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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden
Autoren: Jeffrey Archer
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sind sie!«, rief er und deutete nach oben.
    Georges Herz machte einen Satz, als er die beiden erblickte, obgleich sie zwei alten Soldaten ähnelten, die von einem Schlachtfeld humpelten. Norton, der Größere der beiden, hatte einen Arm auf Somervells Schultern gelegt, mit der anderen bedeckte er seine Augen.
    So schnell er konnte, lief George den Hang hinauf zu ihnen, mit Irvine nur wenige Schritte hinter sich. Beide legten Somervell je einen Arm um die Schultern und trugen ihn beinahe zurück über die Ziellinie. Norton legte den Arm auf Odells Schulter, die andere Hand hielt er weiterhin vor die Augen.
    Mallory und Irvine führten Somervell in ein Zelt, wo sie ihn vorsichtig auf den Boden legten und in eine Decke hüllten. Norton folgte kurz darauf und fiel sofort auf die Knie. Bullock hatte bereits zwei Becher mit lauwarmer Kraftbrühe vorbereitet. Einen davon reichte er Somervell, während Norton sich zu einer Matratze vortastete und sich flach auf den Rücken legte. Niemand sprach ein Wort, während sie darauf warteten, dass die beiden Männer wieder zu Kräften kamen.
    George öffnete Somervells Schnürsenkel und zog ihm vorsichtig die Stiefel aus. Anschließend begann er, seine Füße zu reiben, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen. Bullock hielt Norton einen Becher Brühe an die Lippen, doch dieser war nicht in der Lage, auch nur daran zu nippen. George hatte Geduld nie für eine Tugend gehalten, trotzdem schaffte er es irgendwie, nichts zu sagen, obwohl er unbedingt wissen wollte, ob einer der beiden es bis zum Gipfel geschafft hatte.
    Zu jedermanns Überraschung war es Somervell, der zuerst sprach. »Lange, bevor wir die zweite Stufe erreichten«, begann er, »beschlossen wir, sie nicht zu überklettern, sondern sie im Gelben Band zu umgehen. Eine längere Route, aber sicherer«, fügte er zwischen zwei Atemzügen hinzu. »Wir querten die Nordwand, bis wir an eine gewaltige Felsenschlucht kamen. Ich dachte, dass wir, wenn wir sie durchqueren könnten, einen Weg zur Gipfelpyramide finden würden, wo die Steigung nicht so steil sein würde. Wir kamen langsam voran, aber ich glaubte trotzdem, wir hätten genug Zeit, es bis nach oben zu schaffen.«
    Aber habt ihr es geschafft? , wollte George fragen, als Somervell sich aufsetzte und ein weiteres Mal an der inzwischen erkalteten Brühe nippte.
    »Auf 8351 Metern begann meine Kehle wieder Ärger zu machen. Ich fing an, Schleim zu husten, und als Norton mir mit aller Kraft, die er aufbrachte, auf den Rücken klopfte, spuckte ich meinen halben Kehlkopf aus. Ich versuchte, mich weiterzukämpfen, aber auf 8534 Meter konnte ich keinen Fuß mehr vor den anderen setzen. Ich musste eine Pause machen und ausruhen, aber ich konnte den Gipfel über mir sehen, also bestand ich darauf, dass Norton weiterging. Ich saß da und sah zu, wie er dem Gipfel entgegenstieg, bis er nicht mehr zu sehen war.«
    George drehte sich zu Norton um und fragte ruhig: »Haben Sie es geschafft?«
    »Nein«, sagte Norton. »Denn als ich anhielt, um auszuruhen, machte ich den klassischen Fehler.«
    »Sagen Sie nicht, Sie hätten Ihre Schneebrille abgenommen!«, rief George ungläubig.
    »Wie oft haben Sie uns gewarnt, genau das niemals zu tun, unter gar keinen Umständen?«, sagte Norton und nahm den Arm fort, mit denen er die Augen bedeckt hatte. »Als ich die Brille wieder aufsetzte, waren meine Augenlider beinahe zusammengefroren, und ich konnte kaum einen Schritt weit sehen. Ich rief laut, um Somervell zu alarmieren, und er jodelte, um mich wissen zu lassen, wo er war. Langsam machte ich mich auf den Weg zurück nach unten zu ihm.«
    »Ein schöner Verein!«, sagte Somervell und versuchte ein Lächeln. »Mit Hilfe meiner Fackel schafften wir es nach unten, wenn auch ziemlich langsam.«
    »Gott sei Dank war Somervell da«, sagte Norton, während Odell ihm ein Taschentuch, das er vorher in warmes Wasser getaucht hatte, über die Augen legte.
    Es dauerte eine ganze Weile, ehe einer der Männer erneut sprach. Norton holte tief Luft. »Ich glaube, es gibt kaum ein besseres Beispiel für den Lahmen, der den Blinden führt.«
    Dieses Mal lachte George. »Wie hoch sind Sie gekommen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Norton und reichte Mallory seinen Höhenmesser.
    George betrachtete die Anzeige einen Moment, ehe er verkündete: »8572 Meter. Herzlichen Glückwunsch, altes Haus.«
    »Weil ich die letzten 256 Meter nicht geschafft habe?«, sagte Norton und klang bitter enttäuscht.
    »Nein. Weil
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