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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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hörten.
    In der Nacht zum zehnten Oktober erschoss die bekannte Fernsehregisseurin Tatjana B. einen Einbrecher in ihrer Villa in Grunewald mit der Pistole ihres Mannes. Wenig später erschien auch ihr Ehemann am Tatort. Stefan B. war überraschend früher von einer Reise zurück gekehrt. Tatjana B. wird von einem jungen Mann, der sich zur Tatzeit bei ihr befand, schwer belastet. Er sagte aus, sie hätte den Unbewaffneten ohne jede Vorwarnung mit mehreren Schüssen niedergestreckt.

Zeitbomben
    -ky
    Gennoch lag auf seiner fleckigen Matraze, hatte die Augen geschlossen und genoss schon seit Stunden die Filme, die in seinem Kopfkino liefen. Im ersten fuhr er auf einem geklauten Rennrad durch die noblen Straßen Dahlems, um den Arschlöchern, die hier wohnten, Handgranaten in die offenen Fenster zu werfen. Noch geiler aber fand er den zweiten, wo er ein Riese war, so groß, dass er aus der Dachrinne eines vierstöckigen Hauses trinken konnte, und in diesem Film zertrat und zermanschte er auf dem Kudamm und dem Platz vor der Gedächtniskirche die Menschen wie Ameisen. Im dritten flog er mit einem alten Rosinenbomber über Berlin hinweg und ließ eine Splitterbombe fallen, als sie über dem Reichstagsgebäude angekommen waren. Das Handy riss ihn aus seinen Tagträumen. Es war Oderso, einer seiner Kumpel. Ob er nicht mitkommen wolle
    Gennoch lachte. „Was denn, wieder Autos anzünden?“
    „Nee, nur ’n Bier trinken – oder so. Unten am Dörferblick.“
    Gennoch brauchte einen Augenblick, um sich zu erinnern, wo genau das lag. Ah, ja, das war der Trümmerberg unten in Rudow an der Stadtgrenze. „Und wie willste da hinkommen?“
    „Eena hat ’n Wagen. Besuffski – oder so.“
    „Jeklaut?“
    „Keene Ahnung. Ick gloobe aba, det is dem seine alte Schrottkarre – oder so.“
    Es wurde ein schöner Abend, doch als das Bier alle war, schaffte es Besuffski nicht mehr, seine Schrottkarre in Bewegung zu setzen. Was nun? Die einen beschlossen, im Wagen zu schlafen, die anderen wollten nach Hause laufen, wenigstens bis zum U-Bahnhof Rudow. Gennoch setzte sich an die Spitze der Truppe. Da sie den Gockelweg entlang marschierten, krähten sie alle und wetteiferten um das lauteste und echteste Kikekiriki. Dabei pinkelten sie den Leuten kräftig in die Vorgärten. Da Gennoch nicht musste, hatte er schnell einen kleinen Vorsprung gewonnen und sah, als er den Rhodeländerweg erreicht hatte, rechts von der Waßmannsdorfer Chaussee her einen BVG-Bus der Linie 271 um die Ecke biegen. Er schrie den anderen zu, dass sie sich beeilen sollten, denn der Bus würde zur U-Bahn fahren. Doch die hatten keine Lust, wie die Irren zu rennen, und so enterte Gennoch als Einziger der Bus und wollte am Fahrer vorbei zur Mitte des Fahrzeugs laufen. Dabei hielt er dem Kutscher einen alten und längst ungültigen Fahrschein hin
    „Heh!“ rief der Fahrer. „Kann ick den mal genauer sehen?“
    Gennoch stoppte. „Soll det heißen, det Sie mir nich trauen?“
    Der Fahrer, ein Typ wie Diego Maradona, ignorierte die Frage.
    „Ihren Fahrausweis bitte – oder zwei Euro zehn.“
    Gennoch hasste Diego Maradona. „Willste mir beleidigen, du Arsch!?“
    „Hier haben alle zu zahlen.“
    „Ooch die, die keen Jeld ham?“
    „Hier haben alle zu zahlen“, wiederholte der Fahrer mit gequältem Blick
    „Ick bin nich alle!“ schrie Gennoch. „Und dein scheiß Bus is doch sowieso halb leer.“
    Der Fahrer zeigte zur Tür. „Wenn Sie bitte wieder aussteigen wollen …“
    „Klar, ick steige aus, aba dir, dir werden se aus dei’m Scheißbus raustragen müssen! Jeder hat sein Hobby, und det hier, det is meins …“
    Schon hatte Gennoch ausgeholt und dem Fahrer einen rechten Aufwärtshaken verpasst, die Faust mitten ins Gesicht gesetzt.
    Ihm ging es so miserabel, dass seine Krankenkasse nicht anders gekonnt hatte, als seinem Antrag auf eine umfassende Therapie diesmal stattzugeben. Das war allemal billiger, als wenn er sich noch einmal vor die U-Bahn warf und dann ein halbes Jahr im Krankenhaus lag. Therapieplätze waren Mangelware in Berlin, doch sein Hausarzt hatte ihm schließlich einen Termin bei Arina Brühwein verschafft. Sie sei eine Koryphäe.
    Als sie ihm die Tür öffnete, konnte er nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken. Klar, wer so aussah wie sie, der konnte nicht anders, als ein Fach zu studieren, das es ihm ermöglichte, sich später selbst zu therapieren. Bei ihrem adipösen Körper hätte sie es mit jedem Sumo-Ringer aufnehmen können, und
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