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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres
Autoren: Charles Simmons
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Aspekt rezensierten, ob aus dem Thema eine gute Story zu schlagen war; den kleinen Zeitschriften, die Bücher seriös rezensierten (manche behaupteten: sterbenslangweilig), aber um Monate, manchmal um Jahre zu spät; und schließlich den journalistisch geprägten Literaturbeilagen von Sonntagszeitungen wie The New York Times und The New York Herald Tribune.
    «Es war ein weites, unbestelltes Feld», sagte Buckram.
    Aber unter Samuel Serif bestellte Belles-Lettres dieses Feld nicht. In den drei Jahren seiner Chefredaktion betrug die wöchentliche Auflage im Durchschnitt siebentausend Exemplare, im letzten Jahr war sie etwas niedriger als im ersten.
    Buckram bemerkte dazu: «Sam Serif ist und bleibt ein sehr heller und sehr fleißiger Bursche, aber er hatte einfach keine Ahnung, was er mit dem Geld anfangen sollte, das ich ihm gab. Ich verstehe vollkommen, daß einige der Rezensionen, die er in Auftrag gab, Eingang in Anthologien gefunden haben, aber die Leute wollten nun mal nicht jede Woche eine Vierteljahresschrift studieren. Sam und ich sind immer noch gute Kumpel, und ich hoffe, er sieht es mir nach, wenn ich sage, daß er bei Belles-Lettres im Proseminar sitzen blieb.»
    Wenn man sich die ersten Ausgaben ansieht, leuchtet ein, was Buckram meinte. Viele der Rezensionen sind über viertausend Wörter lang; in manchen Ausgaben stammte die Hälfte der Rezensionen von Fakultätsmitgliedern, auch emeritierten, aus Harvard; und die Illustrationen waren belanglose Dekorationen. Es liegt auf der Hand, daß Serif, wild entschlossen, eine einflußreiche Zeitschrift herauszubringen, seine natürliche Unbekümmertheit unterdrückte, genau jene Qualität also, die ihm als Redakteur einer Zeitschrift, die auf eine breite Leserschaft zielte, gut zu Gesicht gestanden hätte.
    Nach drei Jahren waren sich Buckram, Winifred und sogar Serif selbst einig, daß die Zeitschrift einen neuen Chefredakteur brauchte. Wie Xavier Deckle in Buckrams Blickfeld geriet und wie er dazu überredet wurde, die Verantwortung für etwas zu übernehmen, das im wesentlichen das Spielzeug eines reichen Mannes war, sind ebenso wichtige wie undurchsichtige Elemente der Belles-Lettres -Geschichte. Time zitierte Buckram so: «Offensichtlich kam für diesen Job in Amerika nur ein einziger Mann in Frage. Wenn man sich die wichtigsten literarischen Ereignisse in Amerika während der letzten zehn Jahre genauer ansah, kam man zu dem Schluß, daß Deckle überall beteiligt war. Er kannte einfach jeden. Und er war kein gescheiterter Autor, sondern Redakteur. Die Frage, wie ich ihn dazu brachte, den Job anzunehmen, möchte ich schlicht damit beantworten, daß ich gute Argumente hatte.»
    Unerklärlicherweise hatte man Winifred für den Time- Artikel nicht interviewt. Im Herbst 1981 schrieb ich ihr und fragte nach ihrer Meinung zur Einstellung Deckles. Ihre Antwort fiel ausführlich aus und berührte viele Aspekte der Belles-Lettres -Geschichte. Über die Vereinbarung mit Deckle schrieb sie: «Xavier war meine Idee, so wie Sam Serif Aubreys Idee gewesen war. Als Herausgeberin von Belles-Lettres war ich für die Zeitschrift letztendlich verantwortlich und führte deshalb eine rege Korrespondenz. In meinen Unterlagen befinden sich mindestens dreißig Briefe, die Xavier während Sams Redaktion schrieb. Im ersten Brief wurde lediglich ein bestimmter Rezensent empfohlen. Die folgenden Briefe -ich muß wohl nicht betonen, daß ich auf Xaviers Interesse an einer damals praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit agierenden Zeitschrift mit Dankbarkeit reagierte - waren voller Kommentare über die Zeitschrift im besonderen und über Literatur im allgemeinen. Natürlich leitete ich alle Vorschläge an Sam weiter, der manchmal auf sie reagierte, manchmal aber auch nicht. Wie dem auch sei, zu dem Zeitpunkt, da Sam sich verabschiedete, war ich entschlossen, Xavier einzustellen. Aubrey entsprach Xaviers recht selbstbewußten Forderungen, aber ich lege doch großen Wert darauf, daß aus Ihrem Referat klar hervorgeht, daß die Entscheidung für Xavier Deckle nicht Aubrey, sondern mir zu verdanken ist.» (Meiner Bitte um eine Gegendarstellung entsprach Buckram nicht. Fairerweise muß ich einräumen, daß es für ihn wohl kaum höchste Priorität hatte, einen strittigen Punkt in einer Seminararbeit zu klären.)
    Unstrittig ist jedenfalls, daß der anschließende Aufstieg von Belles-Lettres zu Ansehen und Profitabilität sich dem redaktionellen Genie Xavier Deckles verdankte. Bis auf
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