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Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte

Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte

Titel: Benjamin Rootkin - Zeiten voller Zauber, eine Weihnachtsgeschichte
Autoren: Rainer Wekwerth
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Müdigkeit in seinen Augen. Tiefe Linien der Erschöpfung hatten sich in sein Gesicht gegraben, und das schwarze Haar zeigte erste graue Spuren an den Schläfen.
    „Guten Tag Doktor. Sie sehen nicht gut aus“, sagte der Junge unbekümmert und bereute seine Worte sofort. Father Duncan hatte ihm erzählt, dass Dr.Blakes Eltern vor zwei Monaten kurz hintereinander gestorben waren, und dass der junge Arzt die große Praxis nun alleine führte.
    Dr.Blake fuhr sich mit einer verlegenen Geste durch das Haar.
    „So findest du? Aber du hast ja recht, ich arbeite zuviel. Zu allem Unglück hat mich nun auch meine Haushälterin und Sprechzimmerhilfe Miss Downing verlassen.“
    „Ist sie tot?“, fragte Ben erschrocken. Er hatte Miss Downing einmal bei einem Besuch in der Praxis kennengelernt und sie sehr sympathisch gefunden.
    „Himmel! Nein!“ Der Arzt schüttelte entsetzt den Kopf. „Miss Downing tot?“ Er begann leise zu kichern. „Na, ja! Sie heiratet demnächst einen adligen Schnösel, und wie ich den Adel kenne, ist das so gut wie tot. Diese Leute sind sterbenslangweilig.“
    Lieber reich und langweilig als aufregend arm, dachte sich Ben.
    „Ich muss jetzt los. Randolf Krickstein ist krank. Kennst du ihn?“
    Ben nickte. Er kannte Randolf. Ein blasser Junge mit abstehenden Ohren und jeder Menge Sommersprossen. Zwei Jahre jünger als er selbst und zur Zeit grippekrank. Aus diesem Grund war bestimmt auch Dr.Blake hier, denn durch Randolfs Husterei kam nachts niemand mehr zum Schlafen und Visite war erst nächste Woche, da war sich Ben ganz sicher.
    „Ja, ich kenne ihn. Müsste in seinem Bett ganz hinten im Schlafsaal liegen.“
    „Danke!“ Die Hand des Arztes zerstrubbelte freundlich Bens Haare. „Und weißt du vielleicht auch, wo sich Father Duncan aufhält?“
    „Der ist bestimmt noch im Keller und versucht, den Waschkessel zu reparieren.“
    „Könntest du mir den Gefallen tun und ihm Bescheid sagen, dass ich da bin?“
    „Gern, Doktor.“
    „Du bist ein guter Junge.“ Er kramte eine alte, vergoldete Taschenuhr aus seiner Westentasche und warf einen erstaunten Blick auf das Ziffernblatt. „Was schon vier Uhr? Wo ist bloß die Zeit geblieben? Also ich gehe jetzt zu Randolf. Auf Wiedersehen, Ben.“
    Er wollte schon weitergehen, als ihm Bens seltsamer Gesichtsausdruck auffiel.
    „Ist noch etwas?“, fragte er verwirrt.
    „Ja, Doktor. Ich ... ich ... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber die Mutter eines Freundes ist schwer krank, und ich ... ich ...“
    „Kenne ich die Frau?“, unterbrach ihn Dr.Blake.
    „Äh, nein. Das heißt, ich glaube nicht. Es ist kein Freund aus dem Waisenheim.“
    „Ach ja, richtig! Entschuldige die dumme Frage. Du wolltest sagen?“, ermunterte er den Jungen.
    „Also, wie schon gesagt. Sie ist schwer krank, und ich dachte dass Sie vielleicht...“
    Ein Lächeln erschien im Gesicht des Arztes.
    „Dass ich einmal nach ihr sehe. Richtig?“
    Ben fiel ein Stein vom Herzen.
    „Ja!“, sagte er erleichtert.
    „Gehe ich recht in der Annahme, dass diese Frau, ich meine die Mutter deines Freundes kein Geld hat?“
    Ben nickte beschämt. Das hatte er ganz vergessen.
    „Na ja, macht nichts. Ich kann auf dem Heimweg bei ihr reinsehen. Ich hoffe, es liegt auf dem Weg und nicht außerhalb von London oder in einem der Vororte.“
    „Nein, nein!“, versicherte Ben hastig. „Es ist ganz in der Nähe. Ich gebe ihnen die Adresse.“
    Dr.Blake notierte sich die Anschrift mit einem nachdenklichen Runzeln auf der Stirn. Nicht gerade die beste Gegend und von wegen in der Nähe, dachte er. Das bedeutete einen ganz schönen Umweg, und er war sowieso schon spät dran, aber er hatte es dem Jungen versprochen.
    „Wenn die Medizin etwas kostet, die Sie Mrs.MacDowell geben, dann werde ich sie bezahlen“, sagte Ben kleinlaut und mit gesenktem Kopf.
    Der Arzt hob das Kinn des Jungen an, so dass dieser gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen.
    „Du willst dafür bezahlen? Es muss ein sehr guter Freund sein, für den du das tust.“
    „Das ist er!“, log Ben. „Und seine Mutter war stets freundlich zu mir.“
    „Ben, du bist ein außergewöhnlicher Junge. Ich werde Father Duncan von deiner guten Tat berichten.“
    „Bitte sagen Sie ihm nicht davon“, flehte Ben.
    „Aber warum denn nicht?“
    „Ich habe meine Gründe.“
    „Also gut, wie du meinst. Aber ehrlich gesagt, finde ich das seltsam. So jetzt muss ich aber weiter.“
    „Dr.Blake?“
    „Ja?“
    „Bitte sagen sie auch
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