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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres
Autoren: Charles Simmons
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der Rennbahn kennengelernt hatte. Ich erinnerte mich aber, daß Chuckle Faircopy während eines De-Pressions-Treffens gesagt hatte, er arbeite an einem Geheimplan. Ich rief ihn bei Belles Lettres an.
    «Sie waren's, nicht wahr?»
    «Natürlich», sagte er. «Wer hätte das denn sonst hingekriegt?»
    Nachdem ich ihm erzählt hatte, wie es Mr. Margin und mir ergangen war, und ihn gebeten hatte, niemandem etwas zu verraten, bevor wir mit unserer Erklärung herauskämen, enthüllte er die Details. Sobald er auf die Idee gekommen war, brauchte er eine Woche, um die Sonette zu schreiben. «Für die ersten fünf brauchte ich pro Stück einen Abend. Dann dämmerte mir, daß ich mindestens eins einschmuggeln könnte, das überhaupt keinen Sinn ergibt. Das hat zehn Minuten gedauert und hat mich für den Rest irgendwie lockerer gemacht. Sewnbound hat mir ja schon attestiert, daß das Zehn-Minuten-Sonett ziemlich gut ist.»
    «Sie sind alle gut, Chuckle, und für ihren Zweck sind sie perfekt», sagte Mr. Margin ins zugeschaltete Telefon.
    Die Logistik funktionierte folgendermaßen: Aus etwa zwanzig Sonetten einer Faksimile-Ausgabe der Erstausgabe von 1609 schnippelte Ben Boards Buchstaben für Buchstaben heraus, ‹ komponierte › dann die neuen Gedichte so,   wie ein traditioneller Buchdrucker es gemacht hätte, nur daß er statt Bleilettern eine Pinzette und Gummikleber benutzte. Das Resultat wurde fotomechanisch vergrößert, retouchiert und wieder auf Originalgröße verkleinert. Es war das letzte Schriftstück, das je an Press geliefert wurde.
     
    Mr. Margins Plan funktionierte so gut, daß am nächsten Tag sogar ein paar Redaktionsmitglieder glaubten, daß der Schwindel absichtlich inszeniert worden sei. Die Medien, die sich bislang nicht für die Story interessiert hatten, wie etwa die Nachrichtenmagazine, fanden sie jetzt unterhaltsam. Mir kam zu Ohren, daß Newsweek an eine Titelgeschichte dachte und erst davon Abstand nahm, als man nicht rechtzeitig herausfinden konnte, wer die Sonette verfaßt hatte. Als die Sache dann publik wurde, erlangten Chuckle und Ben - man muß es der Fairneß halber so formulieren - Berühmtheit. Mr. Tooling verzieh ihnen. Chuckles Romane wurden neu aufgelegt, bekamen gute Kritiken und verkauften sich sogar einigermaßen. Ben wurde von einer Werbeagentur angeheuert, die auf schicke Typographie spezialisiert war. Der Memorabilien-Händler Charles Hamilton verkaufte das Fälschermaterial für 110000 Dollar an die Universität von Texas; Chuckle, Ben und Art Folio teilten sich das Geld. Mr. Margin wurde auch offiziell wieder als Chefredakteur installiert; seine Kolumne gab er an Virginia Wrappers ab, durch deren edles Pathos sie sehr populär wurde. Mrs. Tooling wurde auf dem Landsitz der Toolings in Purchase, N.Y., zur Ruhe gesetzt. Press wurde zu Proteans Fachzeitschrift Salle de Bain versetzt («dem kleinsten Raum im Haus gebührt die größte Aufmerksamkeit»), und auf Mr. Margins Bitte auch gleich das Informationsleck, um Press zu assistieren. Ich kündigte, um dies Buch zu schreiben, doch vor meinem Ausscheiden gelang es mir noch, Bobby Quatro, den Büroboten, der Press am Schlips gezogen hatte, für den Rest seines Freisemesters von Princeton wieder in seinen Job einzusetzen. Claire Tippin kam bei Time nicht zurecht, und Mr. Margin stellte sie mit einem Jahresgehalt von 63000 Dollar wieder ein; ihren redaktionellen Sonderstatus versuchte er mir zwar zu erklären, konnte sich dabei aber nicht recht deutlich machen.
    Er und ich treffen uns häufig, und es ist mir ein Vergnügen, mitteilen zu können, daß er in jeder Hinsicht ein glücklicher Mensch geworden ist.
      

Anmerkung des Übersetzers
    S ämtliche Personen des Romans sind Träger «sprechender Namen», die zu übersetzen natürlich möglich gewesen wäre (z.B. Frank Seite, Aubrey Goldesel oder Cyrus Prägedruck), deren Übersetzung dem Roman aber einen atmosphärisch unangemessenen Zungenschlag gegeben hätte.
     
    Die zitierte Passage aus James Joyces «Ulysses» ist der Übersetzung Hans Wollschlägers entnommen (Suhrkamp, Frankfurt/M. 1975).
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