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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition)
Autoren: Manuela Kuck
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»Können Sie deutlicher werden? Was
hat er getan?«
    Sie zwinkerte. »Nein, das kann ich nicht. Über Einzelheiten bin ich
nicht im Bilde. Schließlich war ich nicht dabei.«
    »Es wäre wichtig …«
    Sie schüttelte energisch den Kopf, und er brach sichtlich irritiert
ab.
    »Wenn Sie etwas wissen oder vermuten, was im Zusammenhang mit den
Geschehnissen stehen könnte, sind Sie verpflichtet, die Behörden darüber zu
unterrichten«, fuhr er nach kurzer Pause betont förmlich fort, aber seine
Stimme klang plötzlich seltsam matt. Der Widerspruch berührte sie.
    »Wie Sie schon bemerkten: Niemand hat ihn gemocht, und niemand wird
ihn vermissen«, entgegnete sie schließlich. »Solche Typen gibt es – alle sind
froh und die Welt atmet auf, wenn sie fort sind, weil sie nur Schaden
anrichten. Aber die wenigsten geben das zu, schon gar nicht, wenn die Polizei
nachfragt.«
    Sarah wagte ein winziges Lächeln. Es gab keine Anhaltspunkte für ein
Gewaltverbrechen, keinerlei Spuren einer Straftat, geschweige denn Zeugen,
sonst hätte die Polizei längst andere Geschütze aufgefahren. Es war nicht
auszuschließen, dass zwei, drei oder mehr Kollegen und Kolleginnen mitbekommen
hatten, wie Bäumer abseits ins Gebüsch getorkelt war, sich dort ausgekotzt und
dann hingelegt hatte, und die die Gefahr, dass er halb bewusstlos ins Wasser
rollen könnte, zwar registriert, aber schlichtweg ignoriert hatten. Sarah hielt
das sogar für sehr wahrscheinlich, und dass Staatsanwalt Scheidner diesen
Missklang nicht nur wahrnahm, sondern zu den wenigen Menschen gehörte, die
ihrem Gespür vertrauten und ihm nachgingen, beeindruckte sie.
    Sie gab seinen forschenden Blick unbeirrt zurück, und als er sie
wenige Minuten später verabschiedete, wusste sie, dass sie den Mann mit den
hellblauen traurigen Augen wiedersehen würde.

1
    Magdalena Grimich hatte vor einigen Tagen ihren Urlaub
angetreten, und Kommissarin Johanna Krass hoffte inständig, dass ihre
Vorgesetzte dem Bundeskriminalamt mindestens drei Wochen fernbleiben würde,
besser noch vier, und dass nichts Weltbewegendes geschah, das sie vorzeitig zum
Dienst zurückrief. Nach Johannas Ansicht müsste das mindestens ein
Terroranschlag sein oder die Neuerrichtung der Berliner Mauer – passend zum
kürzlich in epischer Breite begangenen fünfzigsten Jahrestag – oder
Vergleichbares. Aber Grimich würde garantiert nicht nach ihrer Meinung fragen.
    Seit die Autozündler wieder vermehrt ihr Unwesen trieben, fürchtete
Johanna nicht um ihren Wagen, sondern dass Grimich ihren Urlaub sausen ließe
und unvermutet vor der Tür stünde, um die Einsatzkräfte und den Staatsschutz
nach besten Kräften zu unterstützen und dem angeblich vorrangig jugendlichen
Terror kurz entschlossen ein Ende zu bereiten. Wer wollte schon Londoner
Verhältnisse? Noch dazu wenige Wochen vor den Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus.
    Obwohl die Zusammenarbeit in den letzten Jahren entspannter
verlaufen war, wozu Johannas erfolgreiche Arbeit als Sonderermittlerin in
Niedersachsen, genauer gesagt: in ihrer Geburtsstadt Wolfsburg und Umgebung,
beigetragen haben dürfte, vermisste niemand Grimich weniger als sie. Johanna
hielt jede Wette, dass es ihrer Chefin ähnlich ging und sie höchstens einen
Gedanken an ihre stets aus jedem Rahmen fallende Mitarbeiterin verschwendete,
um darüber nachzugrübeln, wann sie der Krass einen weiteren Einsatz außerhalb
der Hauptstadt aufdrücken konnte.
    Grimichs Urlaubsvertretung hatte ein junger smarter Typ übernommen,
der kaum die vierzig erreicht haben dürfte und dabei war, die Karriereleiter in
hektischem Tempo heraufzufallen, wie es im Hause hieß – von manchen skeptisch,
von vielen neidisch und einigen wenigen bewundernd angemerkt. Udo Samthof wies
bemerkenswerte äußerliche Ähnlichkeit mit dem »gutten« Karl-Theodor auf,
reagierte aber äußerst ungehalten auf entsprechende Bemerkungen und Witzeleien,
wie sich ebenfalls herumgesprochen hatte. Humor schien nicht sein zweiter
Vorname zu sein.
    Johanna nahm sich fest vor, der Zusammenarbeit mit Samthof keine
unnötigen Steine in den Weg zu legen, als sie sich nach einem Anruf seiner
Sekretärin am Montagmorgen ohne besondere Eile auf den Weg in sein Büro machte.
Sie war zwar dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und sich deshalb
im Laufe ihrer Karriere selbigen oft genug verbrannt zu haben, aber auch
Vorgesetzte bekamen zunächst einmal eine Chance bei ihr – Urlaubsvertretungen
von Grimich erst recht.
    Nach
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