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Berliner Aufklaerung - Roman

Berliner Aufklaerung - Roman

Titel: Berliner Aufklaerung - Roman
Autoren: Thea Dorn
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wann nennst du dich denn Sommer?«
    Der Kaffee in Anjas Tasse war kalt geworden. »Seit vorgestern. — Habt ihr noch warmen Kaffee da?«
    Ulf brachte ihr die Kanne. »Was soll denn der Quatsch? Is’ das jetzt dein Undercover-Name?«
    Anja goß sich von der dampfenden tiefschwarzen Brühe ein. »Ja.«

    Mit einer beleidigten Geste warf sich Ulf das Spültuch über die Schulter und wandte sich wieder zum Abwasch. »Wenn du mir mal wieder nichts sagen willst, dann laß es halt. Aber okay finde ich das nicht von dir.«
    Eine Zeitlang war in der Küche nichts zu hören als Ulfs geschäftiges Tellerklappern und das gleichmäßige Brutzeln vom Herd. Peer stellte die Gasflamme kleiner. »Wie geht’s denn deinen privatdetektivischen Ermittlungen? Hast du dir Maier-Abendroth schon mal vorgenommen?«
    Anja war gerade dabei gewesen, den Duft der Ham and Eggs zu inhalieren. Sie hielt einen kurzen Moment die Luft an. »Ach? Ich denke, du hältst das alles nur für jämmerliche Sentimentalitäten.«
    »Na ja, neugierig bin ich natürlich schon, was hinter der Sache steckt.«
    »So, so.« Anja streckte ihre immer noch nackten Beine unter dem Küchentisch aus.
    Ulf hatte währenddessen begonnen, Besteck und frischgespülte Teller auf dem Tisch zu verteilen. »Anja, ich finde es total albern, daß du die große Geheimnisvolle spielst.«
    »Und ich finde es total albern, Klatschecke für sensationsgeile Homos zu spielen.«
    Ulf zog eine Schnute, und Peer brachte die schwere Pfanne auf den Tisch. Wenig später breitete sich einträchtiges Schmatzen über der Tafel aus. Anja mußte zugeben, daß die Speckeier mindestens so gut waren, wie der Fischeintopf gestern ekelhaft gerochen hatte. Peer unterbrach das Kauen. »Heißt das, du interessierst dich nicht mehr für die ganze Sache?«
    Anja biß in ein krosses Speckstück. »Maier-Abendroth
ist nachher fällig. Ich fahr’ zu seiner Wochenendresidenz in Lübbenau. Und jetzt ist Schluß mit der Nerverei.«
    Von Peers Gabel tropfte das Eigelb auf die Tischplatte. »Wie, Willi hat ’n Häuschen im Spreewald? Der alte Halunke, kauft sich ’n Ostschuppen, damit er ungestört seine Kerls vernaschen kann.«
    Anja beschloß, noch eine zweite Portion zu nehmen, schließlich mußte sie heute bei Kräften sein. »Ich glaube nicht, daß er da nur Kerls vernascht. Die Einladung an mich war ziemlich eindeutig. Und hättet ihr jetzt die Liebenswürdigkeit, die Schnauze zu halten und mich in Ruhe zu Ende frühstücken zu lassen?«
    Gekränkt hatte Ulf angefangen, seinen Teller abzulecken, eine Angewohnheit, die Anja zwar spültechnisch sinnvoll fand, unter ästhetischen Gesichtspunkten aber kategorisch ablehnte. »Ulf, könntest du es vielleicht auch unterlassen, den Teller abzulecken wie ein Hund?«
    Ulf ließ den Teller sinken, Eigelb hing an seiner Nasenspitze. Mit waidwundem Blick schaute er Anja an. »Ach Anja, erinner misch doch net an den armen Vico.«

DER ZWANGLOSE ZWANG DES BESSEREN ARGUMENTS
    Der Asphalt hatte schon lange aufgehört, und Hektor fuhr seit mehreren Kilometern über Kopfsteinpflaster. Anja folgte einem Holzpfeil mit der Aufschrift »Hier Spreewaldgurken«, indem sie nach rechts in einen Lehmweg bog. Links des Weges plätscherte ruhig ein Kanal, rechts reihten sich einstöckige Häuser im ländlichen Stil der Niederlausitz. Nach einigen hundert Metern wurde die Bebauung spärlicher, die Häuser ließen größere Abschnitte brachliegenden Landes frei. Das wütende Gekläffe eines Schäferhundes begleitete Hektor, bis Anja ihn neben einem weißen Citroën mit Berliner Kennzeichen parkte. An der Hauswand hinter dem Auto waren akribisch Holzscheite aufgeschichtet. Anja brauchte nicht auf die Hausnummer zu schauen, um zu wissen, daß sie Maier-Abendroths ostdeutsche Todtnauberg-Idylle erreicht hatte. Heidegger wäre sicher vor Neid erblaßt.
    Mit einem skeptischen Blick öffnete Anja die Fahrertür. Sie lobte sich für ihre Voraussicht, keine Pumps angezogen zu haben. Hektor würde allerdings morgen eine gründliche Wäsche brauchen. Sie versicherte sich, daß das Diktiergerät, das ihr jemand aus unerfindlichen Gründen zur Praxiseröffnung geschenkt hatte, in ihrer Handtasche war, und begann, um das Haus herum zum Eingang zu waten.
    Trotz des kühlen, nebligen Wetters stand Maier-Abendroth lediglich mit Pullover und Hose bekleidet
in der offenen Eingangstür, als Anja an den Holzscheiten vorbei um die linke vordere Ecke des Hauses bog. Noch bevor sie die Tür erreicht hatte,
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