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Berlin Gothic: Thriller

Berlin Gothic: Thriller

Titel: Berlin Gothic: Thriller
Autoren: Jonas Winner
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kroch auf allen Vieren zur Holztür des Schuppens. Vorsichtig schob er sie auf.
    Es war mitten in der Nacht. Vor ihm lag pechschwarz der Garten. Lautlos und geduckt schlich er zu der Hecke, die den hinteren Teil des Grundstücks abschirmte. Durch sie hindurch sah er die Lichter des Gartenhauses zu sich herüber blinken. Er huschte durch die Lücke in der Hecke hindurch und auf das Gartenhaus zu, immer bereit, die Flucht zu ergreifen, wenn er Bentheims Gestalt plötzlich auftauchen sehen sollte.
    Doch alles blieb ruhig.
    Till beschloss, sich flach auf den Boden zu legen, um dem Licht, das durch das geöffnete Fenster und die Glastür nach draußen drang, eine möglichst geringe Angriffsfläche zu bieten. Auf den Boden gedrückt robbte er weiter.
    „ … trage ich nur noch Hosen, Gürtel, Schuhe, mein Oberkörper aber ist entblößt … “
    Es war Bentheims Stimme. Gleichmäßig und leise, mal eindringlich, dann weich, voller Suggestion und Verheißung. Es bestand kein Zweifel: Die Stimme kam aus dem Gartenhaus.
    Getrieben von dem Wunsch, besser verstehen zu können, was sie sagte, kroch Till noch ein Stückchen weiter auf das Haus zu.
    „ … Ich wende mich um, den Kopf weiter Richtung Spiegel gerichtet, um meinen Rücken zu betrachten. Gleichzeitig spüre ich, wie meine Körpertemperatur um mehrere Grad fällt. Denn unter der Haut, die meinen Bauch und meine Brust überspannt, setzt sich mit atemberaubender Geschwindigkeit eine kleine Wellenbewegung fort. Erst denke ich, ich hätte mich getäuscht – aber da krabbelt schon erneut eine Welle über meinen Rücken hinweg.“
    Er liest sich was vor! Till wandte den Kopf zur Seite, um besser hören zu können. Er arbeitet an einem seiner Bücher …
    „Eine kleine Erhebung“, hörte er Bentheims Stimme weiter gehen, „nicht größer als eine Bohne - nicht größer als eine Maus. Da! Jetzt kreuzen sich zwei Wellen, die aus entgegengesetzten Richtungen über meinen Brustkorb wandern, als würden sich zwei Tierchen unter meiner Haut in rasender Geschwindigkeit über meinen Körper hinweg bewegen. Mein Blick schnellt in mein Gesicht. Ich habe die Zähne zusammengebissen, meine Wangenknochen treten hervor, die Lippen ziehen sich zurück und entblößen die Zähne. Stoßweise presse ich meinen Atem hervor, als würde ich eine gewaltige Last eine Treppe heraufschleppen müssen.“
    Millimeter für Millimeter hob Till den Kopf und spähte durch die Glastür in das erleuchtete Zimmer. Eines der Regale, die an den Wänden entlang gezogen waren, musste in das Zimmer hineingebaut worden sein, denn über den Rand des Regals hinweg war keine Wand zu erkennen, stattdessen aber die Zimmerdecke, die noch ein Stückchen tiefer in den Hintergrund ragte.
    Till krauchte etwas zur Seite, um einen besseren Blickwinkel zu bekommen. Stück für Stück tauchte der halbdunkle Raum hinter dem Regal in seinem Gesichtsfeld auf. Er war sich sicher, dass Bentheims Stimme von dort kam. Einen Moment lang verbarg der Mittelsteg der Glastür die Sicht in den Raum, dann glitt der Steg zur Seite - und Till konnte sehen, dass Bentheim auf einem Sessel hinter dem Regal saß. Er hatte sich über einen Stapel Seiten gebeugt, die er auf den Knien balancierte.
    „ … kneife die Augen zusammen, um die Krabbelbewegung unter meiner Haut besser sehen zu können. Aus dem einen Hügelchen sind inzwischen nicht nur zwei oder drei geworden, bei jedem Umkreisen meines Körpers scheint sich das Tierchen noch einmal zu teilen, schon schwärmen acht oder zehn Wellen über meinen Leib - und ich erkenne, dass nicht nur die mausgroßen Erhebungen in Bewegung sind, sondern neben, unter und zwischen ihnen noch zahlreiche kleinere, feinere Wellen entlangreiten, die mir zuerst entgangen sind. Ja, jetzt, wo meine Augen sich an die spärliche Beleuchtung des Zimmers gewöhnt haben, erkenne ich, dass meine Haut nicht etwa ruht und nur ab und zu von einer Wellenbewegung durchpflügt wird, sondern dass sie insgesamt , auch wenn sie straff gespannt ist, doch unablässig durchzogen wird, untergraben, unterlaufen, unterkrabbelt von einer ständig sich wandelnden, fließenden Bewegung, von Wellen in allen Größen, Frequenzen und Längen, angefangen von kinderfaustgroßen Erhebungen, bis hinunter zu einem Flirren, das mich an einen Ameisenhaufen erinnert - als hätte sich ein ganzer Ameisenstamm unter meine Haut geschoben, gefressen, gegraben. Ein Gewusel und Gekrabbel, das - wie ich mit wachsendem Entsetzen jetzt begreife - nicht
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