltätern, die ihre Bank betrogen und die Bücher manipuliert hätten. Das müssen wir nicht weiter ergründen. Auffällig ist jedoch immer wieder die Häufigkeit, mit der solche Geschäfte bekannt werden. Nicht vergessen sollte man die stummen Zeugnisse, die nicht in der Katastrophe endeten und bei denen die Händler mit einem satten Plus aus dem Geschäft aussteigen konnten, ohne dass wir davon wissen.
    So viel Unvernunft bringen private Trader nicht auf: Martingale-Geschäfte sind etwas für Denkfaule. „Fällt der Markt um 50 Prozent, dann freue ich mich und kaufe nach.“ Mit diesen Worten kommentierte im Fernsehen ein Daueroptimist in den Zeiten der New Economy die ersten starken Blessuren relativ kurz vor dem Zusammenbruch des gesamten Segments vor mehr als zehn Jahren. Autsch!
    Private Trader haben den Vorteil, dass sie kein Front-, Middle-und Backoffice haben: Meist fehlte es bei den Banken an der notwendigen Übersicht über manipulierte Bücher oder an Kontrollen. Das zeigen die Erfahrungen in den Fällen von Kerviel und Leeson. Private Trader sehen jederzeit ihren Kontostand und das Fälschen des eigenen Tradingjournals macht ebenfalls keinen Sinn.
    Ein selbstständiger Trader wird ohnehin intelligenter handeln und nicht wie diese „Profis“ auf das Prinzip Hoffnung setzen. Der Einsatz hoher Kapitalhebel (Leverage) kann nicht nur das Erzielen von Gewinnen beschleunigen, sondern auch das Ende der Karriere eines Traders einleiten. Wenn man über scheinbar unbegrenzte Mittel verfügt, dann ist das offenbar ein erheblicher Nachteil. Angestellte Trader haben zudem
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