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Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan
Autoren: Goldfrauen
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rufen, würde ich vorschlagen.«
    Gabriele schüttelte langsam, aber nachdrücklich den Kopf. »Du weißt, was ich von der Polizei halte. Man sollte die Kontakte auf das Nötigste begrenzen.«
    »Du willst die Sache unter den Teppich kehren
    und den Schrank abschreiben?«, fragte Sina etwas erstaunt.
    Gabriele sah sie verschlagen an. »Unter den Teppich kehren? Vielleicht. Abschreiben? Nein!« Dann stand sie auf. »Lass uns den Rest der Nacht drüber schlafen. Morgen sehen wir weiter.«
    Gabriele hatte ihre überlegene Zuversicht und innere Ruhe wiedererlangt. Doch bevor sie gemeinsam mit Sina zurück in die Wohnung ging, überzeugte sie sich davon, dass die Ladentür diesmal wirklich fest verschlossen war. Sie drehte den Schlüssel entgegen ihrer Gewohnheit sogar zweimal um.

    4

    Sina ging durch die Bahnhofsunterführung, mit nicht gerade bester Laune. Zwei Tage waren seit dem nächtlichen Zwischenfall bei Gabriele verstrichen. Zwei Tage, an denen sich nichts getan hatte und an denen Sina wieder ihrer normalen Beschäftigung nachgehen konnte. Sie hatte einige Jobs erledigt, den Haushalt auf Vordermann gebracht – und damit begonnen, das Rätselraten um den Diebstahl des alten Sekretärs einzustellen und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Doch nun wollte Gabriele sie sprechen. Eben wegen jenes Sekretärs. Ein Gespräch, auf das Sina keine besonders große Lust hatte. Tröstlich war einzig und allein der Treffpunkt: Gabriele hatte sie auf einen Kaffee ins Bahnhofsrestaurant eingeladen.
    Ein hoher weiter Raum, vielleicht in den 50ern renovierter Jugendstil. Ein Paradies der Fahrgäste mit Zwischenstopp, wie es sonst kaum noch zu finden war. Eine Oase der Geräumigkeit, aus Sinas Sicht eigentlich mehr ein Wartesaal mit Bewirtung, aber einer mit heimeliger Atmosphäre. Hier atmete sie die Luft aus längst vergangenen Zeiten, eine wienerische k.-und-k.-Melancholie schwebte im Raum – und wahrscheinlich war genau das der Grund, warum auch Gabriele diesen Treffpunkt vorzog.
    Sina machte ihre Freundin an einem runden Marmortisch mit gusseisernem Fuß aus. An den Tischen
    links und rechts von ihr saßen ein zeitungslesender Rentner und ein Liebespärchen. Gabriele winkte ihr freudig zu. »Da bist du ja endlich, Schätzchen.«
    »Lass doch bitte dieses ewige ›Schätzchen‹«, zischte Sina, als sie sich niederließ. »Das ist einfach nur …«
    »Anzüglich?«, fragte Gabi.
    »Nein, blöd«, stellte Sina klar.
    Als sie beide ihre Kännchen Kaffee vor sich stehen hatten, kam Gabriele ohne Umschweife auf den Punkt. »Ich habe mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Da sind mir insgesamt zu viele Zufälle im Spiel.«
    »Was meinst du?« Sina stellte ihre schon leicht angeschlagene Porzellantasse vorsichtig ab und beugte sich vor. »Das plötzliche Interesse an einem Ladenhüter und kurz darauf der Diebstahl?«
    »Genau das ist es, was mich stutzig macht.«
    »Vielleicht hattest du dich in der Bedeutung des Sekretärs verschätzt. Kann doch sein, dass das gute Stück aus irgendwelchen Gründen Kultstatus genießt und daher einen hohen Sammlerwert besitzt. Gehörte der Sekretär etwa mal einer hochstehenden Persönlichkeit?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Dann sollten wir das recherchieren«, schlug Sina vor. »Bismarcks Sekretär dürfte tatsächlich etliche Tausender wert sein.«
    »Warum gerade Bismarck?«
    »Okay, meinetwegen können wir auch einen Nürnberger nehmen. Was hältst du von Dürer?«
    Gabriele verzog das Gesicht. »Zu Dürers Zeiten gab es keine solchen Möbel. Nein, Sina, auf diese Weise fischen wir im Trüben.« Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. »Ich habe mir etwas überlegt …«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Wir hatten zwei Interessenten an dem guten Stück, bevor es mir entwendet worden ist.«
    »Ja: die Journalistin und den Geschäftsmann, Herrn Kilian.«
    »Richtig.«
    »Denkst du …« Sinas Pupillen weiteten sich. »Denkst du, dass einer von den beiden mit dem Diebstahl zu tun hat?«
    »Nicht unbedingt. Denn ich war ja prinzipiell bereit, den Sekretär zu einem angemessenen Preis auf legalem Weg abzugeben. Und doch …«
    »Spann mich nicht auf die Folter! Was geht in deinem Kopf vor?«
    »Nun: Ich vermute, dass die beiden Kaufinteressenten möglicherweise etwas wissen, das zumindest einen Grund für den nächtlichen Einbruch liefert.«
    Sina hob die Brauen. »Wenn du das vermutest, also, wenn du ganz sicher bist – dann ruf sie doch an!«
    Gabriele lächelte milde. »Das habe
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