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BENUTZT: Psychothriller

BENUTZT: Psychothriller

Titel: BENUTZT: Psychothriller
Autoren: Mark Franley
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was jetzt?« Seine eigene Stimme erinnerte ihn an einen Mann, den er einmal kennengelernt hatte. Diesem Mann hatte der Krebs den Kehlkopf zerfressen, und man hatte ihm eine künstliche Stimme in den Hals gepflanzt.
Sekunden vergingen, ohne dass er eine Antwort bekam. Leon tat so, als würde er sich umsehen und fragte erneut: »Was jetzt, du Arschloch?« Seine Stimme schnappte gemeinsam mit seiner misshandelten Psyche über: »War das etwa schon alles? Du hast vergessen, mir auch noch mein Leben zu nehmen!« Leon versuchte künstlich zu lachen, aber die Schmerzen in seinem Brustkorb nahmen ihm jede Luft. »Na gut … «, presste er heraus und machte zwei wacklige Schritte nach vorne, » … dann gehe ich jetzt mal wieder. War schön mit Ihnen.« Früher war er für solche ironischen Sprüche bekannt, jetzt zeigten sie nur die Nähe zum Wahnsinn auf.
Zu einem weiteren Schritt kam er nicht, jemand packte ihn am Arm und zog ihn in eine andere Richtung. Entgegen seiner Erwartung wurde ihm kein weiterer Schmerz mehr angetan, stattdessen wurde er fast schon sanft geleitet. Wenn sein Orientierungssinn stimmte, hatte man ihn umgedreht und führte ihn jetzt an dem Fahrzeug vorbei. Immer wieder streiften niedere Gewächse dort über sein offenes Fleisch, wo es vorher durch die jetzt zerrissene Hose geschützt war. Aber offenbar produzierte sein Körper immer noch genug Adrenalin, um auch diese Schmerzen zu unterdrücken. Schritt für Schritt humpelte er weiter, bis irgendwann der Griff gelockert wurde, und sich die führende Hand zurückzog.
»Und jetzt?«, krächzte Leon zweifelnd und blieb unschlüssig stehen. Plötzlich kam ihm der tröstliche Gedanke, dass es eigentlich ein gutes Zeichen war, wenn der Irre nicht mit ihm sprach. Bis jetzt konnte er keinerlei Hinweise darauf geben, wo er gewesen war, oder wer sein Entführer gewesen ist. In Filmen war dies immer eine Art Lebensversicherung für die Opfer. Leon beschloss nicht mehr zu fragen, sondern einfach weiter zu laufen. Erneut packten ihn die Hände, und er zuckte zusammen. Doch statt ihm etwas anzutun, wurde er in eine bestimmte Richtung gedreht und bekam dann einen leichten Schubs. Leon glaubte zu verstehen und stolperte hinkend los. Der Untergrund wechselte von weichem Waldboden zu grobem Schotter, was es ihm einfacher machte auf dem Weg zu bleiben. Der eisige Wind zog durch die Risse seiner Hose und zerrte an dem dünnen Businesshemd, aber das war egal. Noch vor Kurzem hatte er gedacht, nie mehr frische Luft atmen zu dürfen. Er erinnerte sich an die dumpfe Stille in den Räumen aus nacktem Stein. Dagegen erschien es ihm hier, als würde die Natur ihn regelrecht anschreien. Da waren Vögel, die in unregelmäßigen Abständen auf sich aufmerksam machten, der Wind, der zusammen mit den Baumwipfeln ein Lied sang, und das Rascheln kleiner Tiere im Unterholz.
Schritt für Schritt ging Leon weiter. Manchmal wurde er zu mutig und beschleunigte seinen Gang, was fast immer dazu führte, dass sich das Geräusch des Schotters unter seinen Schuhen in matschiges Schlürfen verwandelte, und er seine Richtung korrigieren musste. Nur einmal wagte er es stehen zu bleiben, um in den Wald zu lauschen, aber nichts deutete darauf hin, dass der Irre noch in der Nähe war. Auch an der undurchdringlichen Schwärze hatte sich noch nichts geändert; offensichtlich war die Sonne noch nicht aufgegangen.
Nach weiteren geschätzten fünf Minuten glaubte er für einen Augenblick ein Licht gesehen zu haben, und es keimte die Hoffnung in ihm auf, dass ihn sein Entführer auf die Zufahrt eines Anwesens gestellte hatte. Sein schmerzender Körper brauchte dringend Hilfe, das musste auch diesem Irren klar sein! Doch der Lichtpunkt war so schnell verschwunden, wie er gekommen war, und Leon stolperte weiter.
Langsam verwandelte sich die Wirkung der kalten Luft von belebend zu kräftezehrend. Leon versuchte die Arme um sich zu schlingen, hatte aber zu viel Angst irgendwo dagegen zu laufen, also hielt er sie wieder nach vorne gestreckt. Ohne dass er es unterbinden konnte, klapperten seine Zähne aufeinander, und auch seine Füße wurden langsam immer tauber. Aber egal! Er lebte, und das war das Wichtigste. Irgendwie würde er das jetzt auch noch durchstehen und sicher auch bald auf Menschen treffen, die ihm helfen konnten!
Als hätte er diesen Gedanken laut ausgesprochen, stießen seine Schuhe gegen eine Kante auf dem Boden. Er wusste, dass es ihm Schmerzen bereiten würde, trotzdem ließ er sich hinunter.
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