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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
Autoren: Thomas Schuler
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für dreißig Jahre und zum symbolischen Preis von einer Mark im Jahr. Das Hotel eröffnete 1984; heute erzielt es mit Catering und Katinenbetrieben Gewinne.
    Anlässlich Mohns 80. Geburtstags im Jahr 2001 verfassten die Manager Thomas Middelhoff, Gerd Schulte-Hillen und Gunter Thielen ein Buch mit dem Titel Reinhard Mohn: Unternehmer , Stifter , Bürger und beschrieben darin seinen Ansatz: »Es gibt Menschen, denen bereitet jeglicher Mangel an Ordnung und Effizienz ein solches Unbehagen, dass sie alles daransetzen in ihrer unmittelbaren Umgebung, aber auch im gesellschaftlichen Umfeld eine Ordnung zu schaffen, in der Individuum, Unternehmen und Gesellschaft gleichermaßen gedeihen können. Reinhard Mohn ist ein solcher Mensch.« 2 Manchmal wurde selbst den Stiftungsmitarbeitern etwas schwindelig, wenn zehn oder zwölf Leute am Tisch saßen – fast der ganze Mitarbeiterstab – und Mohn anhob zu erklären, wie man am effektivsten Verwaltungen reformieren und umbauen kann. Manchmal, wenn er im Unternehmen oder in der Stiftung darüber dozierte, fragten sich seine Mitarbeiter: Muss es denn immer gleich um das gesamte Land gehen?
    Im Rückblick wirkt es, als habe Mohn schon immer in der Stiftung die Vollendung seines Lebenswerkes gesehen. Das sei aber falsch, sagten ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens. In den ersten Jahren habe Mohn sich kaum mit der Stiftung beschäftigt. Er hatte sie gegründet und sie lief mit regionalen Projekten nebenher. Als er 1981 vom Vorstandsvorsitz in den Aufsichtsrat wechselte, hatten seine Manager Angst, dass er seine aktive Rolle als Aufsichtsrat zu ernst nehmen könnte und ihnen kaum Freiräume blieben. Also suchten sie ein Beschäftigungsfeld für ihn und Wössner bestärkte ihn darin, sich um seine Stiftung zu kümmern. Mohn allerdings gab sich nicht mit einer kleinen Stiftung zufrieden. Für ihn war fortan der Aufbau der Stiftung eine ernste Sache. Er ging den Aufbau ähnlich zielgerichtet an, wie er davor sein Unternehmen aufgebaut hatte. Die Stiftung war sein zweites Unternehmen, eines, das klein wirkte, mit dem Mohn aber viel größere Aufgaben in Angriff nahm.
    Bei der Gründung der Stiftung 1977 verfügte Reinhard Mohn über 100 Prozent der Stimmrechte. Bis in die achtziger Jahre erhielt die Stiftung kein Geld, sondern lebte vom Unternehmen, das das Geld spendete (und auch steuerlich absetzte). Die Spendenbeträge waren nicht groß. Das lag wieder an steuerlichen Gründen, denn Mohn hatte nichts zu verschenken und spendete nur so viel, wie steuerlich absetzbar war. Im Geschäftsjahr 1989/90 gab die Stiftung 14 445 000 Mark für ihre Projekte aus, auf zwei Millionen Mark mehr beliefen sich die Gesamtausgaben, also inklusive Kosten für Verwaltung, Gebäude und Öffentlichkeitsarbeit.
    Im Geschäftsjahr 1988/89 wanderte (unbemerkt von der Öffentlichkeit) erstmals ein kleiner Geschäftsanteil des Unternehmens zur Stiftung, sodass sie nun – als stille Beteiligung – Anteile am Unternehmen besaß und ab 1989 über ein Einkommen verfügte. Der Übertrag war die Vorbereitung auf Mohns Wechsel vom Unternehmen in den Aufsichtsrat, sagt Siegfried Luther, der die Stiftung in juristischen und steuerlichen Fragen betreute. 3
    Die Erb- und Schenkungsregelungen sind kompliziert. Immer wieder wurden die Verträge geändert. Reinhard Mohn hatte die Anteile eigentlich seinem erstgeborenem Sohn Johannes übertragen – aber nur auf dem Papier. Bevor die Schenkung an den Sohn in Kraft trat, ließ sich Mohn von Johannes schriftlich bestätigen, dass er seine Anteile der Stiftung schenken werde. Nach Auskunft Siegfried Luthers, der die komplizierten Verträge regelmäßig überarbeitete, sagte Johannes mehrfach, er begreife sich als Treuhänder, der seinen Anteil weiterreiche. Mohn blickte damals – wie so oft – nach Amerika, um sich Anregungen zu holen, sagt Luther, der die rechtlichen Fragen auch bei der Gründung der Stiftung geregelt hatte. Als Vorbild nahm Mohn sich die Ford Foundation in New York.

Das Vorbild in den USA: Die Ford Foundation
    Die Ford Foundation ist eine der einflussreichsten Stiftungen in den Vereinigten Staaten. Lange Zeit war sie auch eine der umstrittensten Stiftungen, deren Einfluss sogar zu Anhörungen im Kongress und zu einer neuen Gesetzgebung und Einschränkungen hinsichtlich der Macht von Stiftungen führte. Mohn hatte ähnliche Gründe für die Stiftungsgründung wie Henry Ford, der Gründer des gleichnamigen Automobilwerks: Beide wollten die Erbschaftsteuer
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