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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition)
Autoren: D B Blettenberg
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ließ, war ganz nach Rojanas Geschmack. Winzige, in Teig verpackte Köstlichkeiten von scharf bis süß, von Fisch bis Schwein. Genau das Richtige zum späten High Noon, weil sie das Herz nicht belasteten. Im pompösen Peking-Barock des Ming Palace war es kühl wie in einem Iglu. Die lackierten Holzflächen glänzten wie schwarzes Eis. Sie saßen einsam auf einer der höheren Ebenen über der verwaisten Bühne. Der Speisesaal war die Art Palast, die Rojana aus einer Szene seines Lieblingsvideos kannte. „Im Jahr des Drachen“ von Michael Cimino. Triaden-Gangs zersägen Dekoration und Gestühl mit giftigen Feuerstößen aus Minimaschinenpistolen, während eine Sängerin aus Schanghai ins Mikrofon lamentiert und die Mehrzahl der Gäste sich, in Tischtücher verheddert, zwischen Resten von Ente und Rind in den Teppichboden unter den Tischen duckt, teils wimmernd, teils kreischend. Aber das war Kino. James Yang war Realität. Essen und Geschäfte hatten sich in Ruhe und Gelassenheit zu entwickeln. Sir China-Cool und das Rundauge aus Puerto Rico. Zwei Männer in der majestätischen Weite asiatischer Innenarchitektur. Dazu zehn Bedienstete, die sich dezent im Hintergrund hielten. Rojana seufzte, leckte sich die Lippen und musterte den nächsten Happen.
    „Ich wurde in Bangkok geboren und pflegte mein Hakka noch in der Sonntagsschule“, sinnierte Yang. „Meine beiden Töchter und die beiden Söhne besuchten die chinesische Grundschule. Heutzutage geht da kaum noch jemand hin.“ Er kratzte sich mit dem überlangen Nagel seines kleinen Fingers am Ohrläppchen. „Aus Angst, später die Hochschule in Thai nicht zu schaffen.“
    Rojana wartete auf eine Wende des Gesprächs, hin zu spannenderen Themen – wie zum Beispiel Pornografie.
    Aber noch wollte James Yang die andächtige Stille des Lokals nicht entweihen. „Assimilierung und die Ausbeutung der Vorzüge und Fähigkeiten anderer Völker war seit jeher bewährte Thaipolitik“, philosophierte er weiter. „Schon General Chakri, dem Begründer der heutigen Dynastie, gelang es, mit Diplomatie und materiellen Zuwendungen, die damalige Chinesenkolonie davon zu überzeugen, sich etwas weiter südlich und östlich am Fluss anzusiedeln, nachdem er ihr eigentliches Terrain mit Hilfe der Astrologen zum Bauplatz für den königlichen Palast und die dazugehörige Tempelanlage auserkoren hatte. So entstand Sampeng ...“
    Rojana beherrschte sich. Er hatte mindestens so viel Thaiblut in den Adern wie Sir James und war ebenfalls in Bangkok zur Welt gekommen. Er kannte die Geschichte seines Landes und war kein Analphabet. Und was Chinatown war, wusste er auch. Lord Buddha war Zeuge.
    „Siam wusste schon immer, wozu Chinesen gut sind. Fleißige Arbeitskräfte, die Gewinn machen, den auch die Regierung abschöpfen kann. Es kamen damals viele von uns ins damalige Siam, und sie kamen ohne Frauen. So wurde der Teint der Einheimischen mit der Zeit heller.“ James Yang nippte vorsichtig am Tee. „Sino-Thai, das steht für Wohlstand, Tony.“
    Und weil meine Mutter sich einen Latino ausgesucht hat, bin ich leider nicht ganz so weiß geworden – das willst du mir doch sagen. Was erzählte ihm dieser Hai eigentlich? Was sollte das ganze Gesülze vom Fortschritt? Es war an der Zeit, Kontra zu geben. „Die chinesischen Brüder haben zwar damals ihre Schwestern zu Hause gelassen, aber dafür haben sie ihr Opium und die Kriminalität mitgebracht. Der Handel wurde von Geheimgesellschaften organisiert, deren Gangs sich bald richtige Kriege lieferten. Soviel ich weiß, hat König Nangklao in den guten alten Tagen bei einer Razzia in der Provinz mal an die dreitausend Gangster auf einen Schlag hochnehmen und hinrichten lassen. Er wollte das Übel sofort ausmerzen. Scheint ihm aber nicht ganz gelungen zu sein.“
    „Ich höre heraus, Sie wollen zum eigentlichen Anlass unseres Treffens kommen.“ Mit einer Geste ließ Yang die Bedienung wissen, die Tafel sei aufgehoben. „Lassen Sie uns das in meinem Büro besprechen.“
    „Gehört Ihnen der Laden hier?“
    „Leider nicht. Ich bin Juwelier.“
    „Juwelier?“
    „Ganz recht. Mein Hauptgeschäftszweig, wenn Sie so wollen, Tony. Ich besitze alleine in Bangkok zwei Dutzend Schmuckläden und bin im An- und Verkauf von Rohedelsteinen tätig. Meine Hauptgeschäftsräume liegen zwei Stockwerke tiefer. Der Weg sollte also nicht allzu unbequem für Sie werden.“
    Die Bedienung brachte die Reste der Mahlzeit in Plastiktüten verpackt und reichte sie
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