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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
Autoren: Thomas Schuler
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umgehen. Ford und Mohn gründeten Stiftungen, um Steuerregelungen zu umgehen, um ihr Unternehmen zu erhalten.
    Der amerikanische Automobilunternehmer Henry Ford hasste den Staat, Steuern und Banken, schreibt der Journalist David Halberstam. Ford wollte das Unternehmen in seiner Familie behalten. Hätte er die Anteile seinen Nachkommen direkt überschrieben, dann hätte dies das Ende der Familienherrschaft über Ford bedeutet. Um die Erbschaftsteuern zu bezahlen, hätten sie einen so großen Anteil am Unternehmen verkaufen müssen, dass sie keine Mehrheit mehr besessen hätten. Ein Dilemma für Familien, die ihre Kontrolle erhalten wollen. Was tat Henry Ford? Um die Erbschaftsteuer zu vermeiden, gründete er eine Stiftung. Er nannte sie Ford Foundation und überschrieb ihr den Großteil der Aktien am gleichnamigen Automobilkonzern. Der Familie überließ er nur 5 Prozent der Anteile am Unternehmen. Allerdings übertrug er der Familie sämtliche Stimmrechte. Auf diese Art, schreibt Halberstam, konnte die Familie die Kontrolle über die Firma behalten, ohne Erbschaftsteuer zu bezahlen.
    Allerdings gab es laut Halberstam zwei Probleme, als diese Konstruktion nach dem Tod von Ford in Kraft trat. Zum einen war Ford kein wohltätiger Mensch und hatte deshalb eine Stiftung gegründet, ohne ihr eine wohltätige Aufgabe zu geben. In seinen Augen bestand die Aufgabe der Stiftung ja darin, keine Steuern zahlen zu müssen. Die Tätigkeit der Stiftung war auf ein Minimum begrenzt. Das machte die Aufsicht misstrauisch. Im Kongress sah man die Stiftung als das, was sie war: »ein schamloses Steuersparmodell« 4 . Das andere Problem war die Familie selbst, die eigentlich gewohnt war, auf großem Fuß zu leben (einige der Haushalte der Ford-Familie verfügten über bis zu 16 Angestellte), und nach dem Tod von Henry Ford zu ihrer Überraschung feststellen musste, dass er der Familie nur 5 Prozent an seinem Unternehmen vermacht hatte. Das Unternehmen war nicht erfolgreich genug, als dass die Erben diesen aufwändigen Lebensstil hätten fortführen können.
    Henry Ford hat die Ford Foundation 1936 gegründet. Als die Stiftung das Unternehmen erbte, wurde sie über Nacht zur reichsten und mächtigsten Stiftung in den USA. 1954 konnte sie viermal so viel Geld ausgeben wie die Rockefeller Stiftung, die auf Rang zwei der größten amerikanischen Stiftungen lag, und zehnmal so viel wie die Carnegie Corporation, die drittplazierte Stiftung. Doch die Familie war darüber nicht froh. Bei jedem Familientreffen machte das Wort von der Dividendenkrise die Runde. Selbst die Gehälter der Familienmitglieder, die in der Firma arbeiteten, reichten nicht aus, um den gewohnten Luxus weiter zu finanzieren.
    Das ging nur, indem das Unternehmen an die Börse ging und zugleich das Kapital erhöhte. Damit vermehrte sich die Zahl der Aktien und die Familie konnte einen Teil der Aktien verkaufen, ohne die Kontrolle aufzugeben, so lange sie genügend stimmberechtigte Aktien behielt. Die Vorbereitungen für den Börsengang liefen heimlich und dauerten drei Jahre. Alle Beteiligten erhielten Decknamen: Die Stiftung hieß Grace, die neuen Börsenanteile hießen Gloria und der Marktwert hieß Florence. Im November 1955 ging das Unternehmen an die New Yorker Börse und erlöste damit 640 Millionen statt der erwarteten 100 Millionen Dollar. Es war ein Meilenstein in Sachen Börsengang und ein Meilenstein in Sachen Steuervermeidung, schreibt Halberstam. Fords Schwiegertochter Eleanor Clay Ford und ihre vier Kinder hätten 300 Millionen Dollar Steuern zahlen müssen, um die Kontrolle des Unternehmens zu behalten – so wie es dank des Börsengangs geschah. Denn die Familie behielt 40 Prozent der stimmberechtigten Aktien. In den frühen siebziger Jahren begann die Stiftung mit dem Verkauf der Anteile; 1971 bis 1974 verkaufte sie ihre Aktien und erhielt dafür insgesamt 1,372 Milliarden Dollar.
    Aber Ruf und Einfluss der Ford Foundation haben nicht nur mit Geld zu tun. Die Ford Foundation änderte Vorgehensweise und Verständnis der Arbeit einer Stiftung, schreibt die amerikanische Juristin und Mitarbeiterin des konservativen Manhattan Institute , Heather Mac Donald. Als sich die Ford Foundation in den sechziger Jahren – also viele Jahre bevor es die Bertelsmann Stiftung gab – zu einem sogenannten » activist «-oder » socially conscious «-Vorgehen entschloss, wie Mac Donald dieses Verständnis nennt, habe sie eine weltweite Revolution im Stifterwesen ausgelöst:
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