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Bereue - Psychothriller (German Edition)

Bereue - Psychothriller (German Edition)

Titel: Bereue - Psychothriller (German Edition)
Autoren: Lisa Fink
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denken, dass er im Fernsehen gesehen hatte. Der Inhaber hatte ihn als Nachfolger vorgesehen gehabt. Davon würde er sich nach Bens Forderungen endgültig verabschieden. Vielleicht würde er sogar sein Angebot, ihn wieder einzustellen, zurückziehen.
    Die Hände wie zum Gebet gefaltet beugte sich Rikowski vor. “Ihr Leben hat sich drastisch verändert. Das ist mir klar. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen. Arbeiten Sie, solange und soviel Sie sich selbst zumuten. Ich vertraue Ihnen. Alles andere wird die Zeit bringen.”
    Aufatmend lehnte sich Ben zurück. Die Zeit war jetzt das, was für ihn arbeitete. Sie musste vergehen. Musste die Erinnerungen verblassen lassen und die Normalität zurückbringen.
    Er stand auf und reichte Rikowski die Hand. “Ich melde mich Ende nächster Woche.”
    In einer Stunde musste er Annelies Eltern vom Flughafen abholen. Möglicherweise gab es etwas Neues über ihren Zustand, ihren Eltern würde man Genaueres sagen.
     
    Ungeduldig trat er von einem Fuß auf den anderen, musterte den Strom der Passagiere, die den Sicherheitsbereich verließen. Zahllose braun gebrannte Touristen in kurzen Hosen oder Sommerkleidern. Dann erkannte er Annelies Mutter. Sie sah fast genauso aus wie damals, nur war ihr ehemals schwarzes Haar nun grau, und ihre Augen strahlten nicht. Der schlanke große Mann neben ihr, der einen Schalenkoffer hinter sich herzog, musste Annelies Vater sein. Auch er mochte einmal schwarze Haare gehabt haben. Im Gegensatz zu seiner Frau war seine Haut fast so hell wie Annelies, trotz der vielen Jahre im sonnigen Süden.
    Der Blick der Mutter huschte umher, glitt über ihn hinweg und ruckte zurück. Ein schwacher Glanz leuchtete auf, der Anflug eines bitteren Lächelns. Gerne hätte er sie unter anderen Umständen wiedergesehen.
    Sie tippte ihrem Mann auf den Arm und deutete auf Ben. Nun blickte ihm auch Annelies Vater entgegen. Die beiden quetschten sich zu ihm durch.
    “Herr Biller, Sie sind so erwachsen geworden”, begrüßte ihn die Frau. 
    Er vermisste das ‚Du‘, aber er sagte nichts. “Frau Winterberg. Sie haben sich kaum verändert.”
    Sie lachte auf. Dabei warf sie ihre Haare zurück wie Annelie. “Immer noch der alte Charmeur.” Sie wurde sofort wieder ernst. “Das ist mein Mann Hans, Annelies Vater.”
    Der Mann nickte ihm zu. “Was ist denn mit Ihrem Gesicht geschehen, waren Sie bei dem Unfall dabei?”
    Ben schüttelte den Kopf. “Ich wurde verprügelt.” Er nahm ihm den Koffer ab und führte sie zum Wagen, der im Halteverbot stand. Den Strafzettel stopfte er in die Hosentasche.
    Sie schwiegen, bis sie die Flughafentangente erreicht hatten. Ben wartete, dass sie fragten. Er schaffte es nicht, von sich aus zu erzählen, was passiert war.
    Endlich fragte Annelies Mutter. “Was ist mit unserem Kind geschehen?” Ihre Stimme klang so dünn wie die eines kleinen Mädchens.
    Und er redete. Die Worte flossen wie eine Beichte aus ihm heraus. Nicht ein Mal unterbrachen sie ihn. Im Rückspiegel sah er die Erschütterung auf ihren Gesichtern. Blass waren sie geworden. “Ich weiß nicht, wie es ihr geht. Der Arzt sagt mir nichts, weil ich kein Angehöriger bin.”
    Frau Winterberg presste sich ein Taschentuch auf die Augen und schniefte leise. “Mein armes Kind. Sie ist doch so zart.”
    Ihr Mann nahm sie in den Arm und küsste sie auf den Scheitel. “Aber sie ist stark. Das war sie schon immer. Sie wird es schaffen.”
    Ben spürte seine eigenen Tränen in den Augenwinkeln. Schnell wischte er sie weg. Es stand ihm nicht zu. “Es tut mir so leid. Es ist alles meine Schuld.”
    Annelies Mutter funkelte ihn im Rückspiegel an. “Unsinn. Was reden Sie da. Es ist die Schuld dieses Verrückten. Er hat ihr das angetan.”
    “Ich habe viel falsch gemacht. Damals schon und jetzt auch wieder.” Er wechselte die Spur und überholte einen Sonntagsfahrer mit Hut und Wackeldackel. “Es ist wichtig, Dinge in Ordnung zu bringen. Ich weiß nur nicht wie. Ich weiß einfach nicht wie.” Seine Stimme brach. Selbst wenn Annelie wieder ganz gesund würde, das was er getan hatte, würde zwischen ihnen stehen. Sie waren keine unschuldigen Kinder mehr.
    “Sie mögen sie immer noch, nicht wahr?”
    Er nickte stumm. Die zwei Fahrspuren verschwammen vor seinen Augen. Schniefend wischte er die Tränen weg.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. “Geben Sie ihr Zeit.”
     
    Am Empfang des Krankenhauses schickte man sie zur Intensivstation. Dr. Neumüller erwartete sie.
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