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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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und tat geheimnisvoll. Geheimnisse mochte Claudia gar nicht. Dass er plötzlich beschwingt durch die Wohnung schritt, Hilfe anbot und sich nach dem Befinden ihrer Mutter erkundigte, wunderte sie ein wenig.
    „Ich war heute bei unserem Nachbarn. Ein wirklich ganz Netter. Der hat es auch nicht leicht. Arne hat alles verloren. Die Firma, sein Geld, einfach alles. Wirklich traurig. Ich habe selten einen Mann kennengelernt, der so sensibel mit Pflanzen umgehen kann. Ich möchte zu gerne wissen, was sein Geheimnis ist.“
    Senfleben schaute seine Frau verblüfft an. Er hatte fast einen Tag damit verbracht, den Vornamen und ein bisschen Hintergrundwissen zu ermitteln. Sie klingelte einmal an seiner Tür, und der Kerl erzählte ihr offensichtlich ohne Aufforderung sein ganzes Leben.
    „Ihr seid schon per du?“
    „Eifersüchtig?“, fragte sie amüsiert und winkte mit einer lässigen Bewegung ab. „Er ist verheiratet. Ich interessiere mich nur für seine Pflanzen. Stört dich das?“
    Es störte ihn. Ginge es nach ihr, müsste er, der guten Nachbarschaftsbeziehungen wegen, Brüderschaft mit ihm trinken. Noch nie hatte er sich mit einem Verdächtigen geduzt. Die Vorstellung, Müller auf der Treppe zu treffen und über gegenseitige Nachbarschaftshilfe zu feilschen, kam ihm irgendwie nicht richtig vor.
    „Ich verstehe nicht, warum gedeihen Arnes Pflanzen auf Blähton besser als unsere?“, fragte Claudia, ohne eine Antwort zu erwarten.
    Der nächste Morgen begann mit einigen amtlichen und privaten Telefonaten. Die amtlichen Nachfragen ergaben, dass sich das Ehepaar Müller polizeilich in Nürnberg abgemeldet hatte. Die Meldestelle im Bürgeramt Prenzlauer Berg bestätigte eine fristgemäße Anmeldung Müllers in der Dunckerstraße. Wichtiger noch, der Mietvertrag war nur auf ihn ausgestellt. Die privaten Telefonate erfolgten im Auftrag Claudias, die unbedingt in Erfahrung bringen wollte, welche Sorte Tonkügelchen Pflanzen zu derartigen Chlorophyllkonglomeraten anschwellen lassen konnten.
    Der Gärtner seines Vertrauens hieß Arnaud und betrieb das „Blumencafé“ auf der Schönhauser Allee. Wie immer meckerte er ein wenig vor sich hin, trat von einem auf das andere Bein, wackelte nachdenklich mit dem Kopf und erklärte dann, über eine blähtontechnische Neuentwicklung sei ihm nichts bekannt. Seit Jahren wurde das braune Granulat unverändert geliefert. Wahrscheinlich eine Frage der optimalen Zuführung von Dünger.
    Seine Einschätzung, ihr Dünger sei überlagert, nahm Claudia schweigend zur Kenntnis. Auf die ironische Frage, ob es Neues vom Nachbarn gebe, reagierte sie verschnupft und beendete das Telefonat.
    Den Nachmittag verbrachte er damit, Akten nicht identifizierter Frauenleichen zu sichten. Zu seinem Bedauern befand sich Sophie Müller nicht unter den Gefundenen. Kriminalhauptkommissar Günther Senfleben stärkte das nur in seiner Einschätzung, Müller habe seine Tat bis ins kleinste Detail geplant und durchgeführt. Quasi ein intelligenter Verbrecher. Über kurz oder lang blieb ihm nichts anderes übrig, als den Verdächtigen zu befragen. Als Grund würde er einen fingierten Brief schreiben, natürlich zu Händen Kriminalhauptkommissar Günther Senfleben. Alles andere ein Kinderspiel. Ein paar deutliche Worte, ein kleiner Bluff, das übliche das Gewissen erleichternde Zureden, und der Kerl würde in allen Einzelheiten gestehen.
    Der Urlaub begann erst in zwei Wochen. Es galt den Termin des Verhörs taktisch so zu legen, dass er unabkömmlich war. Claudia würde mit ihrer Mutter nach Mallorca fliegen müssen, wie immer. Zufrieden lehnte er sich auf seinem abgesessenen Bürostuhl zurück und malte sich aus, wie er die ehefreien Tage gestalten würde.
    Einen Abend bei Konnopke Currywurst essen und danach im Prater Biergarten ein Pils kippen. Das Wochenende gehört der Bundesliga, natürlich bei Tante Käthe. Und am Donnerstag würde er im Freiraum die Krimilesebühne „Wortmotive“ crashen. Die genervten Blicke der Krimiautoren und ihrer Gäste würde er genießen. Unwissende, weltfremde Schreiberlinge. Alles Dilettanten. Mit einem glücklichen Lächeln wartete Günther Senfleben auf den Dienstschluss.
    Die Idee Claudias, ihre Pflanzen mindestens genauso gut gedeihen zu lassen wie die des Nachbarn, bekam am Abend eine neue bedrohliche Dimension.
    „Du wirst doch mal deiner Frau zuliebe diese Probe untersuchen lassen. Ich habe gesehen, wie er eine Prise davon in die Gießkanne getan hat. Du magst doch auch
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