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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition)
Autoren: Manuela Kuck
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sich
am Todestag und auch in den Tagen davor in der Nähe des jeweiligen Opfers
aufgehalten haben, um sich mit dem Alltag und den Routinen der Polizisten
vertraut zu machen. Wir werden mit einem besseren Foto von Ihnen Leute befragen
– Familienmitglieder, Freunde, Kollegen, Nachbarn. Irgendjemand wird Sie
erkennen, irgendeine Kamera wird Sie erfasst haben …«
    »Kamera? Was für eine Kamera?« Mohn schüttelte verwundert den Kopf,
aber ihr Blick war neugierig geworden.
    »Ansdorf war wenige Stunden vor seinem Tod in einem Supermarkt
einkaufen, Vogt hat sich in einem Baumarkt aufgehalten, um nur diese Beispiele
zu nennen – heutzutage sind da überall Kameras installiert«, fuhr Johanna fort.
»Ich glaube, dass Sie auch dort waren.«
    »Na und?«, erwiderte Mohn. »Selbst wenn es Ihnen gelänge, Leute zu
finden, die mich in der Nähe gesehen haben wollen, oder es existierten
Videoaufnahmen, die mich beim Einkaufen zeigen … Was beweist das schon?«
    Das ist die bemerkenswert nüchterne Gegenfrage eines Profis, dachte
Johanna. Sie ist für den Ernstfall gewappnet und im Vorfeld alle möglichen
Szenarien und die sich daraus ergebenden Fragen durchgegangen – sehr
wahrscheinlich mit Scheidner zusammen. Sie zeigt kaum Verunsicherung, schon gar
keine Angst, und sie behält einen klaren Kopf. Johanna hielt es für nahezu
ausgeschlossen, dass sie in Mohns Wohnung oder in der Tischlerei Hinweise
finden würden, die einen Zusammenhang mit den Verbrechen herstellten. Fehler
machte jeder, aber ein Staatsanwalt, der das perfekte Verbrechen plante, hatte
beste Chancen, damit durchzukommen, noch dazu mit einer Partnerin, in deren
Umfeld seit zwanzig Jahren regelmäßig Menschen zu Tode gekommen waren, ohne
dass sie bislang dafür verantwortlich gemacht werden konnte.
    Mohn lächelte in Johannas Gedanken hinein, als läse sie sie mit.
»Noch mal, Frau Kommissarin, warum sollte ich diese Menschen umgebracht
haben?«, fragte sie sanft.
    »Ganz einfach: Weil sie es Ihrer und Scheidners Ansicht nach
verdient hatten.«
    »Was reden Sie da?«, hielt Mohn dagegen, aber in ihren Augen blitzte
es plötzlich hell auf.
    »Sie haben Staatsanwalt Robert Scheidner im letzten Sommer
kennengelernt, als es um den Fall Bäumer ging«, erläuterte Johanna in beiläufigem
Ton, nachdem sie kurz in sich hineingehorcht hatte. »Ihr Kollege ist im
Schlachtensee ersoffen, was ganz gut zu seinem Alkoholpegel passte, aber
niemand hat großartig um ihn getrauert, besser gesagt: Die meisten wirkten
regelrecht erleichtert, dass es Bäumer erwischt hatte, was bei den damaligen
Ermittlungen überdeutlich wurde und zu erneuten Befragungen führte. Ein Motiv
konnte nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Sie haben Scheidner damals
sehr, sogar nachhaltig beeindruckt.«
    Mohn hob eine Braue. »Erzählen Sie ruhig weiter.«
    Johanna nickte, während Mareni das Kinn in die Hand stützte. »So
viel gibt es da allerdings von meiner Seite aus gar nicht mehr zu erzählen«,
fuhr sie fort. »Sie sind sich näher gekommen, als er in eigener Sache Kontakt
zu Ihnen aufnahm. Er war fasziniert von Ihnen, von der Namensgleichheit mit
seiner geliebten Frau, von Ihrer Biografie, Ihrer Ausstrahlung, von Ihren
Taten, die Sie nie in Schwierigkeiten brachten. Er hat offene Türen bei Ihnen
eingerannt, als er Ihnen darlegte, wie eindrücklich ihm klar geworden sei, dass
die scheußlichsten Verbrechen nicht gesühnt würden, wenn man die Dinge nicht
selbst in die Hand nähme, wenn man nicht bereit sei, ein Risiko einzugehen, um
Schlimmeres zu verhindern, Menschen zu schützen – junge Menschen, alte
Menschen, Schutzbedürftige. Das wissen Sie seit frühester Kindheit. Aber
vielleicht hat er Ihnen auch zusätzlich etwas versprochen … eine Gegenleistung
von seiner Seite für Ihr Engagement. So weit ist das alles ganz gut
nachvollziehbar, für mich zumindest. Aber verraten Sie mir bitte eines: warum
Badesalz?«
    »Wie bitte?« Mohn starrte sie perplex an.
    »Huhlmann ist von der Brücke gestürzt – das erinnert mich an den Tod
Ihres Großvaters, der vom Dach gefallen ist. Das ist zwar schrecklich, aber
wiederum auch nicht so spektakulär. Ein Sturz aus großer Höhe kommt sozusagen
in den besten Familien vor … Ach, wussten Sie eigentlich, dass Huhlmann
Höhenangst hatte? Sie haben die Frau im Angesicht des Todes mit ihrer größten
Furcht konfrontiert. Das klingt fast nach einer griechischen Tragödie,
zumindest nach einer perfiden Inszenierung.«
    Mohn schien beeindruckt,
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