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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres
Autoren: Charles Simmons
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den heutigen Tag weiß niemand genau, wie es ihm gelang, die Autoren zu gewinnen, die für ihn schrieben. Er selbst sagte: «Regelmäßig betrieben ist Literaturkritik ein undankbares Geschäft. Gelegentlich ist es eine Methode, alte Freundschaften zu ruinieren oder sich neue Feinde zu schaffen.» Daß es ihm 1959 gelang, Hemingway dazu zu bringen, unter Pseudonym Faulkners Spätwerk «Das Haus» zu rezensieren, bleibt einer seiner größten Coups. In Anbetracht der damaligen Verfassung Hemingways und der fragwürdigen Qualität von Faulkners Roman fiel die Kritik klar und freundlich aus. Als die Identität des Rezensenten bekannt wurde - Deckle selbst soll das Geheimnis gelüftet haben -, schrieb Faulkner an Deckle und bot an, die Gefälligkeit zu erwidern; leider erschienen zu Hemingways Lebzeiten keine neuen Bücher mehr von ihm. Der andere Coup, der freilich nie in Druck ging, bestand darin, mit einem Exemplar von Eliots Stück «Der Privatsekretär» 1956 Ezra Pound in St. Elizabeths zu besuchen und Pound zu überreden, Verbesserungen anzubringen. Deckle wollte unbedingt eine Druckfassung des derart lektorierten Stücks herausbringen, aber Eliot und sein Verlag erhoben Einspruch. (Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß die folgenden Auflagen des Stücks stillschweigend mehrere von Pounds Änderungsvorschlägen übernahmen.) Es waren also in der Tat die goldenen Jahre von Belles-Lettres, aber sie fanden ihr plötzliches, tragisches Ende, als Deckle 1960 nach einem Sturz von der Terrasse seiner New Yorker Wohnung   starb.   (In   der von Buckram in Umlauf gebrachten Version soll Deckle betrunken gewesen und ausgerutscht sein. Allgemein ging man jedoch von Selbstmord aus. Ein Jahr später kamen Beweise ans Licht, daß Deckle an jenem Abend zwei Seeleute aufgegabelt hatte, die ihn von der Terrasse warfen. Darauf angesprochen, sagte Buckram: «Wenn das stimmt, kann ich nur sagen, daß Xavier starb, wie er gelebt hat: immer volles Risiko.»)
    Deckles Tod und ein weiteres Ereignis führten Ende der sechziger Jahre dazu, daß Buckram Belles Lettres an Cyrus Toolings Protean Publications verkaufte. Nach neun Jahren Ehe ließ Winifred nämlich Buckram wegen eines Belles-Lettres -Redakteurs namens Pavel Faircopy sitzen. (Winifred und Faircopy kehrten der Zeitschrift den Rücken und gründeten ein Mitteilungsblatt für Kunstauktionen. Faircopys jüngerer Bruder trat 1961 in die Redaktion ein und war immer noch da, als ich 1983 zu Belles Lettres stieß.) Der doppelte Verlust war zuviel für Buckram, und er akzeptierte Toolings Angebot von angeblich 6 Millionen Dollar. (Gegenüber Time wollte Buckram die Summe weder bestätigen noch dementieren, sagte jedoch, daß er trotz allem, was er in das Magazin investiert habe, mit Plus-Minus-Null aus der Sache herausgekommen sei. Als Time nachfragte, ob daraus zu schließen sei, daß er das Geld nicht versteuern würde, sagte er: «Fragen Sie meinen Steuerberater, und wenn er es Ihnen verrät, schmeiße ich ihn raus.»)
    Die Zeitschrift geriet nun in dezidiert kommerzielle Hände. Es war ein merkwürdiger Zufall (obwohl unterstellt wurde, daß dieser «Zufall» Belles Lettres für ihn überhaupt erst interessant machte), daß Cyrus Tooling eine Reihe Lifestyle-Magazine verlegte, deren Titel aus geläufigen französischen Wörtern bestanden - Jardin, Theatre,     Vin.    In    diesem    Zusammenhang    ist    es aufschlußreich, daß Buckram im Time -Artikel für sich in Anspruch nimmt, den Namen Belles-Lettres erfunden zu haben, wenn er anmerkt: «Den Namen wählte ich nicht ohne Ironie. Dennoch war er allemal besser als die der Konkurrenzblätter, unter denen ich mich noch an ‹ Bookworm › und ‹ Bookbag › erinnern kann.»
    Bei der Wahl des nächsten Chefredakteurs für die nunmehr bindestrichlose Belles Lettres ging Tooling kein Risiko ein. Auf den Posten hievte er F. E. (Effie) Backstrip, den Chefredakteur von Jardin («es grünt so grün das grüne Magazin»). Backstrip, der damals Anfang Fünfzig war, hatte tatsächlich sein gesamtes Berufsleben bei Protean verbracht und galt als Garant für Auflagenstärke. Den Magazinen der Protean -Gruppe war stets der Spagat zwischen den Bedürfnissen der Leser und denen der Anzeigenkunden geglückt. Backstrip übertrug das Erfolgsrezept auf Belles Lettres, versuchte aber zugleich, an Deckles Einfallsreichtum anzuknüpfen.
    Gleichwohl galten die Autoren, die Backstrip lancierte, durchweg als mittelmäßig. Dwight
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