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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
Autoren: Ann Benson
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und mit der Gabe des Buches zu erfreuen. Sein Zorn verrauchte.
    »Nun gut. Was geschehen ist, ist geschehen«, meinte er resigniert. »Jetzt muß ich mir überlegen, wie ich antworte.«
    Kate warf die Decke ab und stand von ihrem Lager auf. Sie zitterte in ihrem dünnen Hemd. Im Dunkeln fand sie ihr Umschlagtuch und legte es sich eng um die Schultern. »Warum überhaupt etwas tun?« flüsterte sie. »Warum ihn nicht einfach ignorieren – die Tür ist stark genug. Schließlich wird er aufgeben und weggehen.«
    Wieder ertönte ein Klopfen, noch dringlicher. Sie lehnten sich ganz eng zusammen.
    »Wo soll er denn hin, wenn er verfolgt wird?«
    »Dann müssen wir ihm öffnen und ihn abweisen!« antwortete sie kaum hörbar.
    »Und wenn er nicht so leicht abzuschrecken ist?«
    »Ich werde ihm mitteilen, daß ich nicht helfen kann. Sicherlich wird er nicht endlos darauf beharren.«
    Das Klopfen wurde noch lauter, die Stimme flehte dringend.
    »Hebamme – ich bitte Euch, öffnet mir! Ich will Euch nichts antun … es geht um Euer Erbarmen!«
    »Einen Moment, Herr!« rief Kate zurück. Nachdem sie sich dergestalt bemerkbar gemacht hatte, gab es keine Möglichkeit mehr für irgendwelche Täuschungen.
    Sie ignorierte den erstaunten Ausdruck auf Alejandros Miene.
    »Er spricht wie ein gebildeter Mann, kann also kein Rohling sein.«
    »Das ist keine Garantie dafür, daß er uns keinen Schaden zufügen wird – oder uns verraten. Ein Bauer weiß wahrscheinlich nicht, daß wir gesucht werden. Aber ein gebildeter Mann könnte es wissen.«
    Sie sprachen hastig und voller Panik. »Aber warum dann diese List – warum uns nicht einfach ergreifen ohne lange Umstände?«
    Eine Verletzung – Arbeit für seine Hände! Gegen sein besseres Wissen stiegen alle heilenden Instinkte des Arztes in Alejandro auf.
    In letzter Zeit schienen seine Hände vor Sehnsucht nach dem Werk des Heilens häufig zu zittern. Und es bestand durchaus die Möglichkeit, daß der Mann wirklich Hilfe brauchte.
    Bei diesem Gedanken begann Alejandros Herz beinahe zu singen.
    Er nickte in Richtung Tür und flüsterte: »Möge Gott geben, daß wir dies nicht bereuen werden.«
    Weiteres Klopfen, erneut der flehende Ruf: » Hebamme! «
    »Legt Euch auf Euer Lager, Père « , drängte Kate, »und zeigt Euch nicht gleich. Laßt mich der Sache nachgehen.«
    »Ich kann nicht zulassen, daß du diesem Mann allein gegenübertrittst …«
    »Seid ruhig, ich bitte Euch inständig! Er rechnet mit einer Hebamme, und wir werden ihm eine solche präsentieren. Tut so, als wärt Ihr krank – wenn ich Eure Hilfe oder Euren Rat brauche, werde ich sagen, daß ich nach Euch sehen muß. Dann knie ich mich neben Euch nieder, und wir können miteinander flüstern, ohne daß er uns versteht.«
    »Nun gut«, antwortete er leise. »Seit wann bist du so tapfer und schlau?« Er drückte sie für ein paar Augenblicke an sich, spürte ihre kostbare Wärme und sehnte sich schmerzlich nach dem kleinen Mädchen von einst. »Möge Gott uns beschützen.« Widerstrebend ging er zu seinem Bett.

    Was sie im flackernden Licht der erhobenen Kerze anstarrte, war nicht der Teufel, den sie erwartet hatte, sondern das erschöpfte Gesicht eines Mannes, den sie noch nie gesehen hatte, weder in dem nahen Dorf Meaux noch bei ihren letzten Touren nördlich von Paris. Kate war sicher, daß sie sich an so auffallende Züge erinnert hätte – aber es handelte sich um einen Unbekannten.
    Die Silhouette des überraschenden Besuchers füllte den Türrahmen, und sie konnte sein Bedürfnis einzutreten spüren; aber standhaft versperrte sie ihm mit wundersamem Mut den Weg. Ein Blick im Kerzenschein sagte ihr, daß der Mann jünger war als Père, aber älter als sie selbst. Er besaß intelligente, wachsame Augen und eine hohe Stirn. Und obwohl seine Kleidung nicht ärmlich wirkte, war sie unordentlich und schmutzig, ebenso wie sein Haar. Das mußte ein Handgemenge bewirkt haben.
    Sie erwiderte seinen unnachgiebigen Blick ebenso entschlossen.
    »Herr, der Apotheker hat meine Fähigkeiten übertrieben, und ich kann nicht …«
    Aber er ließ sich nicht abweisen und stieß sie beiseite. Auf der Trage zwischen zwei Stangen, die er über die Schwelle zerrte, lagen zwei Gestalten – eine schwere Bürde selbst für einen Herkules.
    »Helft mir mit diesen Verwundeten!« befahl er.
    Sie ignorierte seine Forderung und ließ ihn nicht aus den Augen, als er sich über seine Gefährten beugte, von denen einer zu stöhnen und sich zu
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