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Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte

Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte

Titel: Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte
Autoren: Rainer Wekwerth
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die Finger zerquetschte. „Also eigentlich suche ich einen Jungen. Ben Rootkin. Ist der da?“
    „Was möchten Sie denn von ihm?“, fragte Father Duncan misstrauisch und bereitete sich innerlich auf neue Schwierigkeiten vor.
    „Tja, ich denke mal, Ihnen kann ich es sagen, es soll eine Überraschung sein.“
    „Überraschung?“, wiederholte der Priester verständnislos und erntete dafür einen seltsamen Blick von Mr.Weern.
    „Ich bin der Kohlenhändler, für den der Junge die letzten Tage gearbeitet hat, und ich bin so zufrieden mit Ben, dass ich ihm eine Lehrstelle anbieten möchte. Eigentlich wollte ich es ihm kurz vor Feierabend sagen, praktisch so eine Art Weihnachtsgeschenk von mir, aber er ist heute Morgen nicht erschienen, und deswegen bin ich hier. Er ist doch nicht krank oder so?“
    „Nein, nein!“, stammelte der Geistliche hilflos. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken. Langsam fügte sich alles zusammen. Ben hatte Mr.Weern gestern Abend bei ihrem Gespräch erwähnt, und nun dämmerte es Father Duncan, dass dem Jungen vielleicht Unrecht getan worden war. Obwohl Ben behauptet hatte, er hätte die Lebensmittel, die er bei Mrs.Goodman mitgenommen hatte, bezahlt, blieb die Frage, wie der Betrag auf die Rechnung des Waisenhauses gelangt war. Er schob diese Überlegung beiseite und wandte sich wieder an den Kohlenhändler.
    „Bitte kommen Sie mit mir. Ich glaube, da gibt es jemanden, der sich freuen wird, Sie zu sehen!“
    „Das will ich meinen!“, brummte Mr.Weern und stapfte hinter dem Priester durch den frischgefallenen Schnee.
     
    Father Duncan, Mr.Weern und der vollkommen überraschte Ben hatten das Büro des Geistlichen gerade erst betreten, als hinter ihnen die Tür aufgerissen wurde und Mr.Stendal und die heftig schnaufende Mrs.Goodman ins Zimmer stürmten. Die Ladenbesitzerin hielt einen zerknitterten Zettel in der Hand, mit dem sie aufgeregt herumfuchtelte. Bevor irgendjemand etwas sagen konnte, war sie auch schon zum Schreibtisch gestürzt und knallte das beschriebene Papier auf eine offen liegende Bibel.
    „Sie dürfen Ben nicht in eine Erziehungsanstalt schicken!“, sagte sie atemlos. „Er ist unschuldig!“
    Obwohl sich Father Duncan bemühte, konnte er ein Lächeln nicht unterdrücken. Die gute Mrs.Goodman sah einfach zu ungewöhnlich mit ihrem hochroten Kopf und den wild in alle Richtungen stehenden Haaren aus.
    „Was ist so lustig?“
    „Nichts! Nichts!“, versicherte der Priester hastig. „Aber darf ich fragen, was das soll?“ Seine Hand deutete auf den vor ihm liegenden Zettel.
    Mrs.Goodman holte tief Luft, bevor sie antwortete.
    „Den Zettel habe ich heute Morgen unter einem Regal gefunden. Er beweist, dass Ben tatsächlich die Lebensmittel bezahlt hat, denn darauf ist die Notiz über zwei gekaufte Konservendosen. Ich habe meinen Neffen darauf angesprochen, und schließlich hat er gestanden, Bens Geld für die Lebensmittel in seine eigene Tasche gesteckt und das Kassenbuch gefälscht zu haben. Wenn man es sich überlegt, der Sohn meiner Schwester ein Betrüger ...“ Betrübt schüttelte sie den Kopf. „Natürlich habe ich ihn aus meinem Laden geworfen, das hätte ich schon vor langer Zeit tun sollen.“ Sie wandte sich an Ben, der der Erklärung stumm gefolgt war. Seine Gefühle schwankten zwischen Erleichterung und Verletztheit. Sie alle hatten ihm nicht geglaubt, erst jetzt, wo sie einen anderen Schuldigen hatten, sahen sie ein, dass sie ihm Unrecht getan hatten. Was wäre wohl gewesen, wenn Mrs.Goodman den Zettel nicht gefunden hätte? Konnte das Schicksal eines Menschen tatsächlich von einem beschriebenen Stück Papier abhängen?
    „Ben, es tut mir leid! Das alles, und ganz besonders bereue ich die Ohrfeige. Kannst du mir verzeihen?“, sagte Mrs.Goodman leise zu ihm.
    Der Junge blickte sie lange und ernst an. Er sah die Aufrichtigkeit ihrer Worte. Ben nickte langsam.
    Father Duncan kam hinter seinem Schreibtisch hervor. Er wirkte verlegen.
    „Wenn wir schon beim Entschuldigen sind, mir tut es auch leid. Du weißt ja ...“
    „... mein irisches Blut“, vollendete Ben lachend den Satz.
    Ein breites Grinsen überzog das Gesicht des Priesters.
    Plötzlich gab es ein lautes Rumpeln im Zimmer. Mr.Weern hatte seinen massigen Leib aus dem Stuhl gewuchtet und diesen dabei umgeworfen.
    „Ich weiß ja nicht, um was es hier geht, aber ich bin ein vielbeschäftigter Mann!“, dröhnte seine Stimme. „Ben, ich bin hierher gekommen, um dir eine Lehrstelle in meiner
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