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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
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Sonnenbrille auf. Der Fahrer richtete seinen forschenden Blick auf den Rückspiegel.
    »14   Uhr 34.   Und jetzt der Verkehrsfunk. A1.   Wie gerade eben in den Nachrichten berichtet, gab es heute Vormittag einen schweren Busunfall auf der A1   Hamburg, Richtung Lübeck. Die Sperrung zwischen den Anschlussstellen Reinfeld und dem Lübecker Kreuz ist jetzt nach fünf Stunden aufgehoben, der Stau hat aber immer noch eine Länge von 22   Kilometern.«
    Entsetzt hielt Doris die Luft an und griff an Katjas Sitz. »Hast du gehört?« Das Blut rauschte in ihren Ohren. »Sie sind da langgefahren. In einem Bus. Ich   …«
    Ankes kühle Hand legte sich auf Doris’ Schulter. »Bleib ruhig. Es gibt Tausende von Bussen.«
    Der Schweißausbruch kam explosionsartig. Doris schloss kurz die Augen und hoffte, dass die Welle gleich abebben würde. »Aber sie sind doch   … Wie geht denn dieses Fenster auf? Es ist so stickig hier. Wir müssen doch gleich da sein.«
    Katja drehte sich zu ihr um. »Goldstein, jetzt werd nicht hysterisch. Was ist denn los? Mach mal Atemübungen. Du schnappst doch wohl nicht über, nur weil wir zu einer Geburtstagseinladung gehen?«
    »Mir ist heiß.« Doris hatte keine Ahnung, warum sie sich plötzlich fühlte, als drehe sie gleich durch. Da kam wohl |298| vieles zusammen: die letzte Nacht, die fünfzig, die Hormone, Torsten, den sie gleich sehen würde und der noch keine Ahnung davon hatte, was bei ihr im Kopf alles passiert war, der schnelle Gedanke an Sascha, ihre Mutter und der Taxifahrer, dessen Blick jetzt fast panisch war. Impulsiv legte sie ihm die Hand auf die Schulter und flüsterte: »Geht schon.«
    Er zuckte zusammen.
    Anke tastete vorsichtig ihr Gesicht ab. »Falls es euch interessiert, ich habe fast keine Beulen mehr. Zumindest keine, die man fühlt. Da vorn müssen Sie rechts rein.«
    »Ich weiß.« Er sah noch einmal kurz zu Doris, dann setzte er, offensichtlich erleichtert, den Blinker und fuhr auf den Parkplatz vor der »Weidenklause«.
    Direkt neben dem Eingang stand ein großer gelber Bus.
    »Na bitte.« Anke deutete mit dem Kinn in die Richtung. »Unbeschadet und direkt aus Lüneburg. Die steigen ja gerade erst aus.«
    Doris drückte sich tiefer in die Rückbank. »Wer ist das denn alles? Meine Güte, Torsten hat alle eingeladen, die wir kennen.«
    »10,80.« Der Taxifahrer überlegte vermutlich, ob er jemanden warnen sollte, traute sich aber wohl nicht, den Wagen zu verlassen. Katja heftete ihren Blick auf den Bus, während sie in ihrer Tasche nach der Geldbörse suchte. »Da ist Torsten ja auch. Oh, und an der Tür steht deine Mutter, Doris. Sieht nicht gut gelaunt aus. Sie hat dich vorhin übrigens schon wieder im ganzen Hotel gesucht, hat mir Jessica gesagt, bis sie dann wutentbrannt mit dem Taxi losgefahren ist. Hier bitte, stimmt so.«
    Sie hatte die Hand am Türgriff und drehte sich zu Doris um. »Los. Komm schon.«
    |299| Doris spähte vorsichtig durch die Scheibe. »Ich finde, das sieht aus, als würde ein Reisebus auf dem Weg zu einer Butterfahrt an der Tankstelle halten. Und alle müssen zum Klo.«
    In diesem Moment entdeckte Torsten das Taxi. Er wechselte noch ein paar Worte mit dem Paar, das neben ihm stand, Petra und Lars, Nachbarn aus Lüneburg, dann lief er los. Doris blieb einfach sitzen, Katja und Anke standen schon vor dem Wagen.
    »Goldstein, wir gehen mal vor und beruhigen deine Mutter«, rief Katja zurück ins Auto, dann begrüßten sie Torsten kurz und überließen ihm das Öffnen von Doris’ Tür.
    »Schön, dass du da bist.« Torsten lehnte seinen Arm auf die Autotür und blickte auf seine Frau. »Ich hatte wirklich Angst, dass du nicht kommst.«
    Er reichte ihr die Hand, Doris atmete kurz durch und ergriff sie. Sie sahen dem abfahrenden Taxi nach, bevor Torsten sie umarmte und leise sagte: »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Ich wollte dir einfach nur die Angst vor diesem Tag nehmen, deshalb habe ich das so organisiert. Ich habe gedacht, du würdest dich darüber freuen.«
    Doris trat einen Schritt zurück und betrachtete diesen Mann, der sie fast durch ihr ganzes Leben begleitet hatte. Sie hatte immer geglaubt, dass sie sich in- und auswendig kennen würden. Die Geschichte von Anke und ihm auf Amrum hatte sie in diesem Glauben erschüttert, genauso wie die Tatsache, dass sie über ihre tiefsten Ängste und Wünsche nur mit Katja und Anke geredet hatte, nie mit ihrem Mann.
    Abwartend stand er vor ihr. »Ist alles okay mit dir?«
    Langsam nickte
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