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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
Autoren: Thomas Schuler
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Stiftungswesens 1997 und nach dem Regierungswechsel 1998 bedroht und infrage gestellt wurde, hat sie sich wie keine andere Stiftung in dieser Reformdebatte engagiert, indem Stiftungspersonal in vielen Expertenrunden darüber mitdiskutierte, wie eine solche Reform aussehen sollte, und viele Schriften zum Stiftungswesen herausbrachte. Am Ende stimmte die rot-grüne Bundesregierung, die von der Stiftung in zahlreichen Ministerien beraten wurde, nur jenen Reformideen zu, die der Bertelsmann Stiftung zuträglich waren.
    »Es ist uns egal, wer regiert«, sagte der Vorstandschef der Bertelsmann Stiftung, Gunter Thielen, im April 2008 der FAZ . Aber ist die Stiftung wirklich unabhängig von der Politik, die sie berät? Die Haltung hinter Thielens Worten könnte heißen: Die Stiftung ist politisch unabhängig. Das wäre gut so. Kritisch betrachtet kann die Aussage auch bedeuten: Die Stiftung steht über der Politik, im Sinne von Einfluss und Macht. Sie ist sich bewusst, dass sie in ihrer Position unangreifbar ist. Denn Politiker sind zu sehr mit sich selbst und ihren Machtkämpfen beschäftigt, als dass sie für Transparenz sorgen und den Einfluss der Stiftung dort begrenzen würden, wo es nötig wäre.
    Neben der politischen Einflussnahme muss auch die Frage gestellt werden, ob die Stiftung wirklich unabhängig vom Unternehmen agiert. So versuchte die Stiftung beispielsweise die deutsche Rundfunkpolitik und ihre Aufsicht zu reformieren. Das ist ein Interessenkonflikt, schließlich ist die Bertelsmann AG, an der sie 77 Prozent der Kapitalanteile hält, mit RTL der größte private Rundfunkveranstalter Europas. Ein ähnlicher Interessenkonflikt ergibt sich bei der Beratung von Kommunalpolitikern: Die Stiftung setzt sich für effizientere Verwaltungen ein und rät zu Outsourcing von Dienstleistungen – und das Unternehmen macht ein Geschäft daraus.
    Die Stiftung agiert zuweilen wie eine Unternehmensberatung für staatliche Einrichtungen: Ob Arbeitsweise, Kultur und Produktivität in Gemeinden, Finanzämtern, Hochschulen oder Krankenhäusern – Reinhard Mohn ließ alles messen. Einmal suchte er nach einer Messgröße, um den Erfolg von Partnerschaft und Ehen zu messen, weil gescheiterte Beziehungen und Scheidungen die Gesellschaft viel Geld kosteten. (Das Projekt einer halbwissenschaftlich agierenden Partneragentur wurde indes nie verwirklicht.) Im Alter entwickelte er großes Interesse an Religiösität und ließ ihre Kraft weltweit in einem sogenannten Religionsmonitor messen. Am liebsten würde er auch den Erfolg von Politikern messen lassen, sagte er einmal. Mohn wollte alles messen und den Menschen Vergleichsdaten zukommen lassen, nur eines ließ er außer Acht: die Effizienz seiner Stiftung und ihren Nutzen für die Allgemeinheit.
    Wie sehr ist die Bertelsmann Stiftung dem Allgemeinwohl verpflichtet? Immerhin agiert die Stiftung steuerfrei. Sind die Millionen an Ausgaben gerechtfertigt? Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) berichtete 2007, seit dem Amtsantritt von Liz Mohn breite sich eine »neue Großmannssucht aus« und ein Bankett für Politik und Gesellschaft jage das nächste, »bei zugleich schwindendem intellektuellen Ertrag«. Kongresse wie das Internationale Bertelsmann Forum kosten angeblich bis zu einer Million Euro; nebst Erster-Klasse-Flüge für ausländische Politiker, wie die FAS berichtete.
    Ist eine Stiftung, die die Politik beeinflusst, noch die Privatangelegenheit der Familie Mohn? Wohl kaum. Die Öffentlichkeit hat in Deutschland bei Stiftungen aber nichts zu sagen – im Unterschied zu den USA, beispielsweise. Stifter und ihre Mitarbeiter betonen gerne, dass ein Stifter wie Reinhard Mohn fast sein ganzes Vermögen der Allgemeinheit geschenkt hat. Das ist eine geschickte PR-Formulierung. In Wirklichkeit gehören Stiftungen sich selbst und die eigentliche Frage ist, wer sie kontrolliert. Im Falle der Bertelsmann Stiftung ist das nicht die Allgemeinheit, sondern die Familie Mohn. Die Öffentlichkeit stellt dieses System nicht lautstark genug infrage. Politiker sehen keinen Bedarf zu handeln.
    Transparenz ist der Stiftung wichtig. Sagt sie. Als sie 2002 ihr 25-jähriges Bestehen feierte, vergab sie ihren Carl Bertelsmann-Preis, der nach dem Gründer des gleichnamigen Medienunternehmens benannt ist, an Transparency International. Die Organisation sorge für Transparenz und bekämpfe dadurch erfolgreich Korruption, hieß es zur Begründung. Transparenz sei die Grundlage für Wettbewerb und
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