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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne
Autoren: Tanith Lee
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spöttisch an, seine großen Augen zu Schlitzen verengt. Ich rieb etwas Salbe auf meine Hand, und die Wunde verheilte. Das Tierchen sah enttäuscht aus. Ich programmierte die Kugel auf mein Zuhause, aber eigentlich wollte ich gar nicht dorthin. Ich werde wieder ertrinken, dachte ich, und farathoom auf ihre sechzig Einheiten.
    Ich langte nach den Schalthebeln, aber ehe ich sie bewegte, dachte ich an das Tierchen. Vielleicht würde es zaradann vor Panik, es würde einfach nichts mehr verstehen, wenn das Wasser in die Luftschleusen drang. Die asthmatische Schläfrigkeit des Sterbens konnte es nicht begreifen, und ich konnte es ihm nicht erklären.
    Na ja, ich konnte ja morgen immer noch ertrinken.
     
    Zu Hause. Zu Hause ist da, wo du deine Kugel verankerst, wie man so schön sagt. Es war da, wo ich meine verankerte. Wir gingen die Gleitrampe hinauf, ich, meine Bee, das Tierchen und kamen unter der großen, verzierten Lampe in der Halle vorbei, die sich öffnet und schließt wie eine antike Blume. Zu Hause. Alles Glas, kunstvoll vernebelt an strategisch wichtigen Punkten und durchschossen von Regenbögen. Es hallt wider vom Echo der unermüdlichen mechanischen Stimmen, die sich erkundigen, ob sie etwas zu essen oder zu trinken bringen sollen oder ob sie dich zum Lachen bringen sollen. Man könnte Musik hören (aber ist das Musik?), die rund um die Glashallen tobt, ein einziges Klicken und Krachen, Klingen und Rauschen. Ich signalisierte meinen Erzeugern und nahm den Flugboden zu ihnen. Ältere Leute wechseln nur selten ihre Körper, und meine Erzeuger sahen so aus, wie sie schon seit Vreks und Vreks aussahen. Sie waren beide männlich, waren nun schon seit undenklichen Zeiten vorwiegend männlich, sehr soolka mit ihren dunklen Bärten und ihren quastengeschmückten Sandalen. Sie feierten eine einfach groshing Nicht-jang-Orgie mit sehr vielen älteren Frauen in schrecklich sexy undurchsichtigen Kleidern.
    „Wer bist du?“ fragten sie freundlich.
    Ich sagte es ihnen.
    „Oh.“ Sie stellten ein paar Erinnerungsspiegel auf mich ein, um mein Bild aufzuzeichnen, damit sie mich später wiedererkennen konnten.
    Der Flugboden trug mich von ihnen fort, und sie wandten sich wieder ihren Alten zu, ohne mir oder wenigstens meinem Haar auch nur noch einen Blick zu schenken. Ich erinnerte mich daran, daß einer von ihnen, der diese ganzen Vreks und Einheiten hindurch mein weiblicher Erzeuger gewesen war, Scharlachrot haßte. Na ja, vielleicht war sie jetzt, da sie die meiste Zeit über männlich war, etwas toleranter. Ich konnte mich nicht entsinnen, wann sie das letzte Mal weiblich gewesen war. Wahrscheinlich nicht seit meiner Hypno-Schulzeit, als die beiden sich entschlossen, mit mir zusammen ein Zuhause aufzubauen. Normalerweise denken die Leute nicht viel über ihr Zusammenbleiben nach, aber meine Erzeuger waren schon immer ziemlich eng miteinander verbunden gewesen.
    Oben, zwischen den sich langsam drehenden Glastürmchen, mußte ich den Vakuumsog einschalten, weil mir schlecht war. Ich hatte schon die ganze Zeit seit der Fahrt mit dem Körper-Transmitter darauf gewartet. Dann hatte ich plötzlich Hunger.
    Durch meine verschiedenen Unternehmungen hatte ich ungefähr zehn Mahlzeiten überschlagen.
    Kunstvoll geformte Früchte, geröstete Schneewirbel und Getränke auf silbernem Eis kamen zu meiner Verpflegung angesaust, noch ehe ich den Mund öffnen konnte. Meine Erzeuger hatten während meiner Abwesenheit Telepathieeinheiten anbringen lassen, ich mußte also vorsichtig sein. Ich schlenderte in den Pelzraum, und meine Mahlzeit folgte mir auf zierlichen Kristalltabletts und sang scheußliche kleine Liedchen darüber, wie gut sie schmeckte, falls ich vergessen sollte, daß das ekelhafte Zeug da war. Ich machte es mir in einer warmen, rauchgoldenen Strömung bequem und aß geistesabwesend alles auf.
    Ich schaltete die Bildvision unter der Decke ein und schaute mir die absurdesten Liebesriten an, die ich jemals gesehen hatte. Jedermann hatte ungefähr sechs Körper, die sich ineinander verwoben und verschlangen, umgeben von dem schweren Duft der Räucherstäbchen und dem leisen Zischen der Zimbeln. Ich drehte die Bildvision wieder ab und ließ die Decke sich zu einem sechsdimensionalen Würfel öffnen, aber man muß in der richtigen Stimmung sein, um über so etwas nachzusinnen. Manchmal packt es einen richtig, man wird regelrecht hineingesogen, aber wenn man sich mies fühlt, sieht es nur wie ein fürchterliches Durcheinander
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