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Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt

Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt

Titel: Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt
Autoren: Frederick Kempe
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US-Spionageflugzeugs ohne Gegenleistungen freigelassen hat. Von diesem Moment an wird die Handlung von den Missverständnissen und den gegenseitigen Winkelzügen der beiden Staatsführer vorangetrieben. Gleichzeitig arbeitet Ulbricht hinter den Kulissen daran, Chruschtschow zu einem harten Durchgreifen in Berlin zu bewegen, während Adenauer versucht, ein Arbeitsverhältnis mit einem neuen US-Präsidenten aufzubauen, dem er zutiefst misstraut.
    In Teil II, »Der Sturm zieht auf«, leidet Kennedy immer noch unter der gescheiterten amerikanischen Invasion in der Schweinebucht, die den Versuch, Fidel Castro zu stürzen, vereitelte, und sieht nun eine Gelegenheit, seinen angeschlagenen außenpolitischen Ruf durch Aufrüstungsmaßnahmen und ein Gipfeltreffen mit Chruschtschow zu kitten. Die stark gestiegene Flüchtlingswelle aus Ostdeutschland verschärft Ulbrichts Krise, der daraufhin seine Pläne vorantreibt, die Berliner Grenze endgültig zu schließen. In seiner typischen sprunghaften Art hört Chruschtschow auf, um Kennedy zu werben, und versucht beim Wiener Gipfeltreffen dessen Stellung zu untergraben, indem er ihm ein neues, in bedrohlichem Ton abgefasstes Berlin-Ultimatum unterbreitet und sich in vorgetäuschtem Mitgefühl über die offensichtliche Schwäche seines Gegners lustig macht. Kennedy ist über seinen schwachen Auftritt in Wien selbst bestürzt und versucht ab jetzt mit allen Mitteln zu verhindern, dass Chruschtschow die gesamte Welt in Gefahr bringt, weil er die amerikanische Entschlossenheit unterschätzt.
    »Der Showdown«, Teil III des Buches, dokumentiert und beschreibt das Zaudern und Schwanken in Washington und die Entscheidungen in Moskau, die zu der nächtlichen Grenzschließung vom 13. August und ihren dramatischen Folgen führten. Persönlich ist Kennedy sogar über die sowjetische Nacht-und-Nebel-Aktion erleichtert, weil er hofft, dass die Sowjets nach der Lösung des ostdeutschen Flüchtlingsproblems einfachere Partner sein werden. Er begreift jedoch bald, dass er den möglichen Nutzen der Berliner Mauer überschätzt hat. Dutzende Berliner unternehmen verzweifelte Fluchtversuche, von denen einige tödlich enden. Auf internationaler Ebene verschärft sich die Krise, als Washington darüber diskutiert, wie man einen Atomkrieg erfolgreich führen und gewinnen könnte, Moskau seine Panzer auffahren lässt und die ganze Welt den Atem anhält, wie sie es ein Jahr später erneut tun würde, als die Nachwirkungen der Berliner Ereignisse von 1961 zur Kuba-Krise führen.

    In diese übergreifende Erzählung werden immer wieder kurze Geschichten von »kleinen« Berlinern eingestreut, die durch ihre ungewollte Rolle in einem entscheidenden Moment des Kalten Kriegs gebeutelt wurden: die Überlebende zahlreicher Vergewaltigungen durch Sowjetsoldaten, die einem Volk ihre Geschichte zu erzählen versucht, das nur noch vergessen möchte; der Bauer, den sein Widerstand gegen die Zwangskollektivierung ins Gefängnis bringt; die Ingenieurin, die in den Westen flieht und kurz darauf bei einem Schönheitswettbewerb in Miami zur Miss Universum gewählt wird; der ostdeutsche Soldat, dessen Sprung über Stacheldrahtrollen in die Freiheit, bei dem er auch noch sein Gewehr wegwirft, fotografiert wird und danach als eine Art Freiheitsikone um die ganze Welt geht; der Schneider, der als erstes Opfer des DDR-Schießbefehls getötet wird, während er in die Freiheit zu schwimmen versucht.
    Anfang 1961 war es ebenso unvorstellbar, dass ein politisches System eine Mauer errichten würde, um sein eigenes Volk einzusperren, wie es achtundzwanzig Jahre später ausgeschlossen zu sein schien, dass dieses Sperrwerk friedlich und scheinbar über Nacht fallen könnte. Nur indem man in das Jahr des Mauerbaus zurückkehrt und die damaligen Kräfte und Personen neu untersucht, kann man wirklich verstehen, was damals geschah, und den Versuch unternehmen, einige der großen, ungelösten Fragen der Geschichte zu beantworten.
    Sollte man historisch die Errichtung der Berliner Mauer als positives Ergebnis von Kennedys unbeirrter Führungskraft und als erfolgreiches Mittel zur Vermeidung eines Kriegs verstehen, oder war die Mauer das unglückliche Ergebnis seines fehlenden Rückgrats? Wurde Kennedy von der Schließung der Ost-West-Grenze in Berlin überrascht, oder sah er sie voraus und wünschte sie vielleicht sogar herbei, weil er glaubte, sie würde die Spannungen entschärfen, die zu einem Atomkrieg hätten führen können? Waren
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