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Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte

Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte

Titel: Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte
Autoren: Rainer Wekwerth
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und von dem Besuch der jungen Frau erzählt, den Rest hatte er von Father Duncan erfahren, der seine Kutsche für den morgigen Tag bestellt hatte.
    „Robert, du hast ein Herz so groß wie ein Scheunentor. Sicher hat er es nur gut gemeint, aber Diebstahl bleibt nun einmal Diebstahl, und jemand anderes muss darunter leiden. Denk nur an den armen Father Duncan. Du hättest sehen sollen, wie verzweifelt er war.“
    „Trotzdem ...“, brummelte der Kutscher.
    Mrs.Goodman stand auf, kam um den Tisch herum und nahm seine Hand fest in ihre beiden Hände.
    „Du hast ihn gern, nicht wahr?“
    „Ja, und davon lass ich mich auch nicht abbringen. Mag sein, dass er ein Dieb ist, aber er hat nicht zu seinem eigenen Vorteil gestohlen, sondern einer Familie geholfen, die sonst vor die Hunde gegangen wäre.“
    Mrs.Goodman seufzte. Auch sie mochte im Grunde ihres Herzen Ben. Jeder macht im Leben Fehler, und ein kleiner Junge sollte für sein Vergehen nicht so hart bestraft werden.
    „Aber was können wir jetzt noch tun?“
    Ein entschlossener Blick traf sie.
    „Das will ich dir erklären“, sagte Robert Stendal energisch.
    Er sprach nur zwei Minuten lang, aber es waren zwei Minuten, die Mrs.Goodman für den Rest ihres Lebens nicht vergessen würde.
     

Kapitel 12
     
    Der Morgen kam viel zu schnell. Obwohl Ben die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, war in ihm das Gefühl, als flöge die Zeit nur so vorüber. Er lauschte dem regelmäßigen Atmen der anderen Jungen im Schlafsaal und fragte sich, ob er sie jemals wiedersehen würde.
    Groves Garden, der Name hatte sich in seine Seele gebrannt. Jeder im Heim wusste um diesen Ort, dessen nackte Mauern mit einem Garten nichts gemein hatten. Dort wurden die Schlimmsten der Schlimmen verwahrt. Kinder und Jugendliche, die für das Gefängnis zu jung waren, die aber trotzdem von der Gesellschaft ausgesperrt werden sollten. Wer hier landete, hatte alle Möglichkeiten auf eine bessere Zukunft verspielt. Ben hatte noch immer Schwierigkeiten, sich in das Unvermeidliche zu fügen. Er hatte nur helfen wollen und wurde nun bitter dafür bestraft.
    Eine einzelne Träne lief ihm über die Wange, aber er wischte sie ärgerlich weg. Besser er gewöhnte sich sofort daran, Gefühle zu unterdrücken, oder er würde in Groves Garden keine zwei Wochen durchstehen.
    Er stand auf und packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen. Anschließend legte er sich vollangezogen auf sein Bett und starrte dumpf zur Decke des Schlafsaales hoch.
     
     
    Das Frühstück war vorüber. Ben hatte es allein an einem Tisch sitzend eingenommen. Die anderen Jungen mieden ihn, sie alle hatten von seiner Tat und der daraufhin erteilten Bestrafung gehört. An diesem Morgen gab es kein Lachen, kein Fröhlichsein im Speisesaal. Ben hatte das Gefühl als Toter unter lauter Lebenden zu sitzen. Selbst Mrs.Pearce wirkte heute besonders ernst, und ihre sonst so gutgelaunten, strahlenden Augen waren gerötet. Ben vermutete, dass sie geweint hatte. Also gab es jemanden, der ihn vermissen würde.
    Nun stand er auf dem Gang vor Father Duncans Büro und wartete darauf, dass Mr.Stendal mit seiner Kutsche erschien, die ihn nach Groves Garden bringen sollte. In diesem Augenblick war er der einsamste Mensch, den Gott jemals ins Leben gerufen hatte.
     
    Father Duncan stand zur gleichen Zeit im Hof und blickte die Straße hinunter. Es hatte wieder zu Schneien begonnen, und dicke, weiße Flocken bedeckten sein Haar und seine Kleidung.
    Wo blieb bloß dieser Kutscher? Er hätte schon vor zwei Stunden erscheinen sollen, und Father Duncans Nerven waren an diesem Morgen nicht gerade die besten. Er wollte die leidige Angelegenheit mit Ben so bald wie möglich hinter sich bringen.
    Ein untersetzter Mann in schwerer Kleidung und mit einer Lederschürze um den Bauch gebunden, stapfte auf ihn zu. Den Kopf hielt er zum Schutz gegen das Schneegestöber wie ein Bulle gesenkt, und um ein Haar hätte er den Geistlichen übersehen und ihn umgestoßen.
    „Bitte achten Sie doch auf Ihren Weg!“, zischte Father Duncan ärgerlich.
    Die Augen des Mannes musterten den Priester und wanderten dabei von oben nach unten.
    „Guten Morgen! Das trifft sich gut, ich suche Sie nämlich, das heißt, wenn Sie Father Duncan und der Vorsteher dieses Waisenheimes sind?“
    „Sie suchen mich?“, fragte Father Duncan überrascht.
    „Ja! Darf ich mich vorstellen. Weern mein Name.“ Eine breite Hand wurde ausgestreckt und ein Händedruck gewechselt, der dem Priester fast
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